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Gabriel droht mit Bundeswehr-Abzug

13. Juli 2016

Erst waren es nur Stimmen aus der Opposition. Dann kam der Bundestagspräsident dazu. Und jetzt wiederholt das erste Regierungsmitglied die deutliche Warnung an die Türkei. Der Konflikt könnte sich dadurch aufschaukeln.

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Sigmar Gabriel (Archivbild: picture-alliance/dpa/D. Karmann)
"Dann kann die Armee nicht bleiben": Sigmar Gabriel (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/D. Karmann

Manchmal kommt es darauf an, wer etwas sagt. SPD-Chef Sigmar Gabriel ist nicht der erste, der mit dem Abzug der deutschen Soldaten aus Incirlik droht. Aber er wiederholt als erstes Regierungsmitglied öffentlich die Warnung an die Adresse der Türkei: Falls sich das Gastgeberland weiter gegen Besuche deutscher Parlamentarier sperre, könne dies den Ausstieg der Bundeswehr aus der Zusammenarbeit auf dem Luftwaffenstützpunkt bedeuten.

"Wenn das Parlament nicht seine Armee besuchen kann, dann kann die Armee nicht da bleiben, das ist völlig klar", sagte der Vizekanzler der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung". Die Bundeswehr sei eine Parlamentsarmee, weshalb solche Besuch notwendig seien, zitiert die Zeitung den SPD-Politiker.

Deutsche Tornados auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik (Archivbild: Getty Images/AFP/T. Schwarz)
Aufklären und Betanken: Deutsche Tornados auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/T. Schwarz

Wachsender Druck auf Ankara

Zuvor hatte bereits Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) den Einsatz auf der Basis Incirlik in Frage gestellt. Und auch er war nicht der erste, der mit dieser Aussage den Druck auf die Türkei erhöhte - doch vor ihm waren es Mitglieder der Oppositionsparteien wie etwa der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir, die verlangt hatten, die Soldaten nach Hause zu holen, wenn Abgeordneten Besuche bei ihnen verwehrt würden. Mit Lammert hatte immerhin schon der oberste Repräsentant der Parlamentarier den Satz ausgesprochen.

Doch spätestens mit der Wiederholung durch den Vizekanzler wird aus einer unverbindlichen Warnung eine ernst zu nehmende Drohung. Auch wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel offiziell auf weitere Gespräche setzt, wie sie am Sonntag erklärte, scheint die Regierung in der Sache nicht willens, von ihrem Standpunkt abzurücken - was auch Vorwürfe nähren würde, man habe sich durch den EU-Flüchtlingspakt mit einem zunehmend autokratisch agierenden Präsidenten am Bosporus in unstatthafte Abhängigkeit begeben.

Offen ist allerdings, ob sich Staatschef Recep Tayyip Erdogan durch Zurechtweisungen vor aller Augen zum Einlenken bewegen lässt, oder ob er sich dadurch erst recht zur Gegenwehr herausgefordert sieht. Der Konflikt mit einem Kontrahenten, der auf Kritik mit großer Empfindlichkeit reagiert, könnte sich dann weiter aufschaukeln.

Ungeliebte Gäste

Die Bundeswehr ist auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik nahe der syrischen Grenze am internationalen Kampf gegen die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) beteiligt. Ende Juni hatte die Türkei die Erlaubnis für eine Reise von Verteidigungsstaatssekretär Ralf Brauksiepe und einer Gruppe von Abgeordneten nach Incirlik verweigert.

Das war offenbar eine diplomatische Revanche für die Armenien-Resolution des Bundestages. Das deutsche Parlament hatte die Massaker an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs im Osmanischen Reich als Völkermord eingestuft. Seither sind Abgeordnete dieses Parlaments in der Türkei keine gern gesehenen Gäste mehr.

jj/cr (dpa, afp)