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Gauck: "Vertrauen in Verfassungsschutz beschädigt"

Hilke Fischer6. Juli 2012

Die Pannen bei der Ausklärung der NSU-Morde verunsichern die Bürger. Die Politik ist in der Verantwortung, meint der Bundespräsident. Das Akten-Chaos beim Verfassungsschutz lässt weiter offen, ob es beim NSU V-Leute gab.

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Bild: dapd

"Die Bürger wollen wissen, was wirklich gewesen ist", sagte Bundespräsident Joachim Gauck bei seinem Antrittsbesuch in Thüringen. Er riet zu einer offenen Kommunikation. Das könne auch helfen, um Verschwörungstheorien zu begegnen. Nicht nur die Chefs der Verfassungsschutzämter, sondern auch die Politik trage die Verantwortung, das Vertrauen der Menschen in Deutschland wieder herzustellen.

Migranten besonders verunsichert

Bundesintegrationsbeauftragte Maria Böhmer zufolge zerstören die Pannen bei der Aufklärung der Morde, die der Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) zur Last gelegt werden, vor allem das Vertrauen der Migranten in die Sicherheitsbehörden. Die Mordserie habe das Vertrauen vieler Zuwanderer in den Rechtsstaat erschüttert, erklärte Böhmer in Berlin. Die Pannen und Ungereimtheiten, die bei der Aufklärung ans Tageslicht gekommen seien, würden nun alle Bemühungen zurückwerfen, das Vertrauen der Migranten in die Sicherheitsbehörden wiederherzustellen.

Die Auslaenderbeauftragte der Bundesregierung Maria Boehmer (Foto: AP Photo/Fritz Reiss)*
Integrationsbeauftragte Böhmer: "Vertrauen der Migranten in Sicherheitsbehörden wieder herstellen"Bild: AP

Bei der Aufarbeitung der Fehler dürfe nichts unter den Teppich gekehrt werden, so die Integrationsbeauftragte. Jeglichem Verdacht der Vertuschung oder Verwicklung von Behörden müsse nachgegangen werden.

NSU-Frau Zschäpe eine Informantin?

In einem Untersuchungsausschuss arbeitet der Bundestag an der Aufklärung der Neonazi-Morde. Es geht vor allem um die Frage, warum die Terrorzelle so lange unentdeckt bleiben konnte. Dabei gerät der Verfassungsschutz zunehmend in die Kritik. In der vergangenen Woche hatte sich herausgestellt, dass am Tag des Bekanntwerdens der rechtsextremen Morde Akten dazu beim Verfassungsschutz geschreddert wurden. In der Folge bat Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm um vorzeitige Versetzung in den Ruhestand.

Am Rande des Untersuchungsausschusses hat Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich Spekulationen zurückgewiesen, der Verfassungsschutz habe versucht, das Terrorgruppen-Mitglied Beate Zschäpe als Informantin anzuwerben. Politiker der Grünen und der FDP halten eine Verbindung des NSU und des Verfassungsschutzes trotz des Dementis für möglich. Angesichts des Chaos bei der Aktenführung könne nicht mehr festgestellt werden, wer angeworben wurde oder bei wem es versucht wurde, sagte der Grünen-Obmann im Ausschuss, Wolfgang Wieland, dem Rundfunkveranstalter RBB.

Ein vom Bundeskriminalamt (BKA) veroeffentlichtes Fahndungsbild zeigt das Mitglied der terroristischen Vereinigung "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU), Beate Zschaepe (Foto: BKA/dapd)
NSU-Mitglied Zschäpe: Verbindungen zum Verfassungsschutz?Bild: dapd

Der "Nationalsozialistische Untergrund" wird für zehn Morde verantwortlich gemacht – neun davon an türkisch- und griechischstämmigen Bürgern. Anfang 1998 tauchte das Neonazi-Trio in Jena in Thüringen unter und lebte danach unentdeckt in Zwickau.

fi/ml (afpd, dpa, epd)