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Wunder von Wien

Stefan Nestler14. Juni 2008

Wunder gibt es immer wieder: Bern 1954, geschildert vom legendären deutschen Reporter Herbert Zimmermann. Cordoba 1978, am Mikrofon der legendäre Österreicher Edi Finger. Und Wien 2008.

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Österreichische Spieler bejubeln Hans Krankl, den Torschützen zum 3:2 Endstand für Österreich gegen Deutschland bei der WM 1978. Foto: Heikes
Wir busseln uns ab.Bild: pa / dpa

Der deutsche Reporter: Sechs Minuten noch im Ernst-Happel-Stadion in Wien. Der Regen prasselt unaufhörlich nieder. Es ist schwer, aber die Zuschauer harren aus. Was sollten sie auch anderes tun? Die Geschäfte draußen haben schon geschlossen. Und außerdem: Eine Fußball-Europameisterschaft ist alle vier Jahre und wann sieht man ein solches Gurkenspiel? So langweilig, so einschläfernd. Jetzt Deutschland am linken Flügel.

Lahm, immer wieder Lahm, so lahm hat man noch nie eine Mannschaft spielen sehen. Auf Podolski, müsste schießen, Querschläger. Neeeein! Neeeein! Neeeein! Neeeein! Ich will nicht nicht mehr, holt mich hier raus. Halten Sie mich für verrückt, halten Sie mich für übergeschnappt!

Busseln als Mund-zu-Mund-Beatmung

Bei strömendem Regen verfolgen die Fotografen und Kameraleute bei der WM 1954 im Berner Wankdorfstadion das Geschehen vor dem Finale zwischen der Bundesrepublik und den favorisierten Ungarn. © Sportbild Schirner/DHM
Halten Sie mich für übergeschnappt!Bild: Sportbild Schirner/DHM

Der österreichische Reporter: Einwurf Prödl auf Stranzl auf Säumel, wieder auf Stranzl, auf Prödl, Podolski dazwischen. Out. Einwurf Stranzl, auf Säumel, auf Prödl auf Stranzl auf Prödl auf Säumel. Neeeein! Neeeein! Neeeein! Neeeein! Neeeeeeein! I wer narrisch.

Meine Damen und Herren, wir greifen uns an den Hals. Luft, Luft. Der Herr Schulprofessor Meyer ist scho ganz blass, und auch Landrat a.D. Weininger, Polizeikapellen-Oberdirigent Schlupfmantel. Wir busseln uns ab, Mund-zu Mund-Beatmung. Warten´s noch a bisserl, warten´s noch a bisserl. Dann wandert hier der erste vor Langeweile Verstorbene auf den Wianer Zentralfriedhof.

Der deutsche Reporter: Jetzt hat Lukas Podolski wieder den Ball über die Außenlinie ins Aus geschlagen. Wer will ihm das verdenken? Auch er hat keine Lust mehr. Die Österreicher erhalten einen Einwurf zugesprochen, der wird ausgeführt. Prödl auf Stranzl auf Säumel auf Stranzl auf Prödl. Aus! Aus! Aus! Aus! Das Spiel ist Aus! Deutschland ist weiter, schlägt Österreich mit 0:0 Toren.

Der österreichische Reporter: Prödl haut den Ball ins Out! Und jetzt ist auuus! Ende! Schluss! Vorbei! Aus! Österreich raus. Und wir leben noch, der Herr Schulprofessor Meyer, Landrat a.d. Weininger, der Polizeikapellen-Oberdirigent Schlupfmantel. I, I, I, I brauch jetz a Vierterl.