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Politik

Xi und Putin - gemeinsam gegen die USA

Alexander Görlach - Carnegie Council for Ethics in International Affairs
Alexander Görlach
20. Dezember 2022

In dieser Woche beginnen China und Russland zusammen im ostchinesischen Meer Militärmanöver. Wer glaubte, das Band zwischen den Machthabern habe Risse bekommen, irrt. Das gemeinsame Ziel bleibt, meint Alexander Görlach.

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Xi Jinping und Waldimir Putin stoßen mit Sekt an
Der Pakt hält: Xi Jinping und Waldimir Putin (Archivbild März 2022)Bild: DW

Wenn China und Russland ein gemeinsames Manöver um die Küsten Taiwans und Japans abhalten, dann heulen in den Demokratien Ostasiens alle Alarmsirenen. Moskau und Peking sind seit Russlands Aggressionskrieg gegen die Ukraine noch enger zusammengerückt, die Machthaber Wladimir Putin und Xi Jinping verstehen die Kooperation ihrer Länder als engste aller möglichen Partnerschaften.

Darüber kann auch nicht hinwegtäuschen, dass Xi gegenüber dem deutschen Kanzler bei dessen Besuch in Peking versichert hat, dass die Volksrepublik gegen einen Einsatz von Atomwaffen in der Ukraine ist. Dieser Minimalkonsens unter zivilisierten Nationen bedeutet keineswegs ein Abrücken von Moskau, was das gemeinsame Manöver jetzt wiederum belegen soll.

Verbindung Nordkorea

Zwar hat die Volksrepublik offiziell niemals eine militärische Unterstützung Russlands zugegeben, Waffentechnologie mag aber ihren Weg über Nordkorea an die Front in der besetzten Ukraine gefunden haben. Putin und Xi sind beides Unterstützer des nordkoreanischen Steinzeit-Regimes von Kim Jong Un (genauso wie sie dem Mullah-Regime in Teheran eng verbunden sind).

Alexander Görlach
DW-Kolumnist Alexander GörlachBild: Hong Kiu Cheng

Im nun endenden Jahr hat Pjöngjang laut der Zeitung New York Times 88 Raketentests durchgeführt, etliche der Flugkörper landeten in der See, die zu Japan oder zu Südkorea gehört, was die Armeen beider Länder (und die amerikanischen Truppen, die in beiden Ländern als Alliierte stationiert sind) in Alarmbereitschaft versetzt hat. Es besteht daneben Einigkeit in der Auffassung, dass Nordkorea mittlerweile in der Lage ist, Raketen atomar zu bestücken

Chinas Fokus Taiwan

Peking seinerseits hat bei der Seeblockade des demokratischen und freien Taiwan im August Raketen abgefeuert, die vor der Küste Taiwans niedergegangen sind. Dies war Xis Vergeltung für den Besuch der US-Politikerin Nancy Pelosi auf der Insel. Peking behauptet zwar, dass Taiwan zur Volksrepublik gehöre. In Wahrheit allerdings hat die KP niemals über diese Insel, die heute eine blühende Demokratie ist, geherrscht. Moskau und Peking sind beide auf eine Eskalation im Westpazifik aus, ihr Manöver jetzt soll keinesfalls die Wogen, die in den vergangenen Monaten aufgeworfen wurden, glätten. 

Eine weiße Rauchwolke über einer Insel zeigt einen Raketenstart
Chinas Nadelstiche in Richtung Taiwan - nahegelegene Manöver kurz nach dem Besuch Nancy PelosisBild: Yomiuri Shimbun via AP Images/picture alliance

Pekings Bestreben ist es, dieses internationale Gewässer brachial in ein nationales zu verwandeln. Dafür haben chinesische Milizen bereits Inseln besetzt, die zu den Philippinen gehören. Zudem hat die Volksrepublik künstliche Inseln geschaffen und diese militarisiert. Das Endziel ist es, die Vereinigten Staaten, die ein Partner der Philippinen, Taiwans, Japans und Südkoreas sind, aus dem Pazifik zu vertreiben, um dann als neuer Hegemon die Länder der Region dominieren zu können, militärisch und wirtschaftlich. Dass Peking beides zusammen denkt, ist in der Vergangenheit überdeutlich geworden: Seit 2010 hat China laut einem Bericht des Magazins Foreign Affairs in 123 Fällen versucht, durch ökonomischen Druck seine Ideologie politisch durchzusetzen. 

Keine Gleichberechtigung

Russland zieht hier mit China an einem Strang, denn der gemeinsame Feind der beiden Machthaber Putin und Xi sind die Vereinigten Staaten. Gleichwohl zieht China hier die Fäden. Im September musste Wladimir Putin dem chinesischen "paramount leader" am Rande der Versammlung der Shanghai Cooperation Organization Bericht erstatten, und "Fragen und Sorgen" bezüglich des Ukraine-Krieges beantworten.

Der Kreml mag sich vielleicht als gleichberechtigter Partner neben Peking sehen. In Wirklichkeit aber ist die Volksrepublik heute ein viel mächtigerer Player als Putins Russland. Alleine die Zahl der erfolgreichen ökonomischen Knebelversuche belegt, dass die Volksrepublik tiefer vernetzt in die Weltwirtschaft ist, als Produktionsstandort und Absatzmarkt gleichermaßen von keinem Land der Welt wirklich ignoriert werden kann. 

Wo Russland hilft

Das nun stattfindende Manöver zwischen Russland und China darf im Zusammenhang der Modernisierung der chinesischen Armee gesehen werden, die im Jahr 2027, dem hundertsten Gründungsjahr der sogenannten "Volksbefreiungsarmee", abgeschlossen sein soll. Hierbei hilft die russische Armee dem chinesischen Counterpart. Vor allem in Sachen Landnahme, Häuserkampf und Guerillakrieg soll Moskau Peking fit machen.

Flugzeugträger Liaoning
Militärisch ganz vorne mitmischen - auch mit dem chinesischen Flugzeugträger Liaoning (Archivbild 2017)Bild: ANTHONY WALLACE/AFP

Xi Jinping hat angekündigt, unter Umständen auch das freie Taiwan angreifen und besetzen zu wollen. Dafür würde er genau diese Fähigkeiten benötigen. Allerdings hat Russlands Armee genau jene, Gottseidank, bei seinem Kriegstreiben in der Ukraine vermissen lassen. Wahrscheinlich wurde Putin in diesem Zusammenhang zum Rapport bei Xi zitiert und nicht etwa, weil Xi sich Sorgen um den Weltfrieden macht. 

Die freie Welt mürbe machen

In jedem Fall hat die Welt von einer vertieften Zusammenarbeit Chinas und Russlands in der bereits angespannten Atmosphäre im Westpazifik nichts Gutes zu erwarten. Das Manöver soll über die Weihnachtstage gehen und am 27. Dezember enden. Auch in der Ukraine will Putin an Weihnachten die Waffen nicht ruhen lassen. Xi und Putins Ziel ist es, die freie Welt mürbe zu machen. Für Freiheit und Demokratie gibt es dieses Jahr deshalb noch nicht einmal an Weihnachten eine Feuerpause. 

Alexander Görlach ist Senior Fellow am Carnegie Council for Ethics in International Affairs und Research Associate am Internet Institut der Universität Oxford. Nach Aufenthalten in Taiwan und Hongkong wurde diese Weltregion, besonders der Aufstieg Chinas und was er für die freie Welt bedeutet, zu seinem Kernthema. Er hatte verschiedene Positionen an der Harvard Universität und der Universität von Cambridge inne.