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Friedrich Merz: CDU-Parteitag feiert Kanzlerkandidat

3. Februar 2025

CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz gibt seiner Partei nach dem Streit der vergangenen Tage ein Versprechen. Gegen die Verunsicherung und gegen die AfD.

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Friedrich Merz am Rednerpult, hinter ihm der Schriftzug: Wieder nach vorne
Ein Mann will Zuversicht ausstrahlen - Friedrich Merz beim CDU-ParteitagBild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance

Binnen Minuten wird, so wirkt es, das Gesicht von Friedrich Merz um zehn Jahre jünger. Als der 69-Jährige an diesem Montag die Bühne des "City Cube", einer modernen Halle am Berliner Messegelände, betritt und den CDU-Bundesparteitag eröffnet, brandet Applaus auf, stürmischer Applaus. Und dieser dauert.

Entscheidung am 23. Februar

Deutschland wählt am 23. Februar den nächsten Bundestag. Es ist eine Folge des krachenden Endes der "Ampelkoalition" von Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen Anfang November. So begehen alle im Bundestag vertretenen politischen Lager binnen eines Monats noch Parteitage: zur Bekräftigung von Wahlprogrammen, zur Ermutigung der Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer und auch der Spitzenkandidaten.

Wie der Kanzlerkandidat von CDU und CSU, Friedrich Merz. Drei Mal hebt er gegen den Applaus an mit den Worten: "Sehr geehrte Damen und Herren". Er versucht es auch mal mit "liebe Freundinnen und Freunde". Aber der Beifall ebbt nicht ab. Merz steht da, vielleicht ein wenig verlegen, vielleicht genießt er auch den Moment. Beim Auftakt des gut fünfstündigen Treffens von rund 950 Delegierten ist klar: Sie feiern ihn geradezu und versichern ihm Zuspruch.

Merz kann es wohl brauchen. Ende vergangener Woche hatte sein ultimatives Drängen auf Entscheidungen des Bundestages zur stärkeren Kontrolle von Migration und zu einem Stopp illegaler Migration die im Wahlkampf eh aufgeheizte Stimmung weiter hochgekocht. Denn dadurch bekam die nicht nur im Parlament, sondern auch politisch rechtsaußen angesiedelte AfD eine Rolle.

CDU-AfD-Kooperation: Was denken die Wähler?

Es war ein Drama in mehreren Akten. An einem Tag bekam ein Antrag der Union eine Mehrheit nur deshalb, weil auch die AfD-Fraktion zustimmte. An einem anderen Tag reichten die Stimmen von CDU/ CSU und AfD allerdings knapp nicht für einen Gesetzentwurf.

Dabei hatte Merz seit der Übernahme des CDU-Vorsitzes Ende Januar 2022 öfter betont, nie mit der AfD gemeinsame Sache machen zu wollen. Nun gab es breite Kritik vom politischen Gegner und in den Medien, auch von den Kirchen und dem Zentralrat der Juden in Deutschland. Und am Wochenende gingen bundesweit Hunderttausende aus Protest auf die Straße, allein in Berlin laut Polizei rund 160.000 Menschen.

Mindestens 160000 beim Protest gegen Zusammenarbeit der CDU mit AfD in Berlin, hier vor dem Brandenburger Tor
Demonstration gegen jede Zusammenarbeit von CDU und AfD am 2. Februar in BerlinBild: John Macdougall/AFP/Getty Images

Absage an die AfD - wieder einmal

Im "City Cube" kommt Merz während seiner gut 50-minütigen Kandidatenrede auf dieses Thema. Er könne "sehr klar und sehr deutlich versichern: Wir werden mit der Partei, die sich da Alternative für Deutschland nennt, nicht zusammenarbeiten. Vorher nicht, nachher nicht, niemals", bekräftigt Merz bald nach Beginn seiner Ausführungen.

"Diese Partei steht gegen alles, was unsere Partei und unser Land in den letzten Jahren und Jahrzehnten in Deutschland aufgebaut hat", sagt er und nennt die Westbindung, den Euro, die NATO. Mit der AfD gebe es für ihn keine Zusammenarbeit, auch keine unionsgeführte Minderheitsregierung.

Auf den Plätzen liegen für die Delegierten Pappen mit Partei-Slogans
Vorbereitete Wink-Schilder beim CDU-ParteitagBild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance

Da stehen die Delegierten auf. Der Beifall schwillt an zu Jubel. CDU-Bundesparteitage sind traditionell keine Orte des lauten Streits, erst recht nicht in Wahlkampfzeiten. Aber die Reaktion der Halle zeigt, wie wichtig vielen in der CDU diese Klarstellung ihres Chefs und Frontmannes war. Der ein oder die andere Delegierte deutet das am Rande der Veranstaltung an.

