„Globalisierung braucht einen international verbindlichen Wertekanon“ | Pressemappe | DW | 31.05.2013
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Pressemappe

„Globalisierung braucht einen international verbindlichen Wertekanon“

Erik Bettermann, Intendant der Deutschen Welle, im Interview. Fragen zum diesjährigen internationalen Medienkongress mit dem Thema „Die Zukunft des Wachstums – Wirtschaft, Werte und die Medien“.

Erik Bettermann, Intendant der Deutschen Welle

DW-Intendant Erik Bettermann

Frage: Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat eine breite Diskussion über Ökonomie und Werte ausgelöst. Ist das nur ein Medien-Hype oder ein drängendes Zukunftsthema?

Erik Bettermann: In der Tat beobachten wir eine tiefgreifende Wertediskussion um zentrale Aspekte unseres Wirtschaftslebens – nicht nur in Deutschland und vielen anderen Ländern Europas, sondern weltweit. Aktuelle Ereignisse wie beispielsweise Unglücke in Textilfabriken in Bangladesch zeigen die Bedeutung des Themas. Führen solche Katastrophen zu einem Umdenken in global agierenden Unternehmen und bei Verbrauchern? Wie kommen wir in der internationalen Arbeitsteilung zu unteilbaren, universellen Sicherheits- und Arbeitsstandards? Wollen wir, dass Marktgesetze weitere Gesellschaftsbereiche – wie Gesundheit und Altersvorsorge – beherrschen? Oder soll das Wohlergehen der Menschen im Mittelpunkt stehen? Die Diskussionen darüber werden in Bonn auf der Tagesordnung stehen und von den Medienvertretern in die Welt getragen.

Somit treffen wir mit dem diesjährigen Thema unseres Global Media Forum einen zentralen Nerv der aktuellen Agenda. Dabei geht es um weit mehr als um das Wohl und Wehe von Dax-Unternehmen oder die riesigen Löcher in vielen öffentlichen Haushalten. Jenseits weltwirtschaftlicher Eckdaten geht es bei dem Medienkongress um Verantwortung und Weichenstellungen für die Zukunft unseres Planeten. Für viele geht es um nicht weniger als die Frage: Wie wollen wir künftig leben?
Wir diskutieren in Bonn unter anderem, ob die Maxime „Jeder ist sich selbst der Nächste“ zum Leitmotiv unseres Handelns wird, oder ob wir – wie einst Ludwig Erhard – wieder „Wohlstand für alle“ als höchste Priorität ausgeben. Allerdings brauchen wir heute ein „Welt-Wirtschaftswunder“, das auch die Aspekte Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und Partizipation berücksichtigen muss. Es steht unter der Beobachtung durch eine immer kritischere Öffentlichkeit von traditionellen und Sozialen Medien. Ein international verbindlicher Wertekanon ist eines der zentralen Zukunftsthemen der Globalisierung. Hierfür müssen wir als Medienvertreter weltweit Bewusstsein schaffen. International agierenden Sendern kommt da eine besondere Rolle zu.

Wie kann das Deutsche Welle Global Media Forum dazu beitragen?

Hier kommen drei Tage lang Medienvertreter aus aller Welt mit Akteuren aus Wirtschaft und Politik, Entwicklungszusammenarbeit und Wissenschaft zusammen. Sie diskutieren Lösungsansätze für Herausforderungen der Globalisierung, bei denen Medien eine zentrale Rolle spielen. Unser internationaler Medienkongress hat sich als einzigartige Plattform hierfür etabliert. Zahlreiche Organisationen und Institutionen beteiligen sich als Partner und bringen ihre Erfahrungen und Kontakte in mehr als 50 Veranstaltungen ein. Namhafte Persönlichkeiten bereichern die Konferenz mit ihrer Perspektive. So freue ich mich beispielsweise auf den Vortrag von Noam Chomsky, der sich mit der Frage auseinandersetzt, wie wir zu einer gerechteren Welt kommen. Er ist nicht nur einer der bekanntesten Kritiker der Globalisierung, sondern gilt auch als der geistige Vater der Occupy-Bewegung.

Müssen Medien Wirtschaftsthemen heute anders erzählen, um Zusammenhänge und Folgen der Globalisierung lokal verständlich zu machen?

Medien müssen die ökonomischen Prozesse durch eine umfassende Darstellung, durch Hintergrundinformationen und Analysen begleiten und einordnen. Sie müssen bei der Berichterstattung alle Player auf dem Spielfeld der Ökonomie und Ökologie im Blick haben: Unternehmer wie Arbeitnehmer, Produzenten wie Konsumenten, und zwar in Industrie-, Transformations- und Entwicklungsländern. Medien müssen die Zusammenhänge erhellen, die internationalen Verflechtungen und Abhängigkeiten deutlich machen. Hier sind international agierende Sender wie die Deutsche Welle besonders gefragt, denn sie erreichen Menschen in jedem Winkel der Welt.

Journalisten müssen bei der Aufbereitung von Wirtschaftsthemen heute mehr denn je auch den Dschungel der Begriffswelt lichten, die Dinge erläutern und mit Leben füllen, wenn von Green Economy oder Global Governance, von Joint Ventures und Corporate Social Responsibility die Rede ist. Wir brauchen stets Beispiele, die vor Ort verstanden werden. Wir müssen neue Formate entwickeln, um komplexe Wirtschaftsthemen verständlich und alltagsbezogen vermitteln zu können. Im Miteinander von Wirtschaft, Medien und Öffentlichkeit muss sich ein Konsens herausbilden, welche Werte unternehmerische Praxis, Wirtschaft allgemein und Wirtschaftspolitik im 21. Jahrhundert prägen sollen. Aufgabe der Medien ist es, Information zu liefern und Transparenz zu schaffen. Damit fördern sie letztlich Demokratie und Zivilgesellschaft – was wiederum eine Grundlage für Investitionen und damit für Wohlstand ist.

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