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Gipfel mit Symbolkraft

30. November 2010

Zum dritten europäisch-afrikanischen Gipfel haben rund 80 Staaten ihre Regierungschefs oder Außenminister in die libysche Hauptstadt Tripolis geschickt. Bundesaußenminister Guido Westerwelle vertritt Deutschland.

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Aussenminister und Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP, l.) und Oberst Muammar Al-Gaddafi unterhalten sich am Montag (29.11.10) in Tripolis (Libyen) im Rahmen des dritten EU-Afrika-Gipfels. (Foto: dapd)
Außenminister Westerwelle mit Gastgeber GaddafiBild: AP

"Die Tatsache, dass ich hier bin, unterstreicht, wie groß das Interesse Deutschlands am afrikanischen Kontinent ist." Das betonte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle zu Beginn des dritten europäisch-afrikanischen Gipfels. Dessen Fokus liegt auf Wirtschaftswachstum, Investitionen und Arbeitsplätzen - Themen, die sowohl für die europäischen wie für die afrikanischen Staaten zentral sind. Sie entscheiden darüber, wie viele Menschen Afrika verlassen, um in Europa ihre Zukunft zu suchen, und darüber, ob Afrika in der globalen Wirtschaftsentwicklung aufholen kann.

Afrika: Schlüsselthema im Sicherheitsrat

Für die Bundesregierung sind die Beziehungen zum afrikanischen Kontinent ein Schlüsselthema. Als nicht-ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat ist Deutschland mit vielen afrikanischen Themen konfrontiert. Dazu gehören im kommenden Jahr vor allem die Sicherheitslage am Horn von Afrika, speziell in Somalia, und das geplante Referendum im Südsudan. Dort will Deutschland sich besonders engagieren. Insgesamt befassten sich mehr als zwei Drittel aller Fragen, die im Sicherheitsrat behandelt würden, mit Afrika, unterstrich Westerwelle in Tripolis. Deutschland setze sich darum dafür ein, dass der afrikanische Kontinent eine ständige Vertretung in diesem Gremium bekomme.

Gaddafi mit Van Rompuy (Foto: ap)
Gaddafi mit Van RompuyBild: AP

Dieser Gipfel hat vor allem politische Symbolik: Er repräsentiert die einzige "strategische Partnerschaft", die zwei ganze Kontinente geschlossen haben, weil beide Staatengemeinschaften wissen, wie wichtig sie füreinander sind. Darum hat die EU auch Kommissionspräsident José Manuel Barroso und den Präsidenten des Europäischen Rats, Herman Van Rompuy, nach Tripolis geschickt. Rund 1,6 Milliarden Menschen werden von den Gipfelteilnehmern vertreten - im Sitzungssaal sehen sie ihr Gegenüber kaum, so groß ist die Runde. Offene Diskussionen finden nicht hier statt, sondern auf den Fluren vor dem Saal oder beim Abendessen.

Meinungsunterschiede: Handel, Migration, Klima

Doch auch in den förmlichen Sitzungen werden die Meinungsunterschiede deutlich. So lehnen die afrikanischen Staaten bilaterale Handelsabkommen ab, die die afrikanischen Märkte für europäische Güter freigeben sollen. Sie wünschen sich mehr finanzielle Unterstützung, um Migration besser steuern und sie von Europas Außengrenzen fernhalten zu können. Und bisher sind sie noch nicht bereit, ein geplantes gemeinsames Klima-Abkommen auch wirklich zu verabschieden und damit vor dem Klimagipfel von Cancun Einigkeit zu demonstrieren.

Afrikaner in Holzboot auf dem Weg nach Spanien (Foto: ap)
Afrikaner auf dem gefährlichen Weg nach EuropaBild: AP

Die Vertreter der EU reagieren überwiegend diplomatisch und bleiben allgemein. Klartext sprechen sie selten, sagen Beobachter. Dabei hätten sie konkrete Fragen: Warum flieht afrikanisches Kapital überwiegend ins westliche Ausland? Warum wird die regionale Zusammenarbeit nicht schneller betrieben? Warum hat Entwicklungshilfe in Milliardenhöhe keine Arbeitsplätze geschaffen?

Gaddafi auf dem EU-Afrika-Gipfel (Foto: EPA)
Bild: picture-alliance/dpa

Eher gelassen nahmen die Europäer auch die mehr als einstündige Eröffnungsrede des libyschen Staatschefs und Gipfelgastgebers Muammar al-Gaddafi auf. Der für seine ebenso skurrilen wie aggressiven rhetorischen Attacken bekannte Exzentriker verglich Weltbank, Weltwährungsfonds und die Welthandelsorganisation mit Terrororganisationen, die schlimmer seien als Al Qaida. Afrika sei auf Europa nicht mehr angewiesen, so Gaddafi, weil auf dem Kontinent längst andere Akteure wie China oder die lateinamerikanischen Staaten investierten.

"Wir setzen auf Partnerschaften"

Fakt ist: Europa ist bisher der wichtigste Handelspartner Afrikas und der größte Akteur in der Entwicklungszusammenarbeit. Im Unterschied zu anderen möchte Europa, dass sich der afrikanische Kontinent nachhaltig entwickelt - dieses Signal soll der Gipfel in Tripolis aussenden. Der deutsche Außenminister erklärte, worin sich das deutsche Engagement in Afrika vom chinesischen unterscheide: "Die Philosophie deutschen Engagements in Afrika sieht anders aus: Wir gehen nicht rein, investieren, nehmen die Gewinne mit und gehen wieder raus. Sondern wir gehen rein, bilden Partnerschaften, sorgen für Entwicklung und dafür, dass wir im gegenseitigen Interesse auch langfristig einen guten Weg nehmen. Deutsches Engagement in Afrika ist kein kurzfristiges Engagement für den einen oder anderen wirtschaftlichen Erfolg. Deutsches Engagement in Afrika ist ein langfristiges Engagement zum gegenseitigen langfristigen Nutzen."

Nicht nur Entwicklungspolitik

Deutsche Afrikapolitik müsse umfassend sein und mehr als nur entwicklungspolitische Begleitung. Das sei schließlich auch im Interesse Deutschlands, so Guido Westerwelle: "Wir reden hier von einer Milliarde Menschen, davon sind 40 Prozent jünger als 15 Jahre. Der größere Teil einer sehr dynamischen, auch wirtschaftlich dynamischen Entwicklung liegt noch vor Afrika. Da sollte Europa dabei sein. Und da wird Europa auch dabei sein!"

Autorin: Ute Schaeffer
Redaktion: Klaudia Pape