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Frauenrechte in den Maghreb-Staaten

Fouad El Auwad 20. Oktober 2012

Jahrzehntelang haben die Frauen im Maghreb für ihre Rechte gekämpft. Nun befürchten sie, dass sich ihre Lage durch die Stärkung islamisch geprägter Parteien verschlechtert.

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Zwei Tunesische Arbeiterinnen in der Fabrik (Foto: DW)
Bild: DW

In den Maghreb-Staaten zogen in den vorigen vier Jahrzehnten immer mehr Frauen in die nationalen Parlamente ein. Viele Frauen engagierten sich auch in Frauenrechtsorganisationen.

Die laizistische politische Macht im jeweiligen Land gewährleistete den Frauen ihre Rechte - auch wenn dies unter anderem dem Zweck dienen sollte, diese Gesellschaft nach außen als fortschrittlich darzustellen.

Auch die Frauenrechtsorganisationen veränderten das Bewusstsein der Frauen, die immerhin die Hälfte der Gesellschaft bilden, und ermöglichten es ihnen, aktiv am politischen und gesellschaftlichen Leben mitzuwirken.

Vorbild Tunesien

Die Lage der Frauen in Tunesien diente über Jahrzehnte als Vorzeigemodell. Im Kampf um die Gleichberechtigung standen sie damit an der Spitze der anderen arabischen Länder. Unter dem ehemaligen tunesischen Präsidenten Habib Bourguiba verbesserte sich die rechtliche Lage der Frauen im Land.

Zwei tunesische Frauen bei einer Demonstration Foto: Nicolas Fauque/ABACAPRESS.COM)
Tunesische Frauen demonstrieren für ihre RechteBild: picture alliance/abaca

"In Tunesien gab es ein Manifest, eine Art Gesetzbuch, das die Frauenzivilrechte regelte. Es war das fortschrittlichste in der ganzen arabischen Welt", erklärt die tunesische Frauenrechtsaktivistin und freie Schriftstellerin Hayet Al Rais. "Die Gesetze erlaubten es den Frauen, in allen Bereichen der Gesellschaft aktiv zu sein." Auch ein Polygamieverbot wurde festgehalten. "Die Frauen erhielten das Recht, die Scheidung zu fordern und diese auch rechtlich durchzusetzen. Ihre Kinder erhielten automatisch die tunesische Staatsangehörigkeit, selbst wenn die Väter Ausländer waren."

Frauenfreundliche Gesellschaft in Libyen?

Hatten die Frauen in Libyen eine besondere Stellung in der Gesellschaft? Der Staatschef Muammar al-Gaddafi erteilte ihnen eine besondere Rolle: Viele von ihnen bekamen gute Arbeitsstellen in staatlichen Institutionen. Ihre Rechte waren von ihm geschützt, solange sie nicht gegen seinen Willen verstießen und gegen seine politische Richtung waren. "Dies ist politische und kulturelle Propaganda seitens Gaddafi gewesen", kritisiert die libysche Frauenrechtsaktivistin und Lyrikerin Fatima Mahmoud. "Aus seiner Sicht war er der Befreier der Menschheit. Und er sah sich als Befreier der Frauen, vor allem in Libyen."

Der exzentrische ehemalige libysche Machthaber Gaddafi war kein Vorbild für sein Volk - auch nicht in Sachen Frauenrechten. Die Mehrheit der libyschen Gesellschaft lebt nach den Gesetzen der Sippenangehörigkeit, die keineswegs fortschrittlich ist. Nichtsdestotrotz haben manche Frauen doch von seiner Politik profitiert und Freiheiten genossen.

Libysche Frauen demonstrieren und schwenken Fahnen (Foto: AP/dpa)
Frauen haben eine zentrale Rolle im Arabischen Frühling gespieltBild: AP

In laizistisch regierten Ländern waren Frauenrechtsverbände und einzelne Aktivistinnen an der stetigen Verbesserung der Frauenrechte beteiligt. Dieser gesