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Journalisten im Visier

Peter Stützle3. August 2007

Deutsche Staatsanwaltschaften haben 17 Ermittlungsverfahren gegen Journalisten wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat eingeleitet. Oppositionspolitiker und Medien haben dagegen scharf protestiert.

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Der BND-Untersuchungsausschuss (Archivbild), Quelle: AP
Der BND-Untersuchungsausschuss (Archivbild)Bild: AP

Die Aufregung ist groß, das Vertrauen in den Rechtsstaat aber auch. Denn die deutsche Verfassung, das Grundgesetz, räumt der Pressefreiheit einen hohen Stellenwert ein. Gleichwohl, Ermittlungsverfahren gegen Journalisten wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat haben sich in den letzten Jahren gehäuft.

"Pressefreiheit hoch im Kurs"

Der Sprecher des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Hendrik Zörner, kommt zu dem Schluss, dass die Hemmschwelle für Ermittlungsbehörden niedriger geworden sei. "Die Pressefreiheit steht nun mal leider nicht mehr so hoch im Kurs, wie sie eigentlich stehen müsste", sagt er. "Es ist besonders skandalös, dass jetzt Bundestagsabgeordnete durch einen Mehrheitsbeschluss solche Maßnahmen möglich gemacht haben."

Der BND-Untersuchungsausschuss hatte die Strafanzeige mit Mehrheit beschlossen, nachdem immer mehr als geheim oder vertraulich eingestufte Dokumente über Geheimdienstaktivitäten im Kampf gegen den Terror öffentlich wurden. "Auf einmal war der BND-Untersuchungsausschuss löchrig wie ein Schweizer Käse", sagt der Ausschuss-Vorsitzende Siegfried Kauder von der CDU. "Man konnte über eingestufte Aktenteile mehr in der Presse lesen, als wir im Ausschuss vorliegen hatten."

Informationen vorenthalten?

Petra Pau von der Linksfraktion, die gegen die Strafanzeige gestimmt hatte, sieht allerdings genau darin den eigentlichen Skandal: Dass die Bundesregierung massenhaft wesentliche Informationen vor dem Bundestag geheim gehalten habe. Journalisten hätten "diese Geheimhaltungs-Strategie partiell durchkreuzt" sagt Pau. Und genau das sei auch ihre Aufgabe.

Allzu große Sorgen müssen sich die betroffenen Journalisten denn auch nicht machen. "Ich gehe mal davon aus, dass diese Ermittlungsverfahren zu irgendeinem Zeitpunkt eingestellt werden, ohne dass es zu einer Klage kommt", sagt Hendrik Zörner vom DJV. "Das haben wir in bisher über 180 Fällen genau so erlebt. Es gibt kein einziges Beispiel dafür, dass ein Journalist einmal deswegen verurteilt worden ist."

Unzulässige Razzia

Erst im Februar hatte das Bundesverfassungsgericht mit dem so genannten Cicero-Urteil die Pressefreiheit gestärkt. Das Politik-Magazin "Cicero" hatte 2005 aus einem als Verschlusssache klassifizierten Bericht des Bundeskriminalamtes zu Terror-Ermittlungen zitiert. Daraufhin wurden die Redaktionsräume durchsucht.

Diese Razzia hat das oberste deutsche Gericht für verfassungsrechtlich unzulässig erklärt. Die Hamburger Staatsanwaltschaft, an die drei der Ermittlungsverfahren übertragen wurden, hat sie denn auch für überflüssig erklärt. Die Nachrichtenagentur DPA zitiert Oberstaatsanwalt Rüdiger Bagger mit den Worten: "Nach dem Cicero-Urteil ist ein solches Verfahren Quatsch."