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Frisbees bei Olympischen Spielen?

Nils Zimmermann26. November 2015

Scheibensport auf Sand, fünf gegen fünf: Ein wenig bekanntes Mannschaftsspiel könnte eines Tages bei Olympischen Spielen vertreten sein. Noch ist es ein Insider-Tipp für gutgelaunte Sportler.

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Spielszene im Finale des Burla Beach Cups. Foto: Mike Hawkins
Bild: Mike Hawkins

Eigentlich ist das ganze Jahr über Frisbee-Saison. Einer der Hotspots ist Viareggio, ein Städtchen im Westen der Toskana, mit langen sandigen Stränden gesegnet. Einmal im Jahr, Mitte September, lockt ein Turnier die Scheibensport-Freaks an einen Strandabschnitt außerhalb Viareggios: der Burla Beach Cup.

"Es gibt Mannschaften, die jedes Jahr hierher kommen," sagt Mike, der mit einer Mannschaft aus London angereist ist. "Man kennt sich. Es ist eine dreitägige Party mit einer riesigen Gruppe Freunde und Bekannte, alle durch eine Sache vereint: Wir lieben unseren Sport, wir wollen spielen!"

Zweieinhalb Tage lang dauert das Turnier. Nach den vierzigminütigen Spielen kühlen sich die Teams bei einem Bad im Mittelmeer ab. Am Sonnabend trifft man sich auf einem Campingplatz in der Nähe auch zu einer Kostümparty mit Livemusik.

Fünf gegen fünf

Beim Strand-Scheibensport - auf Englisch "Beach Ultimate" oder einfach "Beach Ulti" genannt - stehen sich jeweils fünf Spieler gegenüber - im Gegensatz zum "Ultimate Discsport", kurz "Ulti", wo auf Rasen Sieben gegen Sieben gespielt wird.

Hechtsprung eines Ulti-Spielers. Foto: Mike Hawkins
Artistische EinlageBild: Erich Lampart

Beach Ulti ist den Beach-Fußball nicht unähnlich, doch anstatt Bälle zu kicken, wirft man 175-Gramm- Turnierscheiben. "Frisbee" ist dabei nur eine Marke unter vielen. Ulti lebte in den 70er Jahren in den USA auf. Inzwischen ist es dort ein Massensport, der an Universitäten, Schulen und in städtischen Ligen gespielt wird. In Europa dagegen ist es noch ein Sport für Insider.

Gute Laune als Prinzip

Ulti ist ein anstrengender Sport, der Laufbereitschaft, taktisches Verständnis und natürlich präzise Würfe verlangt. Ungewöhnlich ist, dass es keine Schiedsrichter gibt. Die Spieler entscheiden selbst, ob die Scheibe im Feld oder draußen gelandet ist, ob es ein Foul gab oder nicht. Schummeleien werden mißbilligend zur Kenntnis genommen und durch sanftem Gruppenzwang entgegengewirkt.

Der "Spirit of the Game", der Geist des Spiels, schreibt neben Fair Play auch gute Laune vor. Es wird zwar intensiv gespielt, jeder Punkt ist hart umkämpft, aber allzu ernst sollen die Spieler den Wettkampf nicht nehmen. Nach jedem Spiel bilden beide Mannschaften einen gemeinsamen Kreis. Die Spieler legen die Arme um die Schultern der Gegner, um das gerade beendete Spiel zu besprechen und auch zu feiern.

Kreis aller Spieler nach der Partie. Foto: Mike Hawkins
Gegner im Kreis vereintBild: Mike Hawkins

Fokus auf Ulti

"Die Szene bei Beach Ulti ist ähnlich, wie sie bei Rasen-Ulti vor zwanzig Jahre war", sagt Volker Lehmann, 48 Jahre alt, ein Hüne, der seit den 90er Jahren spielt. "Die Gemeinschaft ist noch klein genug, sodass man alte Bekannte auf Turnieren immer wieder sieht. Die Spiele sind intensiv, aber freundlich. Man ist an einem schönen Strand, wo die Sonne scheint. Ich liebe diesen Sport."

Lehmann spielt für "Quattro Stazioni", eine Mannschaft aus Deutschland, die eine feste Größe beim Burla Beach Cup ist. Für Lehmann ist Beach Ulti viel mehr als nur ein bisschen Sport in der Freizeit: "Es ist neben meiner Arbeit im Softwarebereich der Hauptfokus meines Lebens."

Lehmann spielt 15 Sandturniere im Jahr, in verschiedenen Ländern Europas. Es gibt zwei Arten von Wettbewerben: Bei so genannten "Hat-Turnieren" reist er als Einzelspieler an, die Teams werden ausgelost. Bei den übrigen Turnieren stehen die Mannschaften schon im Vorfeld fest.

Spielszene im Finale des Burla Beach Cups. Foto: Mike Hawkins
Voller Einsatz, aber immer fair und gut gelauntBild: Mike Hawkins

Dazu tritt Lehmann auch bei einigen Rasenturnieren an. "Sandturniere spiele ich aber am liebsten," sagt er. "Der Sandstrand, die Sonne und das Meer, das erinnert uns alle daran, dass wir hier sind, um richtig Spaß zu haben." Wie er touren einige hundert Spieler durch Europa, um so viele Turniere im Jahr zu spielen wie möglich.

Vom IOC anerkannt

Inzwischen hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) die World Flying Disc Federation (WFDF) offiziell anerkannt - letzteres ist die Dachorganisation der Wurfscheibensportarten. Das sei "ein absoluter Meilenstein", sagt Volker Bernardi, seit 2011 Chef der WFDF. Damit, so Bernardi, könnten die Scheibensportarten z.B. auch Fördergelder beantragen, um neue Plätze zu bauen oder den Sportlern einen Teil der Reisekosten erstatten zu können.

Neben Ulti sind auch Disc-Golf, Double Disc Court (das mit zwei Scheiben gespielt wird) und Freestyle (ein akrobatisches und trickreiches Jonglieren mit Wurfscheiben) im WFDF vertreten.

Ulti könnte sogar olympisch werden, laut Bernardi - allerdings frühestens Mitte des kommenden Jahrzehnts.

"Das wird nach unserer aktiven Zeit sein", sagt Volker Lehmann. "Vielleicht wird sich dann manches ändern. Aber darüber mache ich mir keinen Kopf."

DW-Reporter Nils Zimmermann spielt selbst Beach Ulti, beim Burla Beach Cup in Viareggio startete er erstmals für das Team Quattro Stazioni. Die Mannschaft belegte den dritten Platz unter 16 Teilnehmern.