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Großrazzia gegen Geldwäsche

6. Oktober 2021

Großeinsatz der Polizei am frühen Morgen: Mehr als Tausend Beamte durchsuchten Wohnungen und Büros in drei Bundesländern. Es ging um Geldwäsche und illegale Finanztransfers ins Ausland.

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Deutschland | Großrazzia gegen Geldwäsche
Bild: Christoph Petersen/dpa/picture alliance

Bei einer Großrazzia gegen Geldwäsche und organisierte Kriminalität hat die Polizei am Mittwochmorgen in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen 81 Wohnungen, Büros und Geschäftsobjekte in 25 Städten durchsucht und zehn Haftbefehle vollstreckt. Mehr als 1400 Beamte seien im Einsatz gewesen. Neben Spezialeinheiten, Steuerfahndern und Kräften des Staatsschutzes waren auch mehrere Einsatzhundertschaften sowie Drogen- und Geldspürhunde beteiligt. Die Ermittlungen richteten sich gegen Mitglieder eines international agierenden Geldwäsche-Netzwerkes.

"Das war ein verdammt dickes Ding heute, an dem lange und unter strenger Geheimhaltung gearbeitet wurde", sagte NRW-Innenminister Herbert Ruel (CDU). Der Terrorfinanzierung sei mit dem Einsatz "ein extrem ergiebiger Geldhahn abgedreht" worden. "Allein durch die Hände der zwei Hauptbeschuldigten gingen jeweils mehr als 60 Millionen Euro", sagte Reul. Das gewaschene Geld sei überwiegend in die Türkei und nach Syrien transferiert worden.

Drogengeld für Terroristen

Nach Angaben der den Einsatz leitenden Düsseldorfer Polizei wurden umfangreiche Beweismittel und Vermögenswerte im Gesamtwert von über zwei Millionen Euro beschlagnahmt, darunter Luxusautos, hochwertige Uhren, Gold und Schmuck. Bei einem Beschuldigten sei eine Stereoanlage im Wert von hunderttausend Euro gefunden worden, sagte der Innenminister.

Der Großeinsatz richtete sich nach Polizeiangaben gegen 67 mutmaßliche Mitglieder eines seit 2016 international agierenden Netzwerks. Im Rahmen eines weit verzweigten Geflechts von Waren- und Geldflüssen sollen sie unerlaubte Zahlungsdienste erbracht und Gelder aus Straftaten gewaschen haben. Nach vorläufiger Schätzung beträgt das Transaktionsvolumen im Ermittlungszeitraum rund 140 Millionen Euro. Das gewaschene Geld sei überwiegend in die Türkei und nach Syrien transferiert worden. 

Bei den 67 Verdächtigen handle es sich mehrheitlich um syrische Staatsbürger. Die übrigen Beschuldigten haben laut Innenminister entweder die deutsche, jordanische, libanesische, türkische oder ukrainische Staatsbürgerschaft. Ein Beschuldigter sei Palästinenser. Zwei der festgenommenen Tatverdächtigen seien zuvor als islamistische Gefährder eingestuft worden.

Das Netzwerk soll Gelder aus Straftaten gewaschen oder dafür zur Verfügung gestellt haben, wie NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) sagte. Das Geld soll aus dem Drogenhandel stammen und zumindest teilweise in Syrien zur Terrorfinanzierung benutzt worden sein. Ausgangspunkt war laut Sicherheitskreisen ein Zufallsfund der Polizei. Beamte hatten bei einer Autobahn-Kontrolle rund 300 000 Euro Bargeld versteckt in einem Turnbeutel gefunden.

Eine Zentralstelle für die Verfolgung organisierter Kriminalität bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf führt laut Mitteilung die Ermittlungen, die sich gegen Mitglieder eines sogenannten Hawala-Netzwerkes richten. Beim Hawala-Banking können Kunden gegen eine Provision große Summen ins Ausland überweisen. Solche Finanztransfers sind in Deutschland nur mit Zustimmung der Bankenaufsicht erlaubt. Bei unerlaubtem Betrieb drohen Haftstrafen von bis zu fünf Jahren.

Deutschland Duisburg - Großrazzia gegen illegale Millionentransfers
Bereits im Jahr 2019 durchsuchte die Behörden viele Objekte im Zusammenhang mit dem Hawala-System und stellten große Mengen an Geld und Sachwerten sicherBild: picture-alliance/dpa/C. Reichwein

Wie Hawala-Banking funktioniert

Das Hawala-System ist in muslimischen Ländern weit verbreitet. Dabei können Kunden gegen eine vergleichsweise geringe Provision (ein bis zwei Prozent) Bargeld ins Ausland überweisen. Das System, dass schon seit Jahrhunderten existiert und seine Wurzeln im Vorderen und Mittleren Osten hat, basiert auf persönlichem Vertrauen der Beteiligten, die oftmals der gleichen Ethnie angehören und habe sich in Regionen mit einem wenig entwickelten Bankensystem herausgebildet, heißt es in einer Analyse des Bundesfinanzminsteriums (Erste Nationale Risikoanalyse zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung) aus dem Jahr 2019. Es erlaube "Gelder nahezu ohne jede Möglichkeit der Rückverfolgung zu transferieren". Das Ministerium schätzt, dass weltweit jährlich rund 200 Milliarden Dollar durch Hawala-Systeme fließen.

In einer Antwort auf eine Anfrage der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag von Anfang 2020, die wissen wollte, über welche Kenntnisse die Bundesregierung bezüglich des Hawala-Systems in Deutschland verfüge, blieb die Regierung vage. In der Antwort heißt es unter anderen: "Über den Umfang der Nutzung derartiger Systeme und die möglicherweise dabei bewegten Summen liegen keine belastbaren Informationen vor." Verwiesen wurde allerdings auf die vom Bundesfinanzministerium genannte Summe von 200 Milliarden Dollar.

Infografik Hawala System

Bei Hawala-Banken übergibt ein Kunde einen Betrag bar dem jeweiligen Händler (Hawaladar), dem sie vertrauen. Der Händler nimmt daraufhin Kontakt auf zu einem Partner seines Vertrauens am jeweiligen Zielort. Dort bekommt eine andere Person den Betrag wiederum in bar ausgezahlt - das kann in Minutenschnelle passieren. Der Ausgleich der jeweiligen Geldtöpfe geschieht auf höchst unterschiedlichen und komplexen Wegen. Zum Teil werden die entstandenen Schulden mit den nächsten Transaktionen ausgeglichen oder aber mit gegenseitigen Warenlieferungen oder Dienstleistungen. Händler, die betrügen, werden von ihren Kollegen geächtet und erhalten keine Aufträge mehr.  

Das System wird auch von Millionen Migranten weltweit genutzt, um Geld aus dem Ausland an ihre Familien in der Heimat zu schicken, da Alternativen wie beispielsweise Western Union deutlich höhere Gebühren verlangen.        

hb/iw (dpa, Archiv)