1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Prince war immer für Überraschungen gut"

Heike Mund22. April 2016

Die Musikwelt ist erschüttert über den plötzlichen Tod von Prince. Der kreative Ausnahmemusiker sei immer ein Gegenpol zu Michael Jackson gewesen, so Uwe Kronenfeld vom Rock- und Popmuseum im DW-Interview.

https://p.dw.com/p/1Iarc
USA Sänger Prince in Miami
Bild: Reuters/M. Blake

Prince war ein genialer Gitarrist, ein begnadeter Sänger, ein hochkreativer Songwriter, ein herausragender Komponist und Arrangeur und zudem noch erfolgreich als sein eigener Produzent. Uwe Kronenfeld vom Rock- und Popmuseum in Gronau erzählt im DW-Interview, was Prince zu so einer Ausnahmeerscheinung in der internationalen Musikwelt gemacht hat.

DW: Herr Kronenfeld, mit Prince ist jetzt noch ein weiteres musikalisches Pop-Genie gestorben - mit 57 Jahren. Als Ikone hinterlässt er ein Stück Musikgeschichte, das er ganz entscheidend geprägt hat. Hatte er denn einen eigenen Stil?

Uwe Kronenfeld: Nein, Prince war jemand, der die unterschiedlichsten Musikstile miteinander vermengt hat. Das war völlig neu in den 1980er Jahren - und absolut bahnbrechend. Von einfachen Balladen, die sehr sensibel gespielt wurden bis hin zu komplett neuen elektronischen Sounds hat Prince sein Publikum von Anfang an erstaunt und gleichzeitig fasziniert. Prince war immer für Überraschungen gut und hat das in seiner Musik stark zum Ausdruck gebracht.

Heutzutage ist es in der Musikbranche längst üblich Musikstile und -richtungen zu mixen: Crossover sozusagen. Wie war das, als Prince als Musiker 1978 auftauchte? Waren die Klassifizierungen in Rock, Pop, Jazz und Schlager sowas wie eine "Klassengesellschaft"?

Die 1980er Jahre waren sicherlich von Synthesizer und Popmusik dominiert. Und Prince scherte da aus, vermengte Funk mit Hardrock und brachte Jazzakzente mit hinein. Er baute ganz neue musikalische Klangwelten und setzte das Ganze in eine unglaubliche Performance auf der Bühne um. Die war neu und nicht mehr so durchgestylt und weichgespült, sondern extrem exzentrisch.

Gitarrist Prince beim Konzert in Antwerpen. Foto: picture-alliance/dpa/BELGA/D. Waem
Nie kopiert: die Musik von Prince wurde auch von Musikerkollegen sehr respektiert.Bild: picture-alliance/dpa/BELGA/D. Waem

Inwieweit war er damals auch als Künstlertyp einzigartig?

Das war er zumindest in den 1980er Jahren auf jeden Fall: solitär und einzigartig. Er wurde auch nicht kopiert und das sicherlich aus einen gewissen Respekt vor ihm als Künstler heraus. Das, was ihn ausmachte, konnte einfach niemand kopieren.

Parallel zur Karriere von Prince stieg kurze Zeit später auch Michael Jackson in den Zenit der internationalen Popmusik auf. Wie haben sich die beiden als Musiker und Musikikonen ihrer Zeit denn unterschieden?

Prince war der absolute Gegenpol zu Michael Jackson. Jackson war durchgestylt und hat perfekte Popmusik geliefert. Und als Gegenpol und Antwort überraschte Prince mit seiner Musik immer wieder aufs Neue. Er mischte ein Heavy-Metal-Solo auch mit einer sanften Ballade. Während Michael Jackson einen perfekten Klangteppich lieferte, brachte Prince neue Arrangements, mit denen er seine Fans auch manchmal schockiert hat.

War denn jedes Album, jede Platte, jedes Konzert ein musikalisches Überraschungspaket?

Er war auch ein geschickter Kaufmann und Promoter seiner Platten. Sein Album "Black" wurde nach drei Tagen von ihm selber aus den Regalen der Plattenläden genommen und ist dadurch zur absoluten Rarität unter den Musikalben geworden. Die Leute, die diese Platte damals gekauft haben, hüten sie heute wie einen heiligen Schatz.

Sänger Prince 1988. Foto: picture alliance/empics
Mit 19 bekam Prince seinen ersten Plattenvertrag.Bild: picture alliance/empics

Als die erste Platte von Prince 1978 rauskam ("For You") galt er als musikalisches Wunderkind: Mit sieben hatte er Klavierspielen gelernt, mit 13 konnte er perfekt Gitarre und Schlagzeug spielen. Was war so besonders an seinem Debütalbum?

Er hat im Studio keine fremden Musiker für seine Produktionen zugelassen, das hat er nur live bei Konzerten gemacht. Und diese komplette Eigenständigkeit bei der Musikproduktion, wo er jedes Instrument selbst eingespielt hat, war besonders damals. Es gibt ein geflügeltes Wort unter Musikern: Multi-Instrumentalisten können alles, aber nichts richtig. Das gilt aber nicht für Prince. Der ist bei allen Dingen, die er machte, sehr perfektionistisch gewesen.

Prince wurde mit 19 schon als junger Künstler von dem großen Label Warner unter Vertrag genommen, behielt aber zur Musikindustrie und der Vermarktung seiner Alben immer ein zwiespältiges Verhältnis - warum?

Durch seine Exzentrik als Musiker und auf der Bühne hat er immer wieder eine große Unzufriedenheit zum Ausdruck gebracht. Man konnte es ihm nicht wirklich recht machen, so dass er sich im Laufe seiner Karriere von Plattenfirma zu Plattenfirma gehangelt hat. Das endete dann damit, dass er sich am Schluss selbst vermarktet hat und nur noch mit seinem eigenen Label agierte. Mir ist nicht bekannt, dass es Titel von Prince zum Downloaden gibt.

Prince galt auch als Pop-Chamäleon, als sehr wandelbar. Seine Bühnenauftritte waren ähnlich wie bei David Bowie eher androgyn angehaucht. Inwieweit hat er auch mit der Mann/Frau-Rolle gespielt?

Das habe ich so nie gesehen. Für mich war Prince immer ein Mann, der mit seinen Bühnenkostümen immer sehr extravagant und provozierend wirkte und total schön. Es gab eine "Rockpalast"-Nacht (Kult-Musiksendung der ARD, Anm. d. Red.) in den 1980er Jahren, in der Prince per Satellit zugeschaltet auftrat. Und er trug eine Hose, die auf der Rückseite nur durch ein dünnes Nichts seinen Hintern bedeckte. Das gab einen Riesenskandal im deutschen Fernsehen, aber genau das war Prince. Genau damit wollte er eigene Akzente setzen.

Prince mit Ehefrau Manuela Testolini. Foto: AP/Kevork Djansezian, File)
Prince bei der Oscarverleihung 2005 mit seiner zweiten Frau Manuela TestoliniBild: picture-alliance/AP Photo/K.Djansezian

Die Polarität von Prince und Michael Jackson erinnert ein bisschen an die alte Polarität zwischen Beatles und Rolling Stones, die fast schon zwei Lager von Fans waren. Stand Prince auch für eine bestimmte Gruppe von Fans, die nur ihn hören wollten und nicht Michael Jackson?

Michael Jackson stand für Kommerz, war mit seinen Poptiteln breit aufgestellt und äußerst erfolgreich - und natürlich auch ein toller Musiker. Aber wenn man als Musikfan diesen Einheitsbrei nicht hören wollte, landete man automatisch bei Prince. Allein sein Künstlername (Prince hieß eigentlich Prince Rogers Nelson, Anm. d. Red.) war schon darauf angelegt: Der "King of Pop" Michael Jackson brauchte in der Welt der Musik einen Gegenpol und das war dann ein "Prince".

Das Interview führte DW-Reporterin Heike Mund.