Global Media Forum: Standpunkte zur Krisenkommunikation | Start | DW | 24.06.2015
  1. Inhalt
  2. Navigation
  3. Weitere Inhalte
  4. Metanavigation
  5. Suche
  6. Choose from 30 Languages

Start

Global Media Forum: Standpunkte zur Krisenkommunikation

Wie sollten Zivilgesellschaft und Medien in Konflikten kommunizieren? Lassen sich Krisen durch eine entsprechende Kommunikation verhindern? Lesen Sie hier die Standpunkte der Teilnehmer unseres Workshops.

Besonders in Krisen- und Konfliktsituationen ist ungehinderte, transparente Kommunikation zwischen Politik, Medien und zivilgesellschaftlichen Akteuren unerlässlich. Doch oftmals stockt der Informationsfluss. Journalisten seien Bedrohungen ausgesetzt, die Bevölkerung misstraue den Journalisten, die wiederrum der Regierung misstrauen. Bei einem Workshop der DW Akademie auf dem Global Media Forum 2015 sprachen Experten über ihre Erfahrungen in verschiedenen Konfliktsituationen.


Sandra van Edig, Projektmanagerin Niger und Marokko der DW Akademie
Ohne geschulte Journalisten bleibt der Bürger stumm

Afrika ist ein Kontinent der Veränderung. Klimatisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich - eine dynamische Zeit voller Spannungen und Konflikte. Es geht hier nicht nur um internationale Krisen und Kriege, die über die Medien nach außen dringen. Es geht um alltägliche Auseinandersetzungen, die Todesopfer und tragische Konsequenzen mit sich bringen. Und die Keime für weitere Krisen sind. Medien sollten hier krisenpräventiv arbeiten.

In Niger habe ich über viele Jahre festgestellt, dass das oft nicht der Fall ist, weder in den lokalen noch nationalen Medien. In Gesprächen mit Kollegen und nach vielen Trainingseinsätzen habe ich verstanden, dass Medienschaffende Beteiligte zwar zu Wort kommen lassen wollen - doch aus Angst, Konflikte zu schüren - vor allem in einer spannungsgeladenen Zeit - und wegen fehlender konfliktsensibler Werkzeuge meiden sie diese Art der Berichterstattung. Und die Bürger bleiben stumm.
Doch durch sensibilisierte Medienmacher, kann diese Situation verbessert werden. Vor allem Lokalmedien sollten ausreichend mit Kompetenz und Kapazitäten ausgestattet werden, um einerseits ein wichtiges Sprachrohr für die Menschen zu werden und andererseits eine entscheidende Rolle in der Krisenprävention zu übernehmen. In Niger führt die DW Akademie deshalb seit 2012 ein vom Auswärtigen Amt finanziertes Projekt zu konfliktsensibler Berichterstattung durch.


Kyryl Savin, Ländermanager Ukraine der DW Akademie
Transparenz und Ehrlichkeit sind wichtige Prinzipien der politischen Kommunikation

Das Vertrauen der Bevölkerung ist der größte Schatz, den Politiker und Staatsmänner haben können. Gerade in Krisenzeiten und im schwierigen Prozess der demokratischen Transformation ist es entscheidend, dass die führende politische Elite des Landes ihre Mitbürger durch transparente Kommunikation auf ihrer Seite hat.

Die Majdan-Revolution in der Ukraine wurde nicht zuletzt durch sehr ungeschickte, äußerst intransparente und nicht konsequente Informationspolitik des damaligen Präsidenten Janukowytsch verursacht. Ukrainische Bürger fühlten sich aufgrund des nicht unterzeichneten EU-Assoziierungsabkommen betrogen und gingen auf die Straße. Präsident Poroschenko scheint diese Fehler der Kommunikation gegenüber der eigenen Bevölkerung zu wiederholen. Die heutige Kommunikationslinie der Regierung und des Präsidenten ist sehr sparsam und wenig transparent. Die meisten ukrainischen TV-Sender berichten sehr einseitig und wenig kritisch über den Krieg in Donbass, darunter leidet die Zivilgesellschaft. Dadurch ist die nächste innenpolitische Krise in der Ukraine leider vorprogrammiert.


Gerlind Vollmer, Trainerin für konfliktsensible Kommunikation der DW Akademie
Reden ist Silber - Schweigen ist Gold. Ein Sprichwort, das für Krisenkommunikation total untauglich ist

Ein Beispiel: Ein Kreuzfahrtschiff mit israelischen Touristen legt am Kai von La Goulette an. Die Touristen freuen sich auf die Besichtigung der Medina von Tunis, doch daraus wird nichts. Ihnen wird der Landgang verweigert, so geschehen im März 2014. Die Reederei macht den Vorfall öffentlich, die internationalen Medien steigen ein - es wird zum Skandal, ein ungeheurer Imageschaden für das vom Tourismus abhängige Land. Und die Pressestelle des zuständigen tunesischen Innenministeriums reagiert - zunächst gar nicht. Erst als die Wogen der Empörung immer höher schlagen, veröffentlicht das Ministerium auf seiner Facebook-Seite eine lapidare Meldung: Eine Gruppe von 14 Touristen sei am Betreten von tunesischem Gebiet gehindert worden, weil sie die gesetzlichen Bedingungen für eine Einreise nicht erfüllt hätten.

Doch in Wirklichkeit lag der Fehler bei der Reederei, die im Vorfeld versäumt hatte, ein entsprechendes "laissez-passer", das es Kreuzfahrttouristen ermöglicht an Land zu gehen, zu beantragen. Hätte das Innenministerium sofort reagiert, schnell und präzise die Fakten geklärt, hätte der internationalen medialen Empörung der Wind aus den Segeln genommen werden können. Daher gilt für die Kommunikation in politisch instabilen Verhältnissen und für Krisenkommunikation im Besonderen die Abwandlung des Sprichwortes: Reden ist Gold, Schweigen ist nicht einmal Silber.

  • Datum 24.06.2015
  • Drucken Seite drucken
  • Permalink https://p.dw.com/p/1FmxO
  • Datum 24.06.2015
  • Drucken Seite drucken
  • Permalink https://p.dw.com/p/1FmxO