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Genie und Wahnsinn

Leona Frommelt2. März 2002

"A Beautiful Mind" ist zur Zeit in aller Munde. Der Film wurde bereits mit vier "Golden Globes" ausgezeichnet und ist für acht "Oscars" nominiert. Es ist die Lebensgeschichte des Wirtschaftsnobelpreisträgers John Nash.

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Sein Leben war ein Film wert: John NashBild: AP

John Forbes Nash ist Mathematiker und Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften (1994), und er ist an paranoider Schizophrenie erkrankt. Anlass für seine filmische Biografie waren weniger seine geistigen Qualitäten als vielmehr die psychische Krankheit, mit der dieser begabte Wissenschaftler 30 Jahre seines Lebens zu kämpfen hatte. Deshalb weiß der Zuschauer am Schluss des Hollywood-Streifens auch nur sehr wenig über Nashs bedeutenden Forschungsergebnisse und seine steile wissenschaftliche Karriere.

Vom Schüler zum Professor

John F. Nash wurde 1928 in West Virginia (USA) geboren. Er war kein Wunderkind, doch er zeigte schon früh ungewöhnliche intellektuelle und praktische Fähigkeiten – genauso früh, wie sich auch sein Hang zu selbstgenügsamer Isolation zeigte. Bis 1948 studierte er Mathematik am Carnegie Institute of Technology in Pittsburgh, Pennsylvania. Sein anschließendes Graduierten-Studium begann er in Princeton. Die Elite-Universität war zu dieser Zeit durch wissenschaftliche Giganten wie Albert Einstein und Kurt Gödel zum "mathematischen Zentrum des Universums" geworden.

In seiner 27 Seiten lange Dissertation beschäftigte sich der junge Forscher mit der ökonomischen Anwendung mathematischer Analysemethoden. Nash entwickelte ein nach ihm benanntes spieltheoretisches Konzept: das Nash-Gleichgewicht. Es zählt zu den grundlegenden Arbeiten über den Gleichgewichtsbegriff in der nichtkooperativen Spieltheorie. 44 Jahre später wurde er hierfür mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet.

Strategienkombinationen im Spiel und in der Realität

Die Spieltheorie ist eine mathematische Methode zur Analyse von Konfliktsituationen. Sie überträgt Erkenntnisse über menschliches Verhalten bei Gesellschaftsspielen wie Schach oder Poker auf den Marktprozess, wobei Verbraucher und Unternehmer aber auch staatliche Institutionen - wie z.B. das Kartellamt - als "Spieler" am Markt aufgefasst werden. Sie haben Entscheidungen in einem unsicheren Umfeld zu treffen und benötigen dazu eine erfolgsversprechende Strategie, die auch die Erwartungshaltungen der Gegenspieler miteinbezieht.

Nashs Verdienst bestand darin, die klassische Spieltheorie auf ökonomisch wirklichkeitsnähere Situationen zu erweitern. Das "Nash-Gleichgewicht" ist durch eine Strategienkombination definiert, bei der keiner der Akteure einen Anreiz hat, von der gewählten Strategie abzuweichen, sofern die anderen nicht abweichen. Im Gegensatz zu den Modellen der neoklassischen Ökonomie handelt es sich dabei um eine Lösung, die zwar die Erwartungen aller Einzelakteure erfüllt, darum aber für die Gesamtheit der Marktteilnehmer nicht "optimal" sein muss. Tatsächlich gibt es oft keine eindeutigen, optimalen Lösungen und infolgedessen mögliche Nash-Gleichgewichte.

Agent der Außerirdischen

Parallel zu seinen wissenschaftlichen Karriere nahm auch Nashs Krankheit ihren Lauf: Er wähnte sich berufen, als einziger menschlicher Agent außerirdischer Wesen die Welt zu retten - diese Botschaft verkündete er unablässig. Als er zu einer Bedrohung wurde, blieb nur noch die Einweisung in eine Klinik – Fachleute diagnostizierten Schizophrenie. Nach verschiedenen Therapien verbesserte sich Nashs Zustand zusehends. Heute führt er ein glückliches Familienleben in Princeton, wohin er als Professor zurückgekehrt ist.

Ein "Versagen" schmerzt Nash Zeit allerdings nach wie vor: In zwei Versuchen war es dem brillianten Studenten nicht gelungen, im jährlichen nationalen Mathematik-Wettbewerb unter die ersten fünf in seiner Altersgruppe zu kommen. Selbst der Nobelpreis half ihm über diese Schmach nicht hinweg.