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Musik

Jazzlegende Klaus Doldinger zum 85.

Suzanne Cords
12. Mai 2021

Mit seiner Band Passport hat Klaus Doldinger die deutsche Jazz-Szene geprägt. International machte er sich mit der Filmmusik zu "Das Boot" einen Namen.

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Düsseldorfer Jazz Rally Klaus Doldinger. Foto: Horst Ossinger/dpa - Bildfunk
Bild: picture-alliance/dpa/H. Ossinger

Mal leicht, mal getragen, dann wieder stakkatohaft und hart klingt Klaus Doldingers Musik. Wenn er in sein Saxophon bläst, dann funkt, rockt und swingt es. Oder die Töne beginnen zu schweben. Dann wippen die Füße, Köpfe kreisen versonnen. Doldingers Musik ist ein Klangerlebnis, jedes Mal aufs Neue. Am besten ist sie live zu erleben - doch derzeit macht die Corona-Pandemie dem Musiker einen Strich durch die Rechnung. Bühnenauftritte sind zurzeit nicht möglich, dabei ist Doldinger auch mit 85 noch voller Tatendrang. Er wünscht sich nichts sehnlicher, als bald wieder vor Publikum auftreten zu können,

"Ich hatte das Glück, Melodien zu erfinden, die bei den Menschen hängen bleiben", sagt der am 12. Mai 1936 in Berlin geborene und heute in Icking bei München lebende Komponist, Saxofonist und Bandleader von Passport. "Für mich war es entscheidend, dass man meine Stücke auch mal nachpfeifen und nachsingen kann."

Das ist ihm bestens gelungen. Jeden Sonntag um 20.15 Uhr erklingt Doldingers Krimi-Hymne in den Wohnzimmern vieler Deutschen. Wie das Augenpaar im Fadenkreuz des Trailers gehört seine Titelmelodie zur "Tatort"-Krimireihe. Es ist die bekannteste der vielen Film-Kompositionen, die der Jazz-Musiker als souveräner Gratwanderer zwischen den musikalischen Genres geschrieben hat.

Ohrwurm Tatort-Melodie

Der Sänger Udo Lindenberg neben Klaus Doldinger, Foto: picture-alliance/dpa/O. Stratmann
Revival eines Duos: Lindenberg und DoldingerBild: picture-alliance/dpa/O. Stratmann

Neben dem "Tatort"-Ohrwurm drückte er auch noch weiteren Filmen seinen musikalischen Stempel auf: "Das Boot", "Die Unendliche Geschichte" und "Salz auf meiner Haut" oder Fernsehserien wie "Liebling Kreuzberg", "Wolffs Revier" oder "Alles außer Mord". Doldingers Klänge hallen lange nach. So wurden viele Zuschauer zu Doldinger-Fans, ohne es zu wissen.

Als Musiker wurde er aber mit seiner 1971 gegründeten Band Passport berühmt . Erster Schlagzeuger war Udo Lindenberg. Für ihn ist Doldinger noch heute der "Jazz-Gott". Berührungsängste zwischen Kunst und Kommerz hatte Doldinger nie. "Es war ein Thema, aber man kann nicht einfach nur ein Register ziehen", erklärt er bescheiden. "Für mich war es immer wichtig, mit dem einen oder anderen Erfolg zu haben. Und ich hatte das Glück, damit existieren zu können."

Bühnenmusiker mit Leidenschaft

So arbeitete er schon zu Beginn seiner Karriere - unter dem Pseudonym Paul Nero - an Schallplatten, die sich "an internationalen Hitparaden" orientierten, wie er sich erinnert. Rechtzeitig zum 85. Geburtstag ist nun das Album "The First 50 Years Of Passport" erschienen. Insgesamt schrieb Doldinger rund 2000 Stücke. Mehr als 30 Alben hat die Band eingespielt, mehr als 50 Musiker eingesetzt und Deutschland als Jazz-Standort international auf die Karte gesetzt. 30 Tracks sind auf dem Doppel-Album zu hören, darunter natürlich die Soundtracks zu "Tatort", "Das Boot" und "Die unendliche Geschichte".

Begonnen hat Doldingers Karriere als Klarinettist bei der Düsseldorfer Dixieland-Band The Feetwarmers. 1960 gründete er die erste eigene Band (Oskar's Trio).  Seitdem hat er zwischen Avantgarde und Mainstream viel ausprobiert. Jazz, Rock, Blues und Soul sind genauso Quellen der Doldinger-Musik wie experimentelle elektronische Klänge und lateinamerikanische Rhythmen.

Von Avantgarde bis Mainstream

Alben wie "Handmade", "Cross-Collateral", "Running In Real Time" oder "Passport To Paradise" gehören heute zu den Klassikern des Jazz. Der gelernte Tontechniker Doldinger werkelt nicht nur gern im Studio. Er ist vor allem ein leidenschaftlicher Bühnenmensch. Auf mehr als 5000 Konzerte hat er es bisher gebracht. Als er 1960 durch die USA tourte, ernannte man ihn zum Ehrenbürger von New Orleans. Danach reiste er als "Botschafter des deutschen Jazz" für das Goethe-Institut durch rund 40 Länder. "Alles hat sich peu à peu ergeben", resümiert Doldinger sein Leben: "Ich hatte Glück, en gros."

Den halbrunden Geburtstag nimmt er gelassen. Seine Kinder und Enkelkinder halten ihn jung, sagt er und: "Man muss froh sein, wenn es einem ganz gut geht in dem Alter. Ich lasse es auf mich zukommen, wie sich das Leben entwickelt, und bete darum, dass der liebe Gott es gut mit uns meinen möge."

Zu den Gratulanten an seinem 85. gehört auch der erste Mann im Staat, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier: "Meine Glückwünsche gelten einer lebenden Jazz-Legende, einem kreativen Geist, der der improvisierten Musik stets neue, eigenständige Ausdrucksformen verleiht, einem Komponisten und Arrangeur, der mit unzähligen international führenden Jazzmusikern gearbeitet hat, und einem Lehrer und Künstler, dessen Werk die improvisierte Musik seit Jahrzehnten beeinflusst - kurzum: einem wahren Botschafter für den Jazz!" 

Dies ist die aktualisierte Fassung eines Artikels von 2016.

Suzanne Cords Weltenbummlerin mit einem Herz für die Kultur