Pläne für den Fall des Wahlsiegs

Die Rede des Vorsitzenden hat aber andere Schwerpunkte. Er betont die schwierige wirtschaftliche Lage Deutschlands und kündigt zahlreiche Schritte an, um im Land wieder zu wirtschaftlichem Wachstum zu kommen. Sinkende Steuerbelastungen für Unternehmen, Regulierungs- und Bürokratieabbau sollen die Wirtschaft wieder in Schwung bringen und für neuen Wohlstand sorgen. Es gehe um Innovation und auch mehr Forschung. Dabei warnte er davor, den Klimawandel auszublenden. Der Weg in die Klimaneutralität sei "unumkehrbar", man dürfe den gefährlichen Klimawandel "nicht in Zweifel" ziehen. Den Ausstieg aus der Atomenergie erwähnte er kurz, ließ aber offen, ob er da zurück steuern will.

Schon vor seiner Rede beschließt die Partei ohne große Vertiefung in der Sache einstimmig ein "Sofortprogramm". Es sieht unter anderem die Rückabwicklung mancher Gesetze aus den Ampel-Jahren vor, so die rechtlich detailliert geregelte Zulassung von Cannabis und das sogenannte Heizungsgesetz. Außerdem diverse Maßnahmen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Und auch die Begrenzung der irregulären Migration gehört mit weiteren Punkten aus dem umstrittenen Bundestags-Antrag in dieses Paket. 

Beim Thema Verteidigungs- und Außenpolitik wird Merz ausgesprochen ernst, die Halle lauscht still. Die "größte Herausforderung der nächsten Jahre" sei die "Bewahrung der Freiheit". Der grausame russische Angriff gegen die Ukraine sei "ein Angriff auch gegen unsere Freiheit, gegen ganz Europa, den Westen, die Aufklärung". Die militärische Bedrohung durch Russland sei "sehr real". Der CDU-Mann kündigt eine Vertiefung der Beziehungen zu den Nachbarländern Frankreich und Polen an. Und betont: "Wir werden wieder überzeugte Europäer sein."

Merz und Söder recken gemeinsam die Arme in die Höhe
Derzeit demonstrieren sie Einigkeit: Friedrich Merz (links) und Markus SöderBild: Ebrahim Noroozi/AP/picture alliance

Vor Merz hatte der Vorsitzende der bayerischen Schwesterpartei CSU, Ministerpräsident Markus Söder, gesprochen und die Stimmung angeheizt. Derzeit herrscht eine Eintracht von CDU und CSU, auch der beiden Parteichefs miteinander, wie es sie in vielen Jahren nicht gab. Auch Söder attackiert die AfD, deren Funktionäre "rechtsaußen" seien, "aber nicht ihre Wähler". Und Söder lästert über Bundeskanzler Scholz ("der Mann muss weg") und Rot-Grün, über Cannabis-Zulassung und sprachliches Gendern und bekommt dafür oft Beifall. Die Grünen attackiert er krachend. Für den CSU-Chef kommt eine Koalition der Union mit den Grünen unter ihrem Spitzenmann Robert Habeck auf keinen Fall in Frage.

Söder sorgt für Stimmung

Söder, der eine gute Dreiviertelstunde spricht - also ähnlich lang wie nach ihm Merz, achtet darauf, dass er den Beifall rasch abbindet. Für die Stimmung sind seine Reden immer gut. Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) wird später nach den Reden der beiden Vorsitzenden von einer Journalistin des TV-Senders Phoenix um eine Bewertung gebeten. "Söder war laut. Merz war klug", sagt er da kurz und bündig.

Auch ein kaum fünfstündiger Parteitag lässt vieles erkennen. Viele, so scheint es, gehen von einer Koalition der Union mit der SPD nach der Bundestagswahl aus. Doch alle haben Respekt vor den kommenden Wochen und der Entwicklung der Umfragen. Und kaum jemand erwähnt noch die FDP, eigentlich immer der Wunschpartner konservativer C-Politiker, oder deren Spitzenmann Christian Lindner.

Friedrich Merz schließt Zusammenarbeit mit der AfD aus

Merz will gleich am 23. Februar beginnen, eine künftige Regierung zu bilden. Und eine Mahnung wiederholen der Spitzenkandidat und sein CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann binnen 30 Minuten fast wortgleich. Erste Impulse seien noch vor der parlamentarischen Sommerpause notwendig, "damit die Menschen mit neuer Zuversicht in den Urlaub fahren".