1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Guttenberg ist zurückgetreten

1. März 2011

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg gibt auf. Als Konsequenz aus dem Wirbel um seine Doktorarbeit reichte er seinen Rücktritt ein. Er wolle das Ministeramt vor politischem Schaden bewahren, erklärte er.

https://p.dw.com/p/10R6P
Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg erklärt seinen Rücktritt (Foto: AP)
Unausweichlicher RücktrittBild: AP

Noch am Montag hatte sich die Kanzlerin demonstrativ hinter Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg gestellt. Über den Vorwurf des Betrugs habe nicht die Kanzlerin, sondern die Universität Bayreuth zu befinden, ließ sie über ihren Sprecher mitteilen: "Und diese Klärung gilt es abzuwarten."

Die Fotoillustration vom Sonntag (20.02.11) zeigt das Buch "Fussnoten" von Karl Theodor zu Guttenberg (1921 - 1972), dem Grossvater des Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), neben der Doktorarbeit "Verfassung und Verfassungsvertrag" von Verteidigungsminister zu Guttenberg (Foto: dapd)
Plagiats-Doktorarbeit und das Werk des Guttenberg-Großvaters über FußnotenBild: dapd

Jetzt hat Karl-Theodor zu Guttenberg selbst gehandelt und seinen Rücktritt erklärt. Über die stetig wachsende Zahl der Argumente, die seinen Rücktritt nahelegten, konnte er sich schließlich nicht mehr hinwegsetzen.

Eine Entscheidung, die schmerzt

Es sei die schmerzlichste Entscheidung seines Lebens, sagte der 39-Jährige am Dienstag (01.03.2010) vor Journalisten. Er gehe nicht alleine wegen "meiner so fehlerhaften Doktorarbeit", wiewohl er verstehe, dass dies für große Teile der Wissenschaft ein Anlass wäre, so Guttenberg. Er könne es nicht mehr verantworten, dass die Plagiats-Affäre auf dem Rücken der Bundeswehrsoldaten ausgetragen werde. Die öffentliche und mediale Betrachtung drehe sich nur noch um die Person Guttenberg und seine Dissertation.

Der Tod und die Verwundung von Soldaten rückten in den Hintergrund. Dies sei eine "dramatische Verschiebung". Für das fordernde Amt des Verteidigungsministers brauche man ungeteilte Konzentration und fehlerfreie Arbeit. Er habe die größte Reform in der Geschichte der Bundeswehr angestoßen, die nun vollzogen werden müsse.

Trauerfeier der Bundeswehrsoldaten in Regen (Foto: dpa)
Der Tod der drei Bundeswehr-Soldaten wurde durch die Affäre überlagert, meint GuttenbergBild: picture alliance / dpa

Dem beliebtesten Minister in Merkels Kabinett war der Doktortitel aberkannt worden, weil er auf zahlreiche fremde Texte in seiner Dissertation nicht hingewiesen hatte. Der Minister beharrt darauf, dies versehentlich und nicht mit Absicht getan zu haben.

Wohlwollen, aber auch weitere Kritik

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unterhaelt sich im Bundestag in Berlin mit Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (Foto: dapd)
Bedauert den Rücktritt: Angela MerkelBild: dapd

Die Bundeskanzlerin bedauerte den Rücktritt Guttenbergs. Sie habe dessen Gesuch "schweren Herzens" angenommen, sagte Merkel in einer Pressekonferenz wenige Stunden nach Bekanntgabe des Rücktritts. Einen Nachfolger nannte sie noch nicht. Heute sei nicht die Stunde, über einen Nachfolger zu reden und zu entscheiden, sagte die CDU-Vorsitzende. Guttenberg bleibe geschäftsführend im Amt, bis ein neuer Verteidigungsminister gefunden sei.

Politiker aus der Regierungskoalition kommentierten den Schritt Guttenbergs zurückhaltend. FDP-Parteichef Guido Westerwelle nannte den Rücktritt eine "Entscheidung der Konsequenz". Er habe nicht nur eine politische, sondern auch eine menschliche Dimension, hob Westerwelle hervor. Guttenbergs Parteifreund, der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer sagte. "Ich bin wie die ganze CSU betroffen und erschüttert." Und er fügte hinzu, er werde persönlich alles dafür tun, damit Guttenberg der deutschen Politik und auch der Christlich-Sozialen Union erhalten bleibe.

Frank-Walter Steinmeier (Foto: AP)
Kritik an Guttenberg bleibt: SPD-Fraktionschef SteinmeierBild: AP

Nicht so gnädig reagierte die Opposition. Frank-Walter Steinmeier, Vorsitzender der SPD-Fraktion sagte: "Der Rücktritt kam spät genug." Und in Richtung Kanzlerin, die sich hinter ihren Minister gestellt hatte: "Sie hätte wissen müssen, dass jemand wie Guttenberg nicht im Amt zu halten war." Sie habe ihre Glaubwürdigkeit selbst dem Machtpoker geopfert, so der SPD-Politiker. Ähnlich scharf äußerte sich auch die Parteichefin der Linken, Gesine Lötzsch: "Der Rücktritt war die einzig richtige Entscheidung." Alles andere hätte den Wissenschaftsstandort Deutschland weiter beschädigt.

Auch sein Doktorvater, der Bayreuther Jura-Professor Peter Häberle, ging zuletzt auf Distanz zu ihm. "Die in der Promotionsschrift von Herrn zu Guttenberg entdeckten, mir unvorstellbaren Mängel sind schwerwiegend und nicht akzeptabel", teilte er in einer Erklärung mit. Die Aberkennung des Doktortitels sei die notwendige Folge gewesen. Zuvor hatte Häberle noch erklärt, die Arbeit sei kein Plagiat. Das nannte er nun eine vorschnelle Reaktion.

Zehntausende Doktoranden, Wissenschaftler und andere Unterstützter hatten noch am Montag in einem offenen Brief an die Kanzlerin gegen deren Umgang mit der Affäre protestiert. Dieser sei eine Verhöhnung aller wissenschaftlichen Mitarbeiter und Doktoranden.

Autorin: Eleonore Uhlich/Sabine Faber (dpa,rtr, dapd)
Redaktion: Nicole Scherschun/Susanne Eickenfonder