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Gibt Kriegsfürst Kony auf?

Daniel Pelz 22. November 2013

LRA-Chef Joseph Kony gehört zu Afrikas brutalsten Rebellenführern. Jetzt ist er angeblich bereit, aufzugeben. Doch viele seiner Opfer bleiben skeptisch.

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Eine Portraitaufnahme von Joseph Kony aus dem Jahr 2006. Foto: STUART PRICE/AFP/Getty Images
Bild: Stuart Price/AFP/Getty Images

Ergibt er sich oder ergibt er sich nicht? Seit am Mittwoch (20.10.2013) bekannt wurde, dass LRA-Chef Joseph Kony mit dem Präsidenten der Zentralafrikanischen Republik über seine mögliche Aufgabe verhandeln will, stellen sich in Ostafrika viele diese Frage.

Das "Dschungel-Phantom", wie Kony in den Medien gern genannt wird, ist der wohl mysteriöseste Rebellenführer Afrikas. 1987 begann er mit seiner "Widerstandsarmee des Herrn", der LRA (Lord Resistance Army), den Kampf in Norduganda. Seine Mission sei es, Uganda in einen Staat nach den biblischen Geboten zu verwandeln, gab Kony damals an. Stattdessen wütete die LRA mit unvorstellbarer Gewalt. Sie soll mehr als 70.000 Kinder verschleppt und als Kindersoldaten und Sexsklaven missbraucht haben. 2005 zog sich die Gruppe in die Demokratische Republik Kongo zurück; seitdem operiert sie dort, im Südsudan und in der Zentralafrikanischen Republik.

Frühere Verhandlungen blieben erfolglos

Entsprechend skeptisch sehen Experten die Berichte über Konys Verhandlungsbereitschaft. "Es ist nicht das erste Mal, dass Kony behauptet, er wolle aufgeben", sagt der Politologe Ali Mutasa aus Uganda. Mutasa spielt darauf an, dass es schon von 2006 bis 2009 Verhandlungen mit der LRA gab. Mehrfach sollte ein Friedensvertrag unterschrieben werden, doch Kony tauchte nicht auf. Offizielle Begründung: Erst müsste der Internationale Strafgerichtshof den Haftbefehl zurücknehmen, den er für Kony im Jahr 2005 ausgestellt hatte. Doch das Gericht lehnte ab.

Zwei ugandische Soldaten auf Streife im DR Kongo. Foto: AFP/Getty Images
Ugandische Soldaten jagen Joseph Kony seit JahrenBild: STRINGER/AFP/Getty Images

Die USA halten auch das aktuelle Verhandlungsangebot für ein taktisches Manöver Konys, um sich eine Atempause zu verschaffen. "Joseph Kony und seine Kommandeure haben in der Vergangenheit jeden Vorwand genutzt, um sich zu erholen, sich neu zu gruppieren und neu zu bewaffnen", schreibt das US-Außenministerium in einer Stellungnahme. Abou Moussa, UN-Sonderbotschafter für Zentralafrika, glaubt dagegen, dass Joseph Kony schwer erkrankt ist und deswegen aufgeben will.

"Ich halte das für einen Witz"

Ob persönliche oder militärische Gründe: Der Druck auf die LRA ist in den letzten Monaten ständig gestiegen. Unterstützt von Militärberatern aus den USA suchen rund 2500 ugandische Soldaten im dichten Regenwald im Osten der Demokratischen Republik Kongo nach Kony. Dort soll er sein Hauptquartier haben. Zusätzlich stellt jetzt auch die Afrikanische Union eine eigene Truppe aus 3000 Soldaten. Auch wenn Kony bisher jedem Angriff ausweichen konnte: Eine Reihe seiner Rebellen sind desertiert, zudem konnte die ugandische Armee in den letzten Jahren eine Reihe LRA-Kommandanten festnehmen oder töten. Gerade einmal 300 Rebellen sollen den Kern der LRA ausmachen.

In Uganda reagieren die Menschen zurückhaltend auf die neue Entwicklung. Mehr als zwei Millionen Menschen mussten während des Bürgerkrieges zwischen der LRA und der ugandischen Armee ihre Dörfer im Norden des Landes verlassen. Der UN-Nothilfekoordinator Jan Egeland nannte den Konflikt damals "die größte vergessene humanitäre Katastrophe der Welt". Dass Konys Angebot ernst gemeint ist, glaubt daher kaum jemand. "Ich halte das für einen Witz. Wir haben schon früher gehört, dass Kony sich ergeben möchte. Ich nehme das nicht ernst", sagte eine Passantin in Ugandas Hauptstadt Kampala der DW.

Eine Reihe Vertriebener steht Schlange als Hilfsgüter verteilt werden Foto: ddp images/AP Photo
Mehr als zwei Millionen Menschen in Norduganda mussten ihre Dörfer verlassenBild: AP

Dialog als Weg nach vorne?

Trotzdem gibt es in Norduganda auch Stimmen, die für neue Verhandlungen plädieren. "Der Weg nach vorne heißt jetzt: Dialog, Verhandlungen, Versöhnung, Vergebung", sagte Matthew Odongo, früherer Sekretär der "Friedensinitiative religiöser Acholi-Führer". Die Friedensinitiative - ein Zusammenschluss religiöser Würdenträger christlicher Kirchen und islamischer Verbände - nahm an den erfolglosen Verhandlungen mit Kony in der Vergangenheit teil. Odongo glaubt nach wie vor, dass sich der Konflikt nicht militärisch lösen lässt - Verhandlungen sind für ihn die einzige Lösung. Doch ob diese jetzt oder später zum Erfolg führen, hängt vor allem von einem ab: dass das "Dschungel-Phantom" sie ernst nimmt.