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Hilfe zur Selbsthilfe

29. Juni 2010

Die Erschließung grüner Energien kommt auch in Entwicklungs- und Schwellenländern voran. Stammte die Technik dafür zunächst aus Europa, wird sie nun immer öfter in den Ländern selbst gefertigt.

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(Foto: DW-TV)

Wenn die Bewohner der Puna, einer Hochwüste im Nordwesten Argentiniens, etwas im Überfluss haben, dann Sonne. In der kargen Region auf mehreren tausend Metern Höhe ist die Luft dünn und die Sonneneinstrahlung intensiv. Mehr als 2200 Kilowattstunden treffen hier jährlich auf einen einzigen Quadratmeter, das entspricht dem Jahresdurchschnittsverbrauch eines Zwei-Personen-Haushalts. Die Bedingungen für die Nutzung von Solarenergie in der Region sind ideal. Theoretisch zumindest, denn die Puna liegt schwer zugänglich in den Bergen der Anden, ein Stromnetz gibt es nicht. Doch die Dörfer werden nach und nach mit Solartechnologie ausgerüstet. Das versorgt nicht nur die Dörfer mit notwendiger Energie - die Solardörfer bringen der armen Region auch noch Arbeitsplätze. Denn die Produktion der Anlagen, der Aufbau und die Wartung erfolgt zum großen Teil durch Firmen vor Ort.

Preisvorteil: Regional gebaute Anlagen kann sich jeder leisten

Das Know How stammt aus Deutschland und wird den Arbeitern durch die Stiftung EcoAndina vermittelt. Inzwischen können sie viele Teile für ihre Solaranlagen selbst produzieren, die Spiegel für kleine Solarkocher zum Beispiel. Hier muss nichts mehr importiert werden.

Solarbetriebene Heizung in Argentinien (Foto: ecoandina.org)
Die solarbetriebene Heizung auf dem Schuldach sorgt für angenehme Temperaturen beim Lernen. Eine lokale Handwerksfirma wartet die Anlage.Bild: ecoandina.org

Andere Teile, wie Lamellen oder Wassertanks, kommen aus der Hauptstadt Buenos Aires und werden in der Puna zu fertigen Warmwasser-Anlagen zusammengesetzt. Diese Hilfe zur Selbsthilfe soll eine lokale Kleinindustrie schaffen, und genau die wird gebraucht, damit die Projekte funktionieren, erklärt Heiner Kleine-Hering von EcoAndina. „Die Produktion ist vor Ort viel billiger, als Importe, so dass sich mehr Menschen die Anlagen leisten können.“

Die Idee setzt sich fort: Inzwischen hat sogar eine Firma in Chubut, das viele hundert Kilometer entfernt liegt, die Pläne aus der Puna kopiert, sagt Kleine-Hering. Hier entstehen nun auch Solaranlagen.

Elektriker bei der Arbeit in Indien (Foto: misereor)
Die Bewohner eines abgelegenen Dorfes im indischen Andhra Pradesh haben gelernt, ihre Anlagen zur Erzeugung von sauberem Strom selbst zu warten.Bild: misereor

Wie lokale Produktion richtig geht, zeigen Hilfsorganisationen in Indien. Das Hilfswerk MISEREOR bringt mit der indischen Organisation LAYA Solarlampen in abgelegene Dörfer. Diese Lampen werden komplett vor Ort gefertigt. Eine weitere ortsansässige Firma stellt die technischen Komponenten für Kleinwasserkraftwerke her. Diese Kraftwerke liefern Strom für die umliegenden Dörfer. „Wir achten darauf, dass die Anlagen lokal erworben werden, weil hier die Technologie weniger kompliziert ist, als in Europa“, erklärt Kesuma Saddak von MISEREOR. Für Reparaturen braucht man hier keine ausländischen Spezialisten. Die Dorfbewohner können nach ein paar Schulungen selbst die Wartung übernehmen.

Entwicklungsland: Afrika muss Regionalität noch lernen

Regional wollen Hilfsorganisationen und Firmen auch in Afrika arbeiten. Einfach ist das allerdings nicht. Hier kommt die Technik meist noch aus dem Ausland. Das bemängeln Hilfsorganisationen: „Vor allem ein Know How-Transfer ist wichtig und kein Material-Transfer“, sagt Prof. Dr. Klemens Schwarzer von Solar Global e.V., einem gemeinnützigen Verein, der schon verschiedene Projekte für den Ausbau der Solarenergie in Afrika gefördert hat. Bei der Umsetzung der Projekte sind hier zwar auch immer Dorfbewohner oder lokale Handwerker beteiligt, die Technik stammt bisher aber meist aus Europa oder Asien.

„Die lokale Produktion von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien wäre zwar wünschenswert, allerdings gibt es bisher kaum Firmen, die diese herstellen“, erklärt Barbara Wagner von atmosfair. In Burkina Faso fördert die Organisation eine Biogasanlage für ein Krankenhaus. Weil es keine lokalen Alternativen gibt, stammt die Technik dafür aus Indien.

Dieses Fehlen einer produzierenden Industrie ist auch für Firmen, die sich auf erneuerbare Energien spezialisieren ein Problem. Madison Solar Engineering in Simbabwe baut vor allem Photovoltaik-Anlagen. Die Firma realisiert Montage und Installation vor Ort, die Solarkomponenten selbst stammen aber aus Europa, den USA oder sogar Indien. Der Import sei mühselig und sehr kostspielig, erläutert Geschäftsführer Andreas Knerr. Dabei hat er 2005 seine Firma gegründet, um „der Solarenergie eine Chance zu geben,“ wie er sagt.

Techniker bringt Solarzellen an (Foto: Sonnenenergie für Westafrika e.V.)
Zumindest Montage und Wartung der Anlagen wird in Afrika von lokalen Handwerkern übernommen.Bild: Sonnenenergie für Westafrika e.V.

Das Engagement für die lokale Produktion von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien ist vorhanden, egal in welchem Zipfel der Welt. Die Unterstützer sind sich aber einig: Damit auch in Simbabwe und anderen Ländern Afrikas Erfolge erzielt werden können, wie etwa in Argentinien oder Indien, muss die Hilfe zur Selbsthilfe weiter angeschoben werden.

Autorin: Janine Rabe