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Gewinner und Verlierer unter Flick

Tobias Oelmaier
15. November 2021

Die Bilanz von Hansi Flick ist makellos: sieben Siege in sieben Spielen. Wer konnte sich unter dem neuen Bundestrainer voll entfalten? Wer muss bei der WM im kommenden Jahr zuschauen?

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Armenien - Deutschland
Leroy Sane (r.) ist der größte Gewinner im DFB-Team seit dem Trainerwechsel. Bild: Alexander Hassenstein/Getty Images

Nach 59 Minuten hob der Schiedsrichter-Assistent in Eriwan die Tafel mit der Nummer 19 in die Höhe. Leroy Sane war damit gemeint. Der Offensivspieler durfte vom Platz, für ihn kam Dortmunds Julian Brand ins abschließende Spiel der WM-Qualifikation in Armenien. Sane hatte nicht seinen besten Tag - ein paar Dribblings, ein paar Vorlagen, ein, zwei Torchancen - das war es. Und dennoch war in seinem Gesicht keine Enttäuschung zu erkennen. Sane wirkt gefestigt, jetzt, wo er in den letzten Wochen zu einem der Leistungsträger im DFB-Team geworden ist. Er ist einer der Top-Gewinner unter dem immer noch neuen Bundestrainer Hansi Flick.

Sane ist das Symbolbild schlechthin dafür, wie schnell sich alles ändern kann im Fußball. Vor ein paar Wochen schlich der Bayernprofi noch mit hängenden Schultern über den Platz, bekam nur noch sporadisch Einsatzzeiten, wurde von den eigenen Fans in München ausgepfiffen. Die Reise zur Nationalmannschaft wurde für ihn zur Reha-Maßnahme, Flick setzte ihn trotz der Formschwäche ein. Seitdem wirkt der 25-Jährige wie ausgewechselt, auch im Verein. In der Nationalmannschaft war er in diesem Jahr der Mann mit den meisten Einsätzen (15), wenn auch nicht mit den meisten Einsatzminuten, machte zudem fünf Tore.

Die Innenverteidigung formiert sich

Neben ihm gehören auch die Verteidiger Antonio Rüdiger und Thilo Kehrer zu den Profiteuren des Trainerwechsels. Rüdiger kristallisiert sich immer mehr als Abwehrchef heraus, Kehrer kann sowohl zentral defensiv, als auch außen spielen, wo es im DFB-Team seit Jahren eine Vakanz gibt. Im defensiven Mittelfeld sind nach dem Rücktritt von Weltmeister Toni Kroos Joshua Kimmich und Leon Goretzka gesetzt. Dass Ilkay Gündogan jedoch mehr als nur eine Alternative für den Notfall ist, zeigt schon die Tatsache, dass Flick den 31-Jährigen nach der misslungenen Europameisterschaft im Sommer zum Weitermachen überredet hat. Flick setzt auch weiter auf den Mann von Manchester City, der gegen Armenien mit zwei Treffern glänzte.

Fußball | WM Qualifikation | Deutschland - Armenien
Antonio Rüdiger (r.) ist der neue Abwehrchef, Niklas Süle (2.v.r.) möglicherweise die Nummer zwei in der InnenverteidigungBild: Pressebildagentur ULMER/picture alliance

Das Mittelstürmerproblem konnte auch Hansi Flick trotz der beeindruckenden Bilanz von sieben Siegen in sieben Spielen gegen zugegebenermaßen eher leichte Gegner noch nicht lösen. Es gibt ja kaum einen. Mal durfte sich Kai Havertz versuchen, mal der - egal auf welcher Position - gesetzte Thomas Müller, mal Julian Reus, mal Timo Werner. Am ehesten dürfte Karim Adeyemi dem Anforderungsprofil entsprechen. Einen weiteren Beleg dafür musste das Super-Talent von RB Salzburg aber schuldig bleiben. Er wurde als Kontaktperson des Corona-infizierten Niklas Süle vor dem Länderspiel gegen Liechtenstein nach Hause geschickt. Dennoch darf sich der gebürtige Münchener große Hoffnungen machen, in gut einem Jahr in Katar dabei zu sein.

Zeit von Hummels und Boateng wohl abgelaufen

Echte Verlierer gibt es bisher kaum - zumindest tut Flick viel dafür, keinem der infrage kommenden Spieler dieses Gefühl zu geben. Corona-Infektionen, Quarantäne, Verletzungen, Sperren und die von ihm gern propagierte Belastungssteuerung führten dazu, dass der Kreis der Kandidaten weiter groß ist. So bekamen auch Newcomer wie Hoffenheims David Raum oder Jonathan Burkhardt vom FSV Mainz 05 ihre Chancen, andere scheinbar schon Abgeschriebene wie Julian Draxler oder Maximilian Arnold durften in den Kader zurückkehren.

Auffällig ist lediglich, wer - wenn auch aus unterschiedlichen Gründen - zuletzt nicht mehr berücksichtigt wurde: Die Zeit von Jerome Boateng und Mats Hummels dürfte nun tatsächlich abgelaufen sein, Marcel Halstenberg und Lukas Klostermann hatten immer wieder Verletzungen aus der Bahn geworfen, Emre Cans Einsätze werden immer sporadischer. Und Wunderkind Youssoufa Moukoko hat den Sprung in die A-Elf noch nicht geschafft  Aber Flick wäre nicht Flick, würde er hier schon die Tür zuschlagen. Er weiß, wie schnell sich Situationen ändern können, sich Stammspieler verletzen und anderen plötzlich zur Hochform auflaufen. Siehe Leroy Sane.