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Hopfen Handel

26. Oktober 2011

Geschmack ist Trumpf – gerade, wenn's ums Bier geht. Dabei verleiht vor allem der Hopfen dem vielzitierten Gerstensaft sein volles Aroma. Doch der Handel mit der filigranen Nutzpflanze birgt große Risiken.

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Hopfen Dolden (Foto: dpa)
Bild: picture alliance / dpa

Deutsches Bier darf nur nach dem Reinheitsgebot aus dem Jahre 1516 gebraut werden. Erlaubte Zutaten: Wasser, Malz – und Hopfen. Das größte Hopfenanbaugebiet der Welt ist die Hallertau, eine beschauliche Hügellandschaft nördlich von München im Herzen Bayerns gelegen. "Das grüne Gold", wie sie den Hopfen dort auch nennen, wird auf einer Fläche von fast 18.000 Hektar angebaut.

Große Risiken

Wie alle Rohstoffbranchen ist das Hopfen-Geschäft mit großen Risiken behaftet. Vereinfacht gesagt: Steigt der Bierdurst, steigt auch die Nachfrage nach Hopfen. Wenn das grüne Gold dann noch - etwa wegen schlechter Ernten – knapp wird, schießen die Preise nach oben.

Umgekehrt fallen sie auch blitzschnell wieder in den Keller, wenn das Angebot groß, die Nachfrage aber eher gering ist. Von allen Handelsgütern verzeichnet Hopfen langjährig betrachtet mit die größten Preisschwankungen überhaupt. So sind beispielsweise die Preise durch Überproduktion alleine innerhalb den letzten beiden Jahre um sage und schreibe 90 Prozent gefallen.

Infografik Hopfenwirtschaft: Bierausstoß, Hopfen-Anbaufläche, Hopfenernte 2009 2010 (DW-Grafik: Olof Pock)

Bierausstoß steigt

Und das, obwohl der weltweite Bierausstoß steigt. Dieser scheinbare Widerspruch lässt sich leicht auflösen: Heutzutage wird immer mehr Bier mit immer weniger Hopfen gebraut, denn durch Zuchterfolge ergeben weniger Pflanzen höhere Erträge. Außerdem geht der Trend in Regionen mit dem größten Wachstum des Biermarktes – wie etwa in China – hin zu milden Bieren mit geringerem Hopfenanteil.

Beim Brauen von Bier wird Hopfen ohnehin nur in verhältnismäßig kleinen Mengen hinzu gegeben: Lediglich etwa 100 Gramm pro Hektoliter. Dennoch bestimmt der Hopfen den Geschmack der unterschiedlichen Biersorten – etwa beim herben Pils oder beim eher fruchtigen Weizenbier aus Süddeutschland.

Seminare als Marketing

Genau an diesem Punkt setzen die Experten der Forschungsbrauerei Sankt Johann in der Hallertau an: Sie veranstalten Seminare für Braumeister und andere Fachleute aus der Bierbranche, bei denen sich alles um den Stoff dreht, der dem Bier Geschmack und Aroma verleiht.

Hinter der Forschungsbrauerei und Hopfenakademie in Sankt Johann steht das traditionsreiche Familienunternehmen Joh. Barth & Sohn, der größte Hopfen-Händler der Welt. Für den geschäftsführenden Gesellschafter Stephan Barth sind die Seminare wichtige Marketing-Instrumente. Seiner Meinung nach stellt die Brauindustrie gerade fest, dass sich der Hopfen noch viel facettenreicher auf den Geschmack des Bieres auswirken könnte. "Wir sehen in dieser Differenzierung der Brauwirtschaft über die Rohstoffe für uns eine Riesenchance", sagt Barth im Gespräch mit DW-WORLD.DE.

Hopfenanbau in der Hallertau, Bayern (Foto: Simone Hoffmann)
Hopfenanbau in der HallertauBild: Simone Hoffmann

Traditionsreiches Familienunternehmen

Bereits seit 1794 handelt die Firma Joh. Barth & Sohn mit Hopfen. Ihren Hauptsitz hat sie in Nürnberg. Aber als Mitglied der Barth-Haas-Gruppe ist das traditionsreiche Familienunternehmen auf allen Kontinenten aktiv und gilt in der Branche als Weltmarktführer.

Durch lang laufende Festpreis-Verträge mit der Brauindustrie versucht die Firma, die Risiken des zyklischen Hopfengeschäfts abzufedern. Dabei versteht sie sich nicht mehr einfach nur als Händler, sondern eher als "Vermarkter", wie Stephan Barth betont: "Wir sehen uns als ein anwenderorientiertes Unternehmen, dessen Rohstoff Hopfen ist – zur Herstellung von Produkten."

Weltweit aktiv

Hopfenhändler Stephan Barth (Foto: Barth)
Firmenchef Stephan BarthBild: Kreklau/Barth

Verarbeitet wird der aromatische Rohstoff von den Mitgliedern der Barth-Haas-Gruppe mittlerweile an zehn Standorten rund um den Globus und verkauft in jedem Land der Welt, in dem Bier gebraut wird.

Aber der Handel mit Hopfen sei in dieser Kette eben nur eine der Wertschöpfungs-Funktionen, die sein Unternehmen beherrsche, betont Stephan Barth. Man müsse sich breiter aufstellen, denn der Handel mit Hopfen sei eben "hochriskant". "Im Endeffekt kaufen wir Rohware ein und verkaufen ein Fertigprodukt", sagt Barth, "und dieses Fertigprodukt kann viele Formen haben."

Service wird großgeschrieben

Seien es unterschiedliche Hopfenpellets oder Extrakte – der technische Servicedienst hilft den Kunden auch bei Produktauswahl, Dosierung, Prozessoptimierung und sogar beim "Bierdesign", wie es im Firmenprospekt heißt.

Hopfenveredlung hat sich zu einer Hochtechnologie entwickelt. Forschung und Entwicklung spielen eine entsprechend große Rolle bei Joh. Barth & Sohn. Erforscht werden vor allem die Anwendungsmöglichkeiten von Hopfen im Bier: Begriffe wie Geschmack, Schaumbildung, Haltbarkeit und Lichtstabilität stehen dabei im Mittelpunkt.

Forschung und Entwicklung

"Bei der Identifizierung von Substanzen im Hopfen ist viel Chemie dabei", sagt Barth-Mitarbeiterin Christina Schönberger, eine promovierte Braumeisterin im Gespräch mit DW-WORLD.DE. Neben ihrer Arbeit in der Kundenbetreuung erforscht sie die Eigenschaften einzelner Wirkstoffe, die im Hopfen enthalten sind.

Auch Sensorik, also die Erforschung unterschiedlicher geschmacklicher Eigenschaften, spiele für die Firma eine wichtige Rolle, so Schönberger: "Wie kann man etwas geschmacklich im Bier wahrnehmen, wie lässt sich das auf einen Prozess zurück verfolgen oder auf die Rohstoffe? Da gibt es sehr viele Parameter, die das ganze Feld komplex machen."

Alternative Anwendungen

In geringem Maße wird Hopfen auch zu medizinischen Zwecken verwendet. Seine Wirkstoffe dienen als Schlaf- und Beruhigungsmittel.

Durch seine desinfizierenden Eigenschaften ist der Hopfen auch als umweltfreundliches Hilfsmittel beispielsweise zur Effizienzsteigerung bei der Zucker-Herstellung oder Ethanol-Gewinnung geeignet.

Zum Gesamtumsatz der Firma Joh. Barth und Sohn von derzeit rund 230 Millionen Euro pro Jahr tragen diese "neuen", alternativen Einsatzmöglichkeiten des Hopfens bisher lediglich drei bis vier Prozent bei – allerdings mit steigender Tendenz.

Autor: Klaus Ulrich
Redaktion: Monika Lohmüller