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Gefährliche Waren: Rapex schlägt Alarm

15. April 2010

Die EU-Kommission hat ihren jährlichen Rapex-Report vorgelegt. Badeenten, Kapuzenpullis und Reiskocher sind dort zu finden - für deren Hersteller alles andere als eine Auszeichnung.

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Auf einem billigen, roten Ball aus Kunststoff ist ein Totenkopf aufgedruckt (Foto: dpa)
Plastik-Spielzeug: gefährliche Weichmacher inklusiveBild: picture-alliance/ dpa

Geborgen liegt es da, das Baby. Lächelt aus seiner Tragehilfe. Mutter und Vater erwidern den Blick - versonnen, gelöst, in der Gewissheit, dass es ihr Kind gut hat in der kleinen Stoffschlinge, die sie über ihren Schultern trägt. "Suffocation" steht neben dem Foto: Ersticken. Und weiter: Es besteht die Möglichkeit, dass sich der Stoff der Schlinge auf Nase und Mund des Säuglings presst und so seine Atmung blockiert. Entdeckt wurde das Problem in Großbritannien. Von dort hat es die zuständige staatliche Kontrollstelle nach Brüssel gemeldet - und die EU-Kommission hat die Babytragehilfe aus China schließlich auf ihre rote Liste für nicht essbare Konsumgüter genommen, auf die sogenannte Rapex-Liste.

EU-Kommissar John Dalli mit einem Spielzeugauto, das bei Rapex gelistet ist. (Foto: AP)
Von Rapex überzeugt: EU-Kommissar John DalliBild: AP

Rapex steht für "Rapid Alert System for Non-Food Products". Es ist ein Frühwarnsystem, das vor allem dem schnellen Informationsaustausch dient, wenn in einem Teilnehmerland ein gefährliches Produkt gefunden wird. An Rapex beteiligen sich die 27 EU-Staaten, außerdem Liechtenstein, Norwegen und Island. Die nationalen Behörden sowie die EU-Kommission können so die betroffenen Waren EU-weit vom Markt nehmen - und zwar rasch.

Immer wieder China

Am Donnerstag (15.4.2010) nun hat die EU-Kommission ihren jährlichen Rapex-Report vorgelegt. 1990 Produkte meldeten die Kontroll-Behörden der Mitgliedsländer im vergangenen Jahr nach Brüssel - sieben Prozent mehr als 2008. Grund für den Anstieg sei aber nicht, dass mehr gefährliche Waren auf den europäischen Märkten seien, so EU-Verbraucherkommissar John Dalli in Brüssel. Vielmehr hätten die Mitgliedstaaten bessere Überwachungssysteme und die EU-Kommission würde mit Drittstaaten besser zusammenarbeiten.

Spielzeug-Püppchen auf einem Dreirad, das bei Rapex gelistet ist (Foto: EU)
Hoppla - und schon fliegt das Rädchen ab!Bild: European Union, 2010

Allein 60 Prozent der gemeldeten Produkte kamen aus China. Und wieder ist es vor allem Kinderspielzeug, das die zuständigen Behörden vom Markt nehmen mussten. Einen rosa Plüschpudel aus Argentinien meldeten die Spanier nach Brüssel, weil selbst ungeschickte Kinderhände das Herzchen von der Halskette lösen und in Ohr, Mund oder Nase stecken können. Litauen hat acht knallbunte Badetiere verbieten lassen, weil ihr Quietscheton ein zartes Kindertrommelfell zum Bersten bringt. Und auf Druck aus Frankreich hat ein chinesischer Anbieter seinen singenden Delphin vom Markt verschwinden lassen, weil sich die Oberfläche der Batterie so stark erhitzt, dass sich die Kleinen ihre Hände verbrennen.

Verletzte EU-Richtlinien

Am häufigsten wurden gefährliches Kinderspielzeug und Kleidung gemeldet, danach folgten mit etwas Abstand Fahrzeuge und Elektrogeräte, so EU-Verbraucherkommissar Dalli. Aber auch Kosmetika sind im Report zu finden. Gleich vier Haarpflege-Produkte der italienischen Marke Alter Ego haben es kürzlich auf die Liste geschafft, weil sie ein Konservierungsmittel enthalten, das die europäische Kosmetik-Richtlinie 76/768/EEC nicht zulässt.

Elektrogeräte, die bei Rapex gelistet sind (Foto: EU)
Mehr Schrott als Ware: Elektrogeräte auf der Rapex-ListeBild: European Union, 2010

Die Gefahr chemischer Reaktionen war im letzten Jahr mit 26 Prozent dann auch die häufigste. An 21 Prozent der Produkte könnte man sich verletzen und bei 14 Prozent der gelisteten Waren besteht die Gefahr, dass sie die Atmung behindern. Und damit nicht genug: An einigen Produkten kann sich der Konsument strangulieren oder er erhält einen elektrischen Schlag - wie zum Beispiel von einem Reiskocher aus Korea, der in Deutschland auf dem Markt war. Bei dem liegen die Kabel in kürzester Zeit frei, steht auf der Liste zu lesen, weil die Isolierung abfällt. Außerdem fehle dem Kocher die Erdung, weshalb sich im Extremfall nicht nur der Reis im Topf, sondern auch die Außenwand des Gerätes erhitze.

Kontrolle - mehr zufällig als systematisch

Rapex erfasst allerdings nur einen Bruchteil aller gefährlichen Waren in einem Umfeld, in dem täglich Millionen von Produkten in die Märkte der EU-Mitgliedsländer drücken. Und ist ein Produkt erst einmal in einem EU-Land angekommen, kann es von dort in die restlichen 26 EU-Staaten gelangen - ohne weitere Kontrolle. Doch auch wenn die Überwachungssysteme der Mitgliedstaaten und die Zusammenarbeit mit Drittstaaten besser geworden sind, wie aus Brüssel zu hören ist, wirken längst nicht alle aktiv am Frühwarnsystem mit. Während aus Spanien mit 220 die meisten Meldungen kamen, gefolgt von Deutschland mit knapp 190 und Griechenland mit 150, wandte sich Belgien nur drei Mal an Brüssel.

Für EU-Kommissar Dalli ist Rapex trotzdem ein Erfolg: "Rapex ist in den vergangenen sechs Jahren zu einem Beispiel für die Effizienz von EU-weiter Zusammenarbeit in diesem Bereich geworden." Doch nicht nur auf Seiten der Kontrolleure seien Fortschritte gemacht worden, auch Hersteller würden immer öfter umdenken, so Dalli. Sie zeigten ein höheres Verantwortungsbewusstsein und nähmen gefährliche Waren schneller vom Markt.

Autor: Jutta Wasserrab
Redaktion: Klaus Ulrich