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Georg-Büchner-Preis

Hadwiga Fertsch-Röver 17. Juni 2008

Der Österreicher Josef Winkler erhält in diesem Jahr den wichtigsten Literaturpreis in Deutschland. Tod, Trauma und Homosexualität sind einige seiner Themen.

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Der glückliche Preisträger: Josef Winkler (Foto: dpa)
Der glückliche PreisträgerBild: picture-alliance/dpa

"Der Pfarrer des Dorfes sagte, dass es Dinge gibt, über die man nicht sprechen sollte", erzählt der frischgebackene Preisträger. "Und ich wollte um so mehr über Dinge zu sprechen, über die man nicht spricht. Nur diese Dinge interessieren mich und nichts anderes." Sprechen - das war Josef Winklers großes Bedürfnis. Auch zu Hause. Winkler wuchs auf als sechstes Kind einer Bauernfamilie. Dort herrschte in der Regel Sprachlosigkeit. Am Dienstag (17.6.2008) teilte die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung mit, dass Josef Winkler den Georg-Büchner-Preis 2008 erhält.

Josef Winkler wurde 1953 in Kärnten geboren. Seinen ersten Roman veröffentlichte er 1979, er war Mitte 20. "Menschenkind" lautete der Titel. Ein Buch, in dem der Autor seine Kindheit in einer bäuerlichen Umgebung verarbeitet.

Tabuthemen

Der Tod spielt eine zentrale Rolle in den Romanen von Josef Winkler. "Menschenkind", "Herr Ackermann aus Kärnten", "Muttersprache" oder der "Friedhof der bitteren Orangen" - das sind nur einige seiner vielen Werke, die poetisch beschwören, was vielen ein Tabu ist. Seine Bücher kreisen um ein scheinheilig katholisches Österreich, mit seinem pompösen Totenkult und einer Gebetsbuch-Seligkeit, wie sie vor allem in ländlichen Gegenden vorkommt. Eindrucksvoll sind seine Sprachkunstwerke, die gerne auf eine große Geschichte verzichten.

Klang der Sprache

Es sind eben nicht die großen Themen, die Josef Winkler inspirieren. Ihm geht es vor allem um die Sprache und den Klang der Sprache. Lyrik zu schreiben, ist für ihn das Komplizierteste überhaupt. Für ihn ist in der Prosa weniger das Narrative, sondern der Klang und der Rhythmus interessant. Dort kann Winkler seine Stärken entwickeln.

"Friedhof der bitteren Orangen"

Neben dem Tod und dem Trauma einer muffigen katholischen Welt gehört die Homosexualität zu den bestimmenden Themen in dem Werk des Österreichers. Der Selbstmord zweier Freunde war der Anstoß zu seinem Italienroman "Friedhof der bitteren Orangen". Einen Schritt weiter weg von den quälenden Motiven seiner Kindheit ging Winkler mit der Novelle "Natura Morta", einer Schilderung des römischen Alltagslebens, für die der Autor 2001 den Alfred-Döblin-Preis erhielt. Und das war bei weitem nicht der einzige Preis.

"Ich reiß mir eine Wimper aus und steche Dich damit"

Winkler bekam zahlreiche Auszeichnungen für sein literarisches Werk. Unter anderem war er Stadtschreiber von Bergen-Enkheim und hielt 2007 die renommierten Poetik-Vorlesungen an der Universität in Frankfurt. Damals machte er unmissverständlich klar: der Dichter kann ein rücksichtsloser Außenseiter sein. Er ist nicht dafür zuständig andere froh und klug zu machen. Auch für diesen Herbst ist wieder eine Veröffentlichung geplant. Der Titel: "Ich reiß mir eine Wimper aus und steche Dich damit."

Seit 1951 vergibt die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung den wichtigsten Literaturpreis in Deutschland. Er ehrt Autoren, die an der Gestaltung des deutschen Kulturlebens wesentlichen Anteil haben.