1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kritik an deutscher Hilfe gegen IS

Heiner Kiesel27. November 2015

Die Bundeskanzlerin verspricht Hilfe zur See und aus der Luft gegen den IS. Die Opposition im Bundestag ist nicht überzeugt. "Mit Bomben ist kein Frieden zu schaffen", sagt Linken-Fraktionschef Bartsch der DW.

https://p.dw.com/p/1HDMe
Tornado Pilot
Deutsche Aufklärung-Tornados sollen möglicherweise über Syrien eingesetzt werdenBild: picture-alliance/dpa/R. Hirschberger

Die Reaktionen der Opposition ließ nicht lange auf sich warten. Sie reichten von zögerlichem Zweifel bei Bündnis 90/Die Grünen bis hin zu harscher Ablehnung aus der Fraktion der Linken. Eine deutsche Beteiligung am Militäreinsatz gegen den IS ist für sie undenkbar.

Linkspartei: "Jeder tote Zivilist ist Grundlage für zehn neue Attentäter"

Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linkspartei, betonte im Interview der Woche der DW, dass mit Bomben kein Frieden zu schaffen sei. Im Gegenteil, so der Vorsitzende der größten Oppositionspartei Deutschlands: "Wenn wir Rakka und andere Städte bombardieren oder dabei Hilfe leisten, ist jeder tote Zivilist die Grundlage für zehn neue Attentäter". Es bedürfe anderer Wege, um dem sogenannten "Islamischen Staat" das Wasser abzugraben, sagte Bartsch und nannte seine Prioritäten dabei: "Finanzströme stoppen, den Ölschmuggel bekämpfen, keine Waffen in diese Gebiete schicken und Lösungen für den Irak, Syrien und auch die Kurden schaffen", darauf komme es jetzt an. Alle anderen Wege würden zu mehr Terror führen, nicht weniger.

Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der oppositionellen Linkspartei, kritisiert die Militärhilfe scharf Foto: Michael Kappeler/dpa
Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der oppositionellen Linkspartei, kritisiert die Militärhilfe scharfBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Bartsch, ebenso wie andere Mitglieder der Linkspartei, hob hervor, dass die Bundesregierung aus den Fehlern des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr noch immer nicht gelernt habe. "Dort gibt es seit dreizehn Jahren den Krieg gegen die Taliban und den Terrorismus - die Taliban kehren jetzt zurück". Auf Syrien und die jetzt angekündigte deutsche Militärhilfe übertragen bedeute das, so Bartsch: Der IS sei militärisch nicht zu schlagen. Deutschlands Luftaufklärung, die eine Voraussetzung für Bombenangriffe sei, führe damit nur zu einem: "Es wird noch mehr Hass geben", so Bartsch im DW-Interview.

Grüne fordern Gesamtstrategie

Etwas weniger ablehnend, aber mit Kritik am großen Ganzen der Strategie der Bundesregierung, meldete sich der außenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Omid Nouripour, im Deutschlandradio zu Wort. "Das alles ist nur Symptombekämpfung, die nicht den Kern des Problems beseitigt." Nouripour hofft auf eine Erklärung der Bundesregierung in dieser Richtung. Er vermisst zudem eine belastbare rechtliche Grundlage für einen Einsatz. Grundsätzlich jedoch findet der Grünen-Politiker eine militärische Auseinandersetzung mit dem IS richtig, gesetzt den Fall, dass diese in einem System kollektiver Sicherheit erfolge. "Und wie die aussehen soll, da ist die Antwort auch noch offen."

Eine internationale Koalition wird auch vom Bundesvorsitzenden der FDP, Christian Lindner, angemahnt. Seine Partei ist seit den letzten Bundestagswahlen allerdings nicht mehr im Bundestag vertreten, zuvor stellte sie den Außenminister. "Frankreich ist unser engster Partner in Europa, dem wir unsere Unterstützung nicht versagen dürfen. Deshalb sollte Deutschland zu einem Einsatz bereit sein", stellte Lindner fest. Nötig seien aber jetzt diplomatische Bemühungen zur Bildung einer internationalen Koalition. Es müsse Klarheit über die gemeinsame Strategie und ihre Ziele hergestellt werden.

Rückgriff auf UN-Resolution und EU-Verträge

Der SPD-Außenpolitiker Rainer Arnold begegnete der Kritik an dem Vorstoß der schwarzroten Koalitionsregierung betont gelassen im ZDF-Morgenmagazin. Es gebe mit einer UN-Resolution zum Kampf gegen den IS, sowie mit dem Artikel zum Selbstverteidigungsrecht in der UN-Charta eine Grundlage für den Militäreinsatz. "Auch Europa, mit dem Artikel 42.7 auf den sich [Frankreichs Präsident] Hollande beruft, ist ein System kollektiver Sicherheit." Die Terrorgefahr in Deutschland werde durch eine Beteiligung mit Waffen und Material am Kampf gegen den IS nicht weiter erhöht.

Die vergangenen Militäreinsätze seien aus militärischer Sicht durchaus erfolgreich gewesen, verteidigte Arnold einen mögliches Engagement der Bundeswehr. Sie hätten – in Libyen, im Irak, in Afghanistan – zu Beseitigung von Diktatoren geführt. Die Probleme hätten danach begonnen, weil die noch bestehenden Sicherheitsorgane "in die Wüste" geschickt worden seien". Das dürfe in Syrien nicht mehr wiederholt werden, forderte Arnold.

Rainer Arnold verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.
Rainer Arnold verteidigt mehr militärisches Engagement gegen den ISBild: picture-alliance/dpa