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Gruevski trotzt Rücktrittsforderungen

Boris Georgievski (ch)19. Mai 2015

Nach den Massendemonstrationen in Mazedoniens Hauptstadt Skopje steht die konservative Regierung von Ministerpräsident Nikola Gruevski stark unter Druck. Doch bisher hält er stand. Aus Skopje Boris Georgievski.

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Gruevski ballt die Faust Foto: Getty Images/AFP/R. Atanasovski
Bild: Getty Images/AFP/R. Atanasovski

Jetzt erst recht, muss er sich gedacht haben. Vor tausenden von flaggenschwenkenden Anhängern schwor der mazedonische Premier Gruevski, er werde im Amt bleiben. "Kein Rückzug, kein Aufgeben! Mazedonien ist stark, Mazedonien wird siegen. Wir werden siegen!", rief er ihnen entgegen, während die riesige Menschenmenge seinen Namen skandierte.

Die regierungstreue Kundgebung war eine Reaktion auf die zweitägigen Protestdemonstrationen mit zehntausenden von Menschen in Skopje, und sie hat die bereits vorher hitzige politische Atmosphäre zwischen Regierung und Opposition noch weiter angeheizt.

Am Sonntag (17.5.) mobilisierten die oppositionelle Sozialdemokratische Union Mazedoniens, SDSM, und mehrere Bürgerrechtsgruppen zusammen mehr als 50.000 Menschen, die lautstark den Rücktritt des konservativen Ministerpräsidenten und seiner Regierung forderten.

Trotzig und entschlossen

Gruevski steht unter wachsendem Druck der Opposition und des Auslands. Auslöser dafür sind Vorwürfe des Oppositionsführers Zoran Zaev. Dieser beschuldigt den Regierungschef und seiner Mannschaft der Korruption, Beeinflussung der Justiz und der Medien sowie der illegalen Überwachung von 20.000 Menschen, darunter Polizisten, Richter, Journalisten und ausländische Diplomaten.

fahnenschwenkende Demonstranten Foto: R. Atanasovski/AFP/Getty Images
Die Regierung und Opposition brachten tausende Anhänger auf die StraßeBild: R. Atanasovski/AFP/Getty Images)

Bei der Kundgebung seiner eigenen Anhänger stellte sich Gruevski den Forderungen trotzig entgegen. Dabei warf er wiederholt Zaev selbst Korruption vor und sagte, der Oppositionsführer werde von "ausländischen Geheimdiensten" unterstützt. Gruevskis Anhänger stimmten in diese Worte ein.

"Wir dürfen nicht aufgeben. Wir unterstützen die Regierung und den Ministerpräsidenten bei der Verteidigung des Landes gegen den ausländischen Feind", sagte einer von ihnen, der nicht genannt werden wollte, der Deutschen Welle.

Mazedonien Pro-Regierungsdemonstration in Skopje (Photo: EPA/GEORGI LICOVSKI)
Für die Regierung: Demonstrant in SkopjeBild: picture-alliance/epa/G. Licovski

Seit Anfang Mai die Abhörvorwürfe der Opposition laut wurden, tauchen in Gruevskis Reden ständig Ausdrücke wie "ausländischer Feind" und "ausländische Geheimdienste" auf. Einige Beobachter glauben, die Wortwahl zeige Gruevskis wachsende Verzweiflung nach neun Jahren im Amt.

Krisengespräche in Straßburg

"Gruevski steckt in einem Tunnel, und er weiß, dass es nur einen Ausgang gibt", so der Politikwissenschaftler Petar Arsovski im DW-Interview. "Er will nicht vom Spiel ausgeschlossen werden, und mit der Demonstration will er der Welt zeigen, dass er noch Macht hat und Teil der Lösung sein muss."

Das Europaparlament hat Gruevski und Zaev zu Verhandlungen nach Straßburg eingeladen, doch niemand glaubt, dass eine solche Begegnung etwas bringen wird, meint eine anonyme Quelle aus dem Parlament gegenüber der DW. Bereits zwei von den US- und EU-Botschaftern in Skopje vermittelte Verhandlungsrunden sind ergebnislos zuende gegangen.

Mazedonien Proteste gegen Ministerpräsident Nikola Gruevski (AP Photo/Boris Grdanoski)
Gekommen, um zu bleiben: Protest-Camp vor dem Regierungssitz.Bild: picture-alliance/AP Photo/B. Grdanoski

Nach der Oppositionskundgebung am Sonntag hatten Dutzende Regierungsgegner vor Gruevskis Amtssitz Zelte errichtet und gesagt, sie wollten so lange bleiben, bis Gruevski zurückgetreten sei. Auch albanisch stämmige Mazedonier schlossen sich entgegen ihrer Ankündigungen den Protesten an.

"Gruevski muss gehen"

Sogar einen knappen Kilometer von der Bühne entfernt, auf der Gruevski sprach, konnte der albanisch stämmige Mazedonier Zamir Mehmeti die Anhänger des Ministerpräsidenten hören. "Uns hat ein Ziel hier zusammengeführt: Gruevski muss gehen", sagt er.

Am 9. Mai hatte sich eine Gruppe bewaffneter Männer aus der albanischen Volksgruppe in einer Grenzstadt im Norden Mazedoniens Zusammenstöße mit der Polizei geliefert. Bei den Kämpfen kamen 18 Menschen ums Leben, acht mazedonische Polizisten und zehn albanischstämmige Mazdonier.

Mehmetis Schwester Ermira sitzt für die Albanisch-Demokratische Union für Integration, DUI, im Parlament. Die DUI bildet als Juniorpartner eine Koalition mit Gruevskis VMRO-DPMNE.

"Am Sonntag haben wir mit dem Mythos aufgeräumt, die verschiedenen Volksgruppen in diesem Land könnten nicht zusammenleben", sagt Mehmeti und meint damit den multiethnischen Charakter der Proteste. "Was Gruesvki jetzt versucht, ist, diesen Mythos wiederzubeleben."