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Einigung mit Troika

Jannis Papadimitriou18. März 2014

Nach monatelangem Tauziehen einigt sich die griechische Regierung mit der aus EU-Kommission, IWF und EZB bestehenden Troika auf weitere Finanzhilfen - im Gegenzug für Strukturreformen in Griechenland.

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Antonis Samaras am Rednerpult (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Damit dürfte nun der Weg frei sein für die Auszahlung der nächsten Tranche an Hilfskrediten in Höhe von rund neun Milliarden Euro. Diese Summe wird in Griechenland dringend benötigt, da Ende Mai Staatsanleihen in Milliardenhöhe zur Rückzahlung fällig werden.

"Es war die bisher schwierigste Verhandlung mit den Gläubigern", erklärte Finanzminister Ioannis Stournaras. "Ich glaube aber, dass wir viele unserer Ziele erreichen konnten", fügte er hinzu. Unstimmigkeiten gab es bis zuletzt bei dringend nötigen Struktur- und Verwaltungsreformen sowie bei der Liberalisierung des Arbeitsmarktes.

Dazu wollte Ministerpräsident Antonis Samaras noch keine Details verraten. Der konservative Regierungschef zeigte sich vor allem erfreut darüber, dass er rechtzeitig zur Europawahl den Schwächsten in der Gesellschaft finanziell unter die Arme greifen dürfe. Insgesamt eine Million Menschen würden unmittelbar von den Finanzhilfen in Höhe von 500 Millionen Euro profitieren, erläuterte Samaras.

Antonis Samaras und Ioannis Stournaras am Rednerpult (Foto: Reuters)
Ministerpräsident Samaras und Finanzninister Stournaras zeigten sich zufriedenBild: Reuters

Ein Hauch von Wahlkampf war bei seiner Rede nicht zu überhören: "Wir haben versprochen, einen Euro-Austritt Griechenlands zu verhindern und das haben wir auch geschafft. Wir haben versprochen, die Rezession hinter uns zu lassen und sind gerade dabei, dieses Versprechen zu erfüllen. Zudem haben wir versprochen, einen Teil unseres Überschusses an die Wirtschaft weiterzugeben, um das griechische Volk für seine außerordentlichen Aufopferungen zu belohnen. Und das tun wir jetzt", erklärte der Regierungschef.

Finanzhilfen im Gegenzug für Strukturreformen

Immer wieder spricht Samaras von einem neu erwirtschafteten "Primärüberschuss" im griechischen Haushalt. Das ist ein Plus ohne Berechnung der Zinsen, die Athen an die Gläubigerländer zahlen muss. Im Klartext: Laut Samaras nimmt Griechenland heute mehr Geld ein, als es ausgibt, wenn man die Zinsen nicht mitrechnet. Eine offizielle Stellungnahme aus Brüssel dazu wird nicht vor Ende April erwartet, doch der Regierungschef ließ es sich nicht nehmen, bereits am Dienstag (18.03.2014) die Auszahlung einer "sozialen Dividende" des griechischen Überschusses anzukündigen.

Zudem kündigte er eine Minderung von Sozialversicherungsbeiträgen ab Juli 2014 an, durch die der Arbeitsmarkt angekurbelt werden soll. Laut Samaras kämen die zugesagten Finanzhilfen vor allem den Ärmsten und den Obdachlosen zugute, aber nicht zuletzt auch "den Uniformierten, die weniger als 1500 Euro im Monat verdienen". Gemeint sind offenbar Polizisten und Berufssoldaten, die zur traditionellen Wahlklientel der konservativen Regierungspartei gehören.

Ein Obdachloser sitzt mit einem Schild auf dem "Habe Hunger" steht, auf dem Bürgersteig (Foto: picture alliance/Robert Geiss )
Einer von vielen: "Habe Hunger" steht auf dem Schild dieses Obdachlosen in GriechenlandBild: picture alliance/Robert Geiss

Erst am Schluss seiner Rede ging der Ministerpräsident auf die mit der aus EU-Kommission, IWF und EZB bestehenden Troika vereinbarten "wichtigen Strukturreformen" ein. Es gehe darum "der Wirtschaft Wachstumsimpulse zu geben, die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und die Preise zu reduzieren", erklärte Samaras. Derartige Reformen hätten andere europäische Länder bereits vor vielen Jahren durchgeführt und nun müsse auch Griechenland nachziehen, mahnte er.

Dabei geht es offenbar um die Abschaffung von regulatorischen Hemmnissen in nahezu allen Bereichen der griechischen Wirtschaft - von Sonderabgaben auf Nahrungsmittel über die Buchpreisbindung bis hin zu Verkaufsbeschränkungen für nicht verschreibungspflichtige Medikamente.

Unmut in der Regierungskoalition

Nach einem aktuellen Bericht der OECD ist Griechenland europäisches Schlusslicht bei der Liberalisierung der Wirtschaft. Sollten die Reformen dennoch verabschiedet werden, dürfte das nach Auffassung von Experten einen positiven Effekt von über fünf Milliarden Euro für die griechische Wirtschaft bedeuten. Aus diesem Grund pocht die Troika vehement auf Umsetzung der OECD-Empfehlungen - bislang ohne Erfolg. Der jüngsten Stellungnahme von Samaras ist immerhin zu entnehmen, dass die Wettbewerbsreformen nun Chefsache werden.

Samaras sollte allerdings nicht erwarten, dass seine Politik in der eigenen Regierungskoalition ohne Widerspruch bleibt. Beispiel Buchpreisbindung: Bei einem öffentlichen Auftritt am Dienstag stellte sich der konservative Abgeordnete und Ex-Bürgermeister von Athen Nikitas Kaklamanis gegen die Liberalisierung des Buchmarktes - und zwar nicht nur aus wirtschaftlichen, sondern auch aus patriotischen Gründen: In Griechenland sei ein Versuch im Gange, die Nation zu "enthellenisieren" und dazu gehöre eben auch die Trivialisierung des Buches.