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"Truppenabzug ist ein Geschenk für den Kreml"

Ines Pohl Washington
29. Juli 2020

Der ehemalige General Ben Hodges kritisiert den US-Truppenabzug aus Deutschland scharf. Die Truppen seien nicht da, um Deutschland zu beschützen, sondern bildeten den "Brückenkopf", über den viele US-Operationen laufen.

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Donald Trump in Ramstein
US-Präsident Donald Trump auf dem Stützpunkt der US-Luftwaffe in Ramstein (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/S. Craighead

290720 Interview Hodges Truppenabzug - MP3-Stereo

Deutsche Welle: General Hodges, was bedeutet der geplante Abzug von US-Truppen aus Deutschland für die Sicherheit der Vereinigten Staaten?

Frederick Benjamin Hodges: Es tut vor allem weh, weil es die Beziehung zu unserem wichtigsten Verbündeten beschädigt. Es ist eher die Art und Weise, wie das Ganze passiert, als die konkreten Schritte. Normalerweise würde ein solcher Umbau Jahre dauern, wenn er überhaupt passieren würde. Aber die Beziehung ist schon jetzt beschädigt. Das ist für mich der traurigste Part.

Ist es unter einem militär-strategischen Gesichtspunkt wichtig, so viele Soldaten in Deutschland stationiert zu haben?

Hodges: Es sind ja gar nicht so viele Soldaten. 35.000 Menschen sind ungefähr die Hälfte der Kapazitäten, die das Fußballstadium fasst, in dem Bayern München spielt. Die meisten Menschen arbeiten in der Verwaltung, der Luftverteidigung oder Kommunikation.

Also braucht man eigentlich gar keine amerikanischen Soldaten mehr in Deutschland?

Generalleutnant Ben Hodges
Hält den Truppenabzug für einen Fehler - Ex-General Ben Hodges Bild: picture-alliance/dpa/I. Wagner

Hodges: Der Abzug verringert die Kapazitäten in Deutschland, die den USA helfen. Die Truppen sind ja nicht da, um Deutschland zu beschützen, sie helfen uns. Deutschland ist unser wichtigster Verbündeter in Europa. Hier ist unser "Brückenkopf", über den viele US-Operationen in Europa, Afrika, dem Mittleren Osten laufen. Wenn wir hier diese Truppen abziehen, wo es eine so gute Infrastruktur gibt, wird es schwer sein, weiterhin so reaktionsfähig zu bleiben. Wenn zum Beispiel Truppen nach Italien verlegt werden, wird es zudem Millionen von Dollar kosten, allein um die Unterbringungen aufzubauen.

Der republikanische Spitzenpolitiker Mitt Romney sagt, all das sei ein Geschenk für Russland?

Hodges: Es ist ein riesiges Geschenk für den Kreml. Eine 30-prozentige Reduzierung unserer Truppenstärke in Deutschland, eine Störung und weitere Beschädigung unserer Beziehung zu unserem wichtigsten Verbündeten - Russland hat aber auch gar nichts dafür getan, um das zu verdienen. Sie besetzen weiter die Krim, Woche für Woche töten sie Menschen in der Ukraine. Russland verdient es nicht, dass die USA ihre Einsatzfähigkeit in Europa reduzieren.

Warum macht Präsident Trump das?

Hodges: Ich kann hier ja nur spekulieren. Ich glaube es ist einfach nur eine politische Entscheidung, aber keine strategische.

Er begründet diese Entscheidung damit, dass Deutschland nicht die versprochenen zwei Prozent des BIP an die NATO bezahlt.

Hodges: Ich denke, das ist seine Motivation. Natürlich stimmt ja jeder zu, dass Deutschland mehr Geld für Verteidigung ausgeben soll. Jeder Präsident hat das bisher gefordert. Die Entscheidung, ein Drittel der Truppen abzuziehen ist aber nicht strategisch begründet, sondern nur durch seine Frustration, dass Deutschland nicht tut, was er will. Und ironischerweise sollen Truppen ja nach Italien und Belgien verlegt werden, in Länder, die auch weit unter dem Zwei-Prozent-Ziel liegen. Seine Entscheidungen sind einfach überhaupt nicht konsistent.

In weniger als 100 Tagen wird hier gewählt in den USA. Was kann Donald Trump bis dahin noch machen?

Hodges: Wir haben heute gehört, dass der Abzug in wenigen Wochen beginnen soll. Ich vermute, dass sie mit kleinen Dingen beginnen werden, so dass sie etwas vorweisen können. Es wird aber Monate dauern, bis wirklich relevante Dinge abgezogen werden können.

Präsident Trump hat angekündigt, dass er den pensionierten US-Armeeoffizier Douglas Macgregor als Botschafter nach Berlin entsenden will. Wie passt das in dieses Bild?

Hodges: Er kommt aus dem absolut selben Stall wie der ehemalige Botschafter Richard Grenell. Offensichtlich würde das Weiße Haus nie jemanden aussuchen, der nicht dieselbe Politik vertritt. Es ist einfach traurig, dass wir für unseren wichtigsten Verbündeten nicht jemanden wählen, der gut vernetzt und anerkannt ist, so wie das Deutschland mit Botschafterin Emily Haber gemacht hat. Wir sollten nach den bedeutendsten und besten Diplomaten suchen, um die Verbindung zu unserem wichtigsten Verbündeten zu schützen.

Frederick Benjamin Hodges war bis 2017 Kommandeur der US-Streitkräfte in Europa. Während seiner aktiven Zeit diente der Drei-Sterne-General "Ben" Hodges in Korea, im Irak und in Afghanistan. Seit seinem Ausscheiden aus der US Armee arbeitet Hodges für den US-amerikanischen Think Tank Center for European Studies CEPA. 

Die Fragen stellte Ines Pohl, Leiterin des DW-Studios in Washington.

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Ines Pohl Büroleiterin DW Studio Washington@inespohl