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Ruf nach Rücktritt

28. August 2007

Noch immer ist kein Ende der verheerenden Waldbrände in Sicht. Viele Feuer seien gelegt worden und gingen auf das Konto von Grundstücksspekulanten, sagt die Regierung. Die Opposition wirft ihr Versagen vor.

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Ortsschild, im Hintergrund Waldbrände (Quelle: AP)
Die vom Feuer umringte Kleinstadt Andritsena auf dem PeleponnesBild: AP

Griechenland kämpft weiter gegen die Feuersbrunst: Die Brände erreichten in der Nacht zum Dienstag (28.8.2007) die Umgebung der Ortschaft Seta auf der Insel Euböa. Die 300 Einwohner mussten in Sicherheit gebracht werden. Eine kilometerlange Front mit bis zu 20 Meter hohen Flammen bewegte sich vom Hinterland des mittleren Teils der zweitgrößten griechischen Insel in Richtung Ägäis. Sechs Löschflugzeuge warfen immer wieder tonnenweise Wasser auf die Flammen ab, wie das Fernsehen zeigte. Zur Entlastung der völlig erschöpften griechischen Piloten kommen am Dienstag auch drei Löschhubschrauber aus Baden-Württemberg.


Die Deutschen sollten am Mittag den Militärflugplatz von Andravida im Nordwesten der Peloponnes-Halbinsel erreichen. Von dort aus sind es wenige Minuten Flug bis nach Olympia, wo die Feuer immer wieder gefährlich aufflammen. Die Hubschrauber können punktgenau 5000 Liter Wasser abwerfen. Sie sind damit besonders für die Brandbekämpfung in bergigem Gelände geeignet. Auch ein Löschflugzeug aus der Türkei beteiligte sich. Etwas entspannt habe sich die Situation auf den Bergen des Peloponnes um die Kleinstädte Andritsena und Karytena, im Raum der Hafenstadt Kalamata und in der Region von Sparta, berichtete am Dienstagmorgen der staatliche Rundfunk NET. Nach Angaben der Feuerwehr starben bisher insgesamt 63 Menschen in den Flammen.

Regierung kündigt Soforthilfe an


Viktoria-Statue in dichtem Rauch (Quelle: AP)
Noch kein Sieg über die Flammen: Die Viktoria-Statue in OlympiaBild: AP

Die Regierung versprach den Obdachlosen und den Menschen, die ihre Tiere, Olivenhaine und Zitrusbäume verloren haben, Soforthilfe in Höhe von 200 Millionen Euro. Unter anderem soll jeder Obdachlose 3000 Euro erhalten. Jede Familie wird als erste Maßnahme für den Verlust des Hauses 10.000 Euro bekommen. Zudem sind zinslose Kredite vorgesehen. Die Bürger wurden zu Spenden aufgefordert. Griechische Reeder zahlten bereits mehrere Millionen Euro ein. Genaue Angaben über die Zahl der Obdachlosen liegen nicht vor: Allein auf der Westseite der Insel Peloponnes sollen es 3000 sein.

Dass viele Brände absichtlich gelegt wurden, scheint für die griechische Regierung klar. Dafür gebe es etliche Hinweise wie Zeugenaussagen und Beweismittel, die weitere Untersuchungen erforderten, erklärte der für öffentliche Ordnung zuständige Minister Vyron Polydoras am Montag. Ein leitender Staatsanwalt ordnete inzwischen eine Untersuchung an, die feststellen soll, ob das vorsätzliche Entfachen eines Waldbrands als terroristischer Akt oder organisiertes Verbrechen eingestuft werden kann. Dies würde den Behörden mehr Befugnisse für Ermittlungen und Festnahmen geben. Auch Ministerpräsident Kostas Karamanlis, der für den 16. September eine vorgezogene Neuwahl des Parlaments angesetzt hat, deutete an, dass viele Brände absichtlich gelegt wurden.

Grundstückspekulanten legen Feuer

Totes Schaf am Wegesrand(Quelle: AP)
Totes Schaf am Wegesrand: Viele Einwohner haben auch ihr Vieh in den Flammen verlorenBild: AP

Die häufigsten Motive für Brandstiftung seien Bodenspekulation und Streit zwischen Nachbarn, sagt Theodota Nantsou vom griechischen Zweig der Umweltorganisation WWF. Die Erschließung von neuem Bauland durch Brandstiftung sei vor allem dort zu beobachten, wo die Immobilienpreise hoch seien - etwa in den Küstenregionen oder in der Umgebung von Athen. "Jeder kann dann bauen und die Beamten der Forstbehörde oder des Planungsamts bestechen", sagt Nantsou. Wenn erst einmal ein Haus auf dem Grundstück gebaut sei, werde es kaum wieder abgerissen.

Die Vereinigung von Immobilienmaklern in Athen teilt diese Analyse und empfiehlt deshalb die Einrichtung eines nationalen Waldregisters. "Der Staat sollte die betroffenen Gebiete sofort wieder aufforsten, in eine Karte eintragen und ohne weiteren Aufschub ein Waldregister erstellen", sagt Verbandspräsident Yiannis Revythis. Wenn ein Stück Land erst einmal offiziell als Waldgebiet ausgewiesen sei, werde es auch nicht in Brand gesetzt.

Demonstration gegen Regierung

Gestikulierender Dorfbewohner, im Hintergrund Feuer in einer Straße (Quelle: dpa)
Die Einwohner fühlen sich von Regierung und Behörden im Stich gelassenBild: picture alliance/dpa

Die griechische Regierung gerät wegen der verheerenden Waldbrände immer stärker unter Druck. Am Montag marschierten etwa 2000 Demonstranten in Athen zum Parlament und forderten den Rücktritt der Regierung. Die oppositionellen Sozialisten warfen ihr Unfähigkeit vor. Die Vorwürfe der Brandstiftung sollten lediglich davon ablenken, erklärten sie. (rri)