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Geleugnete Schuld

Peter Philipp24. Januar 2005

Holocaustleugner sitzen längst nicht nur in der NPD: Es gibt ein internationales Netzwerk von Unbelehrbaren. In Deutschland ist ihre Hetze verboten - seit 1993.

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Frauen bei der Selektion im KZ AuschwitzBild: AP

Nicht nur, dass manche Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg behaupteten, sie hätten von der Ermordung der Juden nichts gewusst: Bald gehörte es in rechten Kreisen zum "guten Ton", den Holocaust überhaupt in Frage zu stellen. Antisemitische Gefühle und die nicht überwundene Schmach der militärischen Niederlage wurden mit solchen "Argumenten" gleichermaßen bedient, denn der Völkermord wurde als jüdisch-amerikanische Propaganda hingestellt, mit dem einzigen Ziel, Deutschland zu unterdrücken.

Zunächst dachte man, solche Thesen als Spinnerei von Verrückten aus der rechten Szene abtun zu können, dann aber beschloss man, die hiervor ausgehenden Gefahren für die Allgemeinheit auf gesetzlichem Wege zu bekämpfen. "1993 gibt es die gesetzliche Grundlage, indem die Auschwitzlüge zu einem Offizialdelikt erklärt worden. Und seitdem ist in Deutschland eigentlich die Verfolgung der Auschwitzlüge recht effektiv ist," erklärt Wolfgang Kapust, Journalist des Westdeutschen Rundfunks und Spezialist für Fragen des Rechtsradikalismus.

Ein internationales Netzwerk

Schon bevor solche gesetzlichen Voraussetzungen in Deutschland geschaffen wurden, wichen hartnäckige "Auschwitzleugner" ins Ausland aus, wo jeweils auch neonazistische oder judenfeindliche Gruppen oder Aktivisten am Werk waren und nicht durch Gesetze gehindert wurden wie in Deutschland. Sie alle bildeten rasch ein internationales Netzwerk: So konnte in Großbritannien ein David Irving mit pseudowissenschaftlichen Veröffentlichungen den Judenmord in Frage stellen, in Frankreich machte Roger Garaudy, Alt-Kommunist und selbst KZ-Opfer, von sich reden und in der Schweiz ist es ein Jürgen Graf, der gegen die angebliche "Auschwitzlüge" polemisiert. Sie alle werden jahrelang bei deutschen Rechtsradikalen hofiert, ebenso aber auch in einigen arabischen Ländern und im Iran.

Zu ihnen gesellen sich Auslandsdeutsche - zum Beispiel in Australien ein Gerald Frederick Toben oder in Kanada der aus dem Schwarzwald stammende Ernst Zündel. Zündel ist ein Musterbeispiel: In einem Reihenhäuschen in Toronto bezieht er Quartier und von hier verschickt er jahrelang rechtsradikales Propagandamaterial in die alte Heimat. Stramme blonde Kerle helfen ihm beim Eintüten - allesamt amerikanische Neonazis, die angetan sind von den Theorien, die Zündel in seinem Keller anhand eines Auschwitz-Modells zu beweisen glaubt: Dass es den Massenmord an den Juden nie gegeben hat.

Schutz durch Aufklärung

Die deutsche Post fängt immer mehr von Zündels Postwurfsendungen ab, auch tun sich aber neue Verbreitungswege auf. Besonders das Internet. Es ist billiger, schneller und zuverlässiger als die Post. Und da nützt auch kaum ein inzwischen nachgeschobenes Gesetz in

Deutschland. Die meisten Leute, die solche Web-Auftritte gestalten, sind nicht zu packen. Amerikanische Anbieter beispielsweise rücken mit den Kundendaten einfach nicht raus, weil in den USA viel liberalere Gesetzte gelten. „Und Nazipropaganda ist in den USA schlicht und ergreifend nicht strafbar und deshalb kriegen die deutschen Behörden gar nicht erst die Daten erläutert", so Jürgen Langowski, Beobachter der rechten Szene für den "Informationsdienst gegen Rechtsradikalismus".

Wichtiger und wirkungsvoller als juristische Schritte sei aber die Aufklärung und Information, meint Jürgen Langowski. Zum Beispiel über den "Informationsdienst gegen Rechtsradikale", der sehr viel von Lehrern genutzt wird, aber auch von den Schülern. "Ein Glück, dass wir diese aufklärende Seite gefunden haben. Sonst hätten wir diesen braunen Kameraden gar nicht antworten können," so ein Schüler, der auf dem Schulhof mit brauner Propaganda konfrontiert wurde.