1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Heilung von Brandwunden

Cinnamon Nippard / Dagmar Breitenbach15. April 2013

Vor wenigen Jahren entwickelte eine australische Chirurgin eine Technik, die die Behandlung von Verbrennungen revolutionierte: Hautzellen aus der Spraydose. An deutschen Kliniken wird die Methode weiter verfeinert.

https://p.dw.com/p/172RW
verletzter Mann, Gesicht bandagiert (Foto: Bilderbox)
Bild: BilderBox

Die Idee der Chirurgin Fiona Wood: Dem Patienten werden eigene Hautzellen in einer kleinen Biopsie entnommen, in eine spezielle Lösung gelegt und fünf Tage später auf die Wunde gesprüht. Die Wunde heilt besser und gleichmäßiger. Auch schmerzt die Behandlung weniger als traditionelle Hauttransplantationsmethoden, weil niemand das verletzte Gewebe berühren muss.

Mittlerweile wenden Kliniken für Brandverletzte weltweit die Technik an. Auch das Unfallkrankenhaus Berlin, wo die Methode weiter verfeinert wurde: hier sind die eigenen Hautzellen schon nach etwa zwei Stunden fertig zum Aufsprühen.

Ein Riesenunterschied

Das Unglück geschah 2009 im Urlaub auf Sardinien. Ein Gasleck in der Ferienwohnung von Peggy und Reginald Rothbarth löste einen Brand aus. Beide Eheleute erlitten schwerste Verbrennungen. Mehr als 50 Prozent der Körperoberfläche waren verbrannt: im Gesicht und am Hals, an der Brust, den Armen und Beinen. Zunächst wurde das Ehepaar in Italien behandelt, dann aber ins Unfallkrankenhaus Berlin (UKB) überführt.

verbrannte Hand (Foto: Unfallkrankenhaus Berlin, UKB)
Eine Brandwunde vor der Behandlung mit Sprayzellen.....Bild: UKB

Wenn man die Rothbarths heute trifft, kann man kaum glauben, dass ihre Gesichter damals so schwer verbrannt waren. Das, meint Reginald, sei ganz klar dem neuen Hautzellen-Sprüh-Verfahren zu verdanken. Sie hätten in der Reha andere Brandverletzte kennengelernt, die nicht im UKB oder überhaupt mit dieser neuen Technik behandelt worden waren. Diese Patienten seien jetzt im Gesicht völlig vernarbt.

Sie seien stolz darauf, Termine für die Klink wahrzunehmen, meint Reginald. Die Ärzte hätten ihnen das Leben gerettet, "aber das zweite ist, dass wir, wenn wir angezogen sind, am Leben teilnehmen können und keiner sieht, dass wir schwer brandverletzt sind."

Dr. Bernd Hartmann, Chefarzt des Zentrums für Schwerstbrandverletzte am UKB, und sein Team haben die Rothbarths behandelt. Das Ehepaar wurde damals wie die meisten Schwerstbrandverletzten mehr als drei Wochen lang in ein künstliches Koma versetzt. In der Zeit wurden die Wunden gereinigt und desinfiziert bevor die eigentliche Behandlung begann. Nur Gesicht, Hals und Hände wurden mit Hautzellen aus der Spray-Dose behandelt. Dr. Hartmann erinnert sich: "Wir nutzten eine Kombination unterschiedlicher Techniken – Hauttransplantationen verschiedenster Art und die Sprühzellen."

Die Haut am restlichen Körper wurde traditionell transplantiert, weil man bisher die Sprühtechnik nur bei Verbrennungen zweiten Grades einsetzen kann und nicht bei Verbrennungen dritten oder vierten Grades, die viel schwerwiegender sind. Dort, wo gesprüht wurde, heile die Wunde dafür schon innerhalb von 10 Tagen.

Eigenhautkonzentrat

Der größte Vorteil des Sprays, meint Professor Matthias Augustin, ist seine rasche Verfügbarkeit und, dass Eigenzellen genutzt werden, die der Körper nicht abstößt. Die Wunde werde auch nicht direkt berührt, es gebe also weniger Schmerzen, erklärt der Direktor des Hamburger Instituts für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP) gegenüber der Deutschen Welle. "Die gesprühten Hautzellen verteilen sich gleichmäßig über die Wunde, die Zellen können gleichmäßig wachsen. Das funktioniert besser als bei anderen Methoden", meint Augustin.

Geheilte Hand (Foto: Unfallkrankenhaus Berlin, UKB)
...und nach der Behandlung mit HautsprayBild: UKB

Bei Verbrennungen im Gesicht mache das einen Riesenunterschied, sagt Peggy Rothbart: "Wenn man in unsere Gesichter guckt, kann man das Unglaubliche gar nicht fassen, dass man also noch so ein normales Leben führen kann."

Peggy arbeitet inzwischen wieder, während ihr Mann seinen Beruf als Feinmechaniker aufgeben musste, seine Hände waren zu vernarbt. Beide haben wegen der Schwere ihrer Verbrennungen immer noch mit Gesundheitsproblemen zu kämpfen.

Verfeinerung der Sprühtechnik

Mit dem Deutschen Institut für Zell- und Gewebeersatz (DIZG) in Berlin entwickelte Dr. Hartmann mittlerweile einen neuen Sprayer zum Aufbringen gezüchteter Hautzellen auf Brandwunden.

Und mit einem europaweiten medizinischen Verbund, der "EuroSkinGraft-Initiative", hofft Hartmann, die Hautzell-Sprühtechnik so weit zu verbessern, dass man in wenigen Jahren auch schwerste Verbrennungen dritten und vierten Grades damit behandeln kann. "Das ist der nächste Schritt für uns Forscher in Europa: ein Produkt für tiefe dermale Verbrennungen zu entwickeln."