Rettungspaket für Griechenland wird geschnürt
29. April 2010Griechenland steht das Wasser bis zum Hals. Das hochverschuldete Land braucht bis zum 19. Mai zunächst etwa neun Milliarden Euro, um Anleihen zu bedienen. Doch das ist nur der Anfang. Insgesamt könnte Griechenland in den kommenden drei Jahren bis zu 135 Milliarden Euro brauchen, wie Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle sagt. Da sich Griechenland nach der Abstufung durch Rating-Agenturen auf dem internationalen Finanzmarkt praktisch keine Kredite mehr besorgen kann, soll das Geld von der EU und dem internationalen Währungsfond kommen. Allein Deutschland müsste mindestens 25 Milliarden Euro beisteuern.
An Hilfe für Griechenland führt kein Weg vorbei
Dass an der Griechenlandhilfe kein Weg vorbeiführt, hat – nach anfänglichem Zögern – inzwischen auch Bundeskanzlerin Angela Merkel eingesehen. Es gehe um die Stabilität der Euro-Region insgesamt, sagte Merkel am Mittwoch (28.04.2010) nach einem Treffen mit dem geschäftsführenden Direktor des Internationalen Währungsfonds Dominique Strauss-Kahn. "Dieser Verantwortung werden wir uns nicht entziehen", kündigte Merkel an.
Die Voraussetzung sei allerdings, dass Griechenland ein anspruchsvolles Programm akzeptiere, damit das Vertrauen der Märkte wieder hergestellt werden könne.
Wie dieses Sanierungsprogramm aussehen kann, daran arbeiten die Länder der Eurozone, die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds derzeit. Sollten sie sich einigen, dann soll die Hilfe schnell kommen, wie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagt. "Für diesen Fall würde die Bundesregierung anstreben - aber immer unter diesen Voraussetzungen - dass wir am Montag einen entsprechenden Gesetzentwurf beschließen." Damit würde die Bundesgarantie für die Kreditanstalt für Wiederaufbau übernommen, damit sich die staatseigene KfW-Bank an dem Kreditprogramm beteiligen kann. Innerhalb von nur einer Woche sollen die Zustimmung des Bundestags und des Bundesrats, also der Länderkammer eingeholt werden.
Trichet und Strauss-Kahn drängen auf schnelle Hilfe
Um den Ernst der Lage deutlich zu machen, kamen EZB-Präsident Jean-Claude Trichet und der geschäftsführende Direktor des IWF, Dominique Strauss-Kahn persönlich nach Berlin und sprachen drei Stunden lang mit dem Bundesfinanzminister und den Spitzen der Bundestagsfraktionen. Es sei extrem wichtig, dass die Gespräche in Athen innerhalb der nächsten Tage beendet würden, sagte Trichet anschließend und Strauss-Kahn ergänzte: "Die Kredithilfen müssen so schnell wie möglich auf den Weg gebracht werden. Jeder Tag, der verloren geht, verschlechtert die Situation." Das habe weitreichende Konsequenzen für die Europäische Union, aber auch weit über die EU hinaus.
Die EU befindet sich in der größten Krise ihrer bisherigen Geschichte, so viel ist klar. Denn nach Griechenland sind nun auch Portugal und Spanien von den Rating-Agenturen herabgestuft worden. Sind sie die nächsten Kandidaten für eine Nothilfe? Das fragen sich auch die Politiker der Opposition. Deutschland steckt in der höchsten Neuverschuldung der Geschichte, ein Ende ist nicht abzusehen. Trotzdem sollen Kredite in Milliardenhöhe gewährt werden. Kredite, die möglicherweise nie zurückgezahlt werden können. In der SPD wird daher Fundamentalkritik an der Finanzmarktpolitik der Regierung geübt. SPD-Chef Sigmar Gabriel schlug vor, die deutschen Hilfen für Griechenland durch eine Finanzmarktsteuer zu bezahlen. So würden auch die "Zocker und Spekulanten" an den Kosten der von ihnen verursachten Krise beteiligt.
Die Forderung vieler Oppositions- und Regierungspolitiker, Kreditinstitute direkt an der Sanierung Griechenlands zu beteiligen hat schlechte Chancen. Sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Finanzminister haben das ausgeschlossen.
Autorin: Sabine Kinkartz
Rdedaktion: Oliver Samson