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George W. Bush – Präsident einer gespaltenen Nation

Daniel Scheschkewitz, Washington3. November 2004

Das Warten hat ein Ende: Der demokratische Präsidentschaftsbewerber John Kerry hat seine Niederlage eingestanden, George W. Bush ist der alte und neue Präsident der USA. Die Auswirkungen kommentiert Daniel Scheschkewitz.

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John Kerry ist ein kluger Mann. Er wusste, dass er den Bogen nicht überspannen durfte. Auch wenn die Enttäuschung unter seinen Anhängern groß ist, der Rückstand von über 100.000 Stimmen im Schlüsselstaat Ohio war nicht mehr einzuholen, auch wenn man jede Stimme noch dreimal gezählt hätte. Ein juristisches Tauziehen, wie vor vier Jahren konnte Kerry der Nation aber auch deshalb nicht zumuten, weil anders als bei der Wahl im Jahr 2000 Bush auch an absoluten Stimmen eine deutliche Mehrheit im Lande erhalten hat.

Daniel Scheschkewitz

Den Ausschlag gab das enorme Sicherheitsbedürfnis der Amerikaner, das nur vor dem Hintergrund der Terroranschläge vom 11. September zu verstehen ist. Bush hat dieses Thema im Wahlkampf gnadenlos strapaziert und dieses Konzept ist aufgegangen.

Nicht unterschätzen sollte man aber auch den Mobilisierungseffekt, den Bushs moralkonservative Wahlkampfthemen hatten. Amerika ist vor allem in der Provinz ein zutiefst religiöses Land, in dem homosexuelle Ehen, die Abtreibung ungeborenen Lebens oder auch nur die Forschung mit Stammzellen als Bruch gegen christliche Gebote empfunden werden.

John Kerry hat es dagegen nicht verstanden, die Kräfte des urbanen, modernen Amerikas ausreichend zu mobilisieren. Dazu fehlte ihm das Charisma eines Bill Clinton oder John F. Kennedy. Der Senator aus Massachusetts blieb über weite Strecken ein blasser Kandidat.

Was bedeutet dieses Wahlergebnis für die Zukunft Amerikas? Angesichts des tiefen Risses, der durch das Land geht, wird Präsident Bush in seiner zweiten Amtszeit vor allem ausgleichen und Wunden heilen müssen. Ob er zur Integration fähig ist, wird man abwarten müssen.

Dies gilt auch für die Außenpolitik. Präsident Bush wird sich gegenüber den Gegnern des Irakkrieges konziliant zeigen, in der Sache aber hart bleiben. In Paris und Berlin weiß man nun, woran man ist. Berechenbarkeit kann auch ein Vorteil sein. Vor allem dann , wenn mit den Atomprogrammen im Iran und in Nordkorea die nächsten Herausforderungen für die transatlantische Partnerschaft bereits den Horizont verdunkeln.

Jetzt muss nach vorne geschaut werden. Amerika hat gesprochen. Europa, insbesondere Deutschland, sollte mit dem Ergebnis nicht lange hadern, sondern seinen eigenen Beitrag für einen Neunanfang im transatlantischen Verhältnis leisten. Dabei darf auch eine Hilfe für den Wiederaufbau im Irak nicht tabu sein.