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Härtere Sanktionen und langer Atem

Ingo Mannteufel17. März 2014

USA und EU reagieren mit politischen Sanktionen gegen russische Entscheidungsträger. Um Putin zu stoppen, wird der Westen aber noch härtere Sanktionen beschließen müssen, meint Ingo Mannteufel.

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DW-Redakteur Ingo Mannteufel (Foto: DW)
Ingo Mannteufel leitet die Russische Redaktion der Deutschen Welle.Bild: DW

Als Reaktion auf das unrechtmäßige Referendum auf der Krim haben die USA und die Europäische Union Kontensperrungen und Einreisebeschränkungen für einige politische Entscheidungsträger in Russland, auf der Krim und in der Ukraine beschlossen. Ihnen wird eine führende Beteiligung an der Politik Moskaus vorgeworfen, die in einem aggressiven und völkerrechtswidrigen Akt die Krim von der Ukraine abgespalten hat.

Keine Frage, diese Sanktionen sind eher symbolischer Natur. Sie waren der allerletzte Versuch des Westens, Russland zum Einlenken zu bewegen und Moskau in einen politisch-diplomatischen Dialog mit der Führung in Kiew zu zwingen.

Putins Erklärung, die Krim als unabhängigen Staat anzuerkennen, zeigt aber, dass der Kreml seine bisherige Politik fortsetzt. Die nächste Stufe der Eskalation wäre die formale Einverleibung der Krim in die Russische Föderation. Damit wäre die Annexion der Krim aus russischer Sicht abgeschlossen.

Verstoß gegen internationale Verträge

Dann bliebe dem Westen nichts anderes übrig, als mit härteren politischen und wirtschaftlichen Sanktionen der Politik Putins entgegenzutreten. Sicherlich sollten die USA und die EU genug Realitätssinn haben und nicht auf eine schnelle Veränderung der russischen Politik setzen. Aber einfach diesen völkerrechtswidrigen Akt Russlands hinzunehmen, wäre eine grobe Fahrlässigkeit. Russland hat nicht nur die Verfassung der Ukraine missachtet, sondern gegen mehrere zentrale internationale Verträge verstoßen, die die friedliche Ordnung in Europa regeln. Wenn dies nun folgenlos bliebe, würde dies nur weitere Verlockungen erzeugen: Transnistrien, Abchasien, Süd-Ossetien oder gar Belarus könnten die nächsten Ziele der russischen Expansion sein.

Ja, in den letzten 20 bis 25 Jahren war die europäische Politik gegenüber Russland nicht immer von Feingefühl und Klugheit geprägt. Aber das darf nicht dazu führen, dass Russland nun in einem faktisch kriegerischen Akt den Teil eines Nachbarlandes besetzt und annektiert, selbst wenn dies viele Menschen dort wollen. Wer so leichtfertig Grenzen und die Integrität von Staaten in Frage stellt, der öffnet die Büchse der Pandora. Gerade auch in Russland.

Folgen für ganz Europa

Es geht daher längst nicht mehr um die Krim, die Russland auch nicht mehr so schnell hergeben wird. Soviel Realitätssinn muss sein. Es geht auch noch nicht einmal nur um die (Ost-)Ukraine. Es geht um viel mehr. Es geht um die gesamte friedliche Ordnung in Europa, und die muss den Europäern mehr wert sein als ein paar Euro für ihre Gasrechnung.

Und die Karten der Europäer und der USA sind gar nicht so schlecht wie viele meinen. Denn vieles deutet darauf hin, dass Präsident Putin keinen Masterplan hat. Vielleicht hat er gehofft, dass der Westen ihn mit dieser aggressiven und völkerrechtswidrigen Politik im Chaos der Post-Janukowitsch-Ukraine davonkommen lässt. Vermutlich hat er mit ein wenig Kritik des Westens gerechnet. Möglicherweise glaubt er immer noch, dass sich die politische Empörung wieder beruhigt oder der Westen vor härteren Sanktionen zurückschreckt. Schließlich geistert seit Jahren in der öffentlichen Diskussion in Russland die falsche Vorstellung, der Westen sei abhängig von russischen Energielieferungen.

Doch wenn der Westen nun einen konsequenten Kurs der internationalen Isolierung fährt, dann wird dies in Moskau Wirkung zeigen. Denn nicht einmal China unterstützt den Kreml bei seiner aggressiven Ukraine-Politik. Nur vom syrischen Assad-Regime und dem internationalen Paria-Staat Nordkorea hat der Kreml Zuspruch in der Krim-Frage erhalten. Auch ein Ausschluss aus der G8 würde in Russland deutlich wahrgenommen, die Ausweitung der Einreiseverbote und Kontensperrungen ebenfalls.

Zudem befindet sich die russische Wirtschaft bereits jetzt in einer Stagnationsphase. Die Abwertung des Rubels reduziert schon gegenwärtig den Konsum und damit auch den Wohlstand der Russen. Ein Rückgang des europäischen Handels mit Russland ist sowieso unvermeidlich. Einschränkungen des Energieexports wären für Russland Selbstmord auf Raten, ebenso der angekündigte Verkauf russischer Devisenreserven. Gezielte Wirtschaftssanktionen des Westens würden jedoch in Russland deutliche Spuren hinterlassen. Es bleibt zu hoffen, dass es dazu nicht kommen wird. Doch auf die jetzige Politik Putins kann der Westen nicht anderes reagieren als mit Härte und einem langen Atem.