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Putins Kandidatur

27. September 2011

Die Reaktionen in Deutschland auf Putins Kandidatur für das Präsidentenamt lassen in den deutsch-russischen Beziehungen erst einmal einen Stillstand erwarten, meint Ingo Mannteufel.

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Bild: DW

Die Ankündigung von Wladimir Putin, für das russische Präsidentenamt im März 2012 zu kandidieren, was seine sichere Rückkehr in den Kreml bedeutet, ist in Deutschland mit wenig Begeisterung aufgenommen worden: Die Reaktionen schwanken zwischen diplomatischer Höflichkeit und deutlicher Kritik.

Portrait von Ingo Mannteufel, Leiter der Russischen Redaktion der DW (Foto: DW)
Ingo Mannteufel ist Leiter der Russischen Redaktion der Deutschen WelleBild: DW

So ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel – ganz im Einklang mit internationalen Gepflogenheiten – zurückhaltend erklären, dass die Bundesregierung keine Entscheidungen ausländischer Parteien kommentiere und mit jedem russischen Präsidenten gut zusammenarbeiten werde. Das war eine politisch korrekte Äußerung. Freude und Beifall sehen anders aus.

Andere deutsche Politiker – insbesondere von der Opposition – hielten sich mit ihrer Kritik nicht zurück. Sie äußerten offen ihren Unmut über die Defizite im politischen System Russlands. Putins Absicht, in den Kreml als Präsident zurückzukehren, wird vielfach als Ausdruck gesehen, dass sich Russland nicht modernisiere, sondern politische und auch wirtschaftliche Stagnation zu erwarten sei. Diese Kritik fand sich ebenfalls in vielen deutschen Medien, die die eigenartige und undemokratische russische Rochade teilweise mit Ironie und Witz kommentierten.

Keine Verschlechterung zu erwarten

Solange Putin in seiner künftigen Politik als Präsident nicht auf Konfrontationskurs mit dem Westen setzt, ist mit keiner Verschlechterung in den russisch-deutschen Beziehungen zu rechnen: Zwischen Russland und Deutschland existiert eine strategische Partnerschaft, die insbesondere in Wirtschafts- und Energiefragen seit Jahren gerade auch für die deutsche Seite nützlich und gewinnbringend ist.

In Deutschland wie auch in den anderen europäischen Staaten und den USA wird man sich zwangsläufig an Putin in seiner neuen alten Rolle gewöhnen, selbst wenn so mancher westliche Politiker auf eine zweite Amtszeit Medwedews gehofft haben mag. Zudem sind Deutsche, Europäer und Amerikaner gegenwärtig mit ihren eigenen massiven Problemen beschäftigt.

Keine neuen Impulse

Doch neue Impulse für die deutsch-russischen Beziehungen sind durch Putins geplante Rückkehr in den Kreml ebenfalls nicht zu erwarten. Zu erinnern ist an die zurückhaltende Reaktion von Angela Merkel auf Putins Vorschlag vom November 2010. Der russische Regierungschef hatte sich für eine "Wirtschaftsgemeinschaft von Lissabon bis Wladiwostok" ausgesprochen. Künftig "kämen auch eine Freihandelszone, gar noch fortgeschrittenere wirtschaftliche Integrationsformen in Frage", so Putin. Merkel reagierte skeptisch und sagte schon damals, dass die Entwicklung Russland dafür nicht in die richtige Richtung laufe.

Es darf auch nicht vergessen werden, dass noch immer Russlands WTO-Mitgliedschaft aussteht. Die Aussichten für ein neues EU-Russland-Abkommen sind ebenso trübe. Sollte die Modernisierung unter Putin nicht vorankommen, wie viele deutsche Experten erwarten, werden Investitionen kleinerer und mittlerer Unternehmen aus Deutschland aufgrund der mangelnden Rechtssicherheit in Russland ausbleiben. Die deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen würden sich dann auf die Großunternehmen beschränken, die bereits jetzt schon aktiv sind. Neue Initiativen sind nicht in Sicht. Die Befürchtung ist nicht gering, dass trotz des großen Potentials die deutsch-russische strategische Partnerschaft nun an ihre Grenzen stößt.

Autor: Ingo Mannteufel
Redaktion: Bernd Johann