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Harms: US-Sanktionen würden Nord Stream 2 extrem gefährden

12. Januar 2019

Die USA drohen mit Sanktionen gegen Firmen, die am Bau von Nord Stream 2 beteiligt sind. Das wäre ein scharfer Eingriff in die europäische Souveränität, meint Michael Harms vom Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft.

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Michael Harms
Michael HarmsBild: DW/N. Jolkver

DW: Herr Harms, die USA drohen mit Sanktionen gegen europäische und deutsche Spezialfirmen, die am Bau der Pipeline Nord Stream 2 beteiligt sind. Sollten die Amerikaner es damit ernst meinen, wie gefährlich wäre das für die deutschen Firmen, die an diesem Projekt beteiligt sind?

Michael Harms: Wir halten es nicht nur für gefährlich für die deutschen Firmen. Es ist auch ein europäisches Projekt mit europäischen Firmen. Wir halten es grundsätzlich für falsch für die langfristige deutsche und europäische Energieversorgung, für unsere Klimaziele. Und natürlich würden darunter auch unsere Wirtschaftsinteressen leiden, aber das ist nicht das wichtigste. Das wichtigste wäre ein scharfer Eingriff in die europäische Souveränität, den wir entschieden ablehnen.

Wo liegt dann die Schmerzgrenze? Wie sollen die Sanktionen ausfallen, damit deutsche Firmen sagen: Damit können wir noch leben?

Infografik Karte Gaspipelines Europa Nord Stream DE

Bitte haben Sie Verständnis, dass ich ungerne über schmerzhafte Sanktionen diskutieren möchte. Wir hoffen sehr, dass wir im Dialog mit der US-Administration dazu kommen, dass solche Sanktionen nicht eintreten und wir hier nicht gegenseitig einen neuen Handelskrieg beginnen müssen.

Ich frage trotzdem nach speziellen Firmen, die am Projekt beteiligt sind, zum Beispiel solche, die die Rohre verlegen. Sollten die amerikanischen Sanktionen gegen solche Firmen eingesetzt werden, wäre dann das ganze Projekt gefährdet oder könnte man eine Alternative finden?

Nord Stream 2 hat 627 Zulieferer aus der ganzen Welt, darunter sehr spezialisierte Firmen, unter anderem die Rohrverlegerfirmen, die Sie erwähnt haben. Das sind absolute Spezialfirmen, die ein einzigartiges Know-How haben. Sanktionen gegen diese Firmen würden das ganze Projekt zumindest sehr stark verzögern oder extrem gefährden.

Sie sagten vorher, es geht um europäische Souveränität, man sollte dagegen halten. Wären denn europäische Gegensanktionen gegen die USA denkbar?

Es hängt natürlich von der Abstimmung innerhalb Europas ab. Sie wissen, dass Projekt ist ja auch innerhalb der EU nicht unumstritten. Das kann ich jetzt nicht prognostizieren, aber wir in Deutschland und auch mit unseren größeren europäischen Partnern müssen ja dagegen halten und würden das, ich glaube, im Zweifel auch tun.

Das Projekt hat ja nicht nur eine wirtschaftliche, sondern, wie die Bundesregierung sagt, auch eine politische Komponente. Gazprom hat natürlich ein Interesse daran, die Ukraine als europäische Transitinstitution auszuschalten. Warum geht die deutsche Wirtschaft nicht auf diese Argumente ein? Warum ist für die deutsche Wirtschaft dieses Projekt so enorm wichtig, dass die Interessen der Ukraine nicht berücksichtigt werden?

Da muss ich Ihnen widersprechen. Wir haben öffentlich, auch heute bei einer Pressekonferenz wieder gesagt, dass wir durchaus den Transit durch die Ukraine brauchen. Einmal aus rein wirtschaftlichen Gründen, weil unsere eigene Gasversorgung in der EU so stark zurückgeht, dass auch Platz für die Ukraine ist. Wir sehen auch diese politische Komponente, wir haben immer die trilateralen Bemühungen EU-Ukraine-Russland unterstützt und hoffen sehr, dass wir auch mit einer konstruktiven Position von Gazprom zum Ergebnis kommen.

Die politische Unterstützung für dieses Projekt schwindet allmählich. Was wäre, wenn es zu einem Regierungswechsel käme und Angela Merkel nicht mehr die Kanzlerin wäre? Wäre das Projekt dann am Ende?

Das Projekt ist im ureigensten Interesse nicht nur Deutschlands, sondern der gesamten EU. Ich glaube, dass jede Bundesregierung zuerst auf die deutschen und europäischen Interessen gucken und dann sich hoffentlich für das Projekt entscheiden würde.

 

Michael Harms ist Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft.

Das Interview führte Nikita Jolkver.

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