1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Gelber Riese in Bedrängnis

Angela Göpfert15. Februar 2005

Es ist eine harte Woche für die Deutsche Post: Am Montag (14.2.) verordnete ihr das Bundeskartellamt mehr Wettbewerb. Am Freitag (18.2.) berät der Bundesrat über eine frühzeitige Abschaffung des Briefmonopols.

https://p.dw.com/p/6FRt
Die ausländische Konkurrenz steht schon in den StartlöchernBild: dpa

"Das ist als Übergang bis zur vollständigen Aufhebung des Briefmonopols ein begrüßenswerter Schritt", kommentiert Elmar Müller vom Vorstand des Deutschen Verbandes für Post und Telekommunikation (DVPT) im Gespräch mit DW-WORLD die Entscheidung des Bundeskartellamts. Deutschlands oberste Wettbewerbsbehörde verfügte am Montag (14.2.2005) eine Liberalisierung des Marktes für postvorbereitende Leistungen wie dem Abholen und Vorsortieren von Briefsendungen. Nach ihrer derzeitigen Praxis gewährt die Post Großkunden für vorsortierte und in den Briefzentren angelieferte Massensendungen Rabatte von bis zu 21 Prozent.

Preisrabatte nur für Großkunden

Diesen Preisvorteil verweigert sie bisher jedoch konkurrierenden Postdienstleistern - so genannten Konsolidierern -, die Briefsendungen mehrerer Unternehmen bündeln, vorsortieren und bei der Post einliefern. Das soll sich nun ändern, denn laut den Bonner Wettbewerbshütern verstößt die Deutsche Post damit gegen deutsches und europäisches Kartellrecht. Kartellamts-Chef Ulf Böge kündigte den Sofortvollzug der Entscheidung an, damit sich der "ohnehin erst schwach ausgeprägte Wettbewerb im Briefbereich nicht weiter verzögert".

Schützenhilfe der Regierung

Hubert von der Post
Das mühsame Geschäft der Zustellung - hier auf dem FeldbergBild: AP

Erwartungsgemäß kündigte die Deutsche Post juristischen Widerstand an. Des wohlwollenden Einverständnisses der Bundesregierung kann sich der gelbe Branchenriese dabei sicher sein: "So kann man doch keine Liberalisierungspolitik betreiben. Das ist Rosinenpickerei", empört sich Klaus Barthel, postpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Schließlich sei der Konsolidierungsbereich hoch profitabel im Vergleich zum mühsamen, aber wichtigen Geschäft der Zustellung und Aufrechterhaltung von Filialen. Zudem halte die Berliner Koalition nichts von einem "ständigen Ändern" der Rahmenbedingungen für den Postmarkt: "Hier ist Verlässlichkeit gefragt."

USA-Beispiel macht Hoffnung

Branchenexperten betonen hingegen, nicht nur Konkurrenzunternehmen, sondern auch die Deutsche Post könnte letztlich als Gewinner aus einer Öffnung des Marktes für postbezogene Teilleistungen hervorgehen: "Das Beispiel der USA zeigt sehr eindringlich, dass dadurch das Netz des Universaldienst-Anbieters sogar gestärkt wird. In den USA hat sich seit der Öffnung dieses Teilmarktes das Volumen der Briefsendungen mehr als vervierfacht", sagt der Hamburger Unternehmensberater und Logistik-Experte Horst Manner-Romberg im Gespräch mit DW-WORLD.

Im Ausland selbst als Konsolidierer unterwegs

"Der Bereich der postvorbereitenden Leistungen ist eine Nische mit Potential", betont auch Per-Ola Hellgren, Post-Experte bei der Landesbank Rheinland-Pfalz (LRP). Und das müsste der deutsche Noch-Monopolist eigentlich selbst am besten wissen: Schließlich tut sich die Deutsche Post Global Mail, eine Tochtergesellschaft der Deutschen Post World Net, in Großbritannien seit 2002 durch ihr gewinnträchtiges Konsolidieren von Briefsendungen hervor. "Die Deutsche Post macht im Ausland genau das, was sie hier in Deutschland verhindern möchte", empört sich Post-Experte Müller.

Weniger Briefkästen und Filialen?

Am Freitag (18.2.2005) drohen der Deutschen Post weitere Unannehmlichkeiten: Dann entscheidet der Bundesrat über die Unterstützung einer Gesetzesinitiative aus Niedersachsen und Hessen. Diese hat die vorzeitige Beseitigung des Briefmonopols Monopols der Deutschen Post für Briefe unter 100 Gramm bereits zum Jahresende 2005 vor. "Dadurch entzieht man der Post den finanziellen Boden für die flächendeckende Versorgung mit Filialen und Briefkästen", befürchtet SPD-Postexperte Barthel. DVPT-Experte Müller führt als Gegenbeispiel die vom Briefmonopol schon lange befreiten skandinavischen Länder an, die damit "überhaupt keine Probleme" hätten.

Französisches Postschild
Die französische Post freut sich auf den deutschen MarktBild: AP

Deutsche Post bleibt dennoch mächtig

"Bonjour, isch 'abe einen Brief für Sie." Diesen Satz könnten deutsche Empfänger bei einem Ende des Briefmonopols vielleicht schon bald zu hören bekommen. Denn "La Poste" gilt als einer der potentiellen Konkurrenten für die Deutsche Post. Doch auch die niederländische Post und der Deutsche Paket Dienst seien gut aufgestellt, sagt LRP-Experte Hellgren. Allerdings dürfte es die Konkurrenz auf dem deutschen Briefmarkt einigermaßen schwer haben. Die hohen Fixkosten im Bereich der Briefzustellung wirken als zuverlässige Markteintrittsbarriere. "Es wäre volkswirtschaftlicher Unsinn, mehr als ein bis zwei Zustellnetze in Deutschland zu haben", so DVPT-Experte Müller.

Außerdem dürfte der Deutschen Post ihre langjährige Kundenbindung zum Vorteil gereichen: "Der Massenmarkt wird bei der Deutschen Post bleiben, weil man sie kennt und weiß, dass sie funktioniert", prophezeit Branchen-Kenner Hellgren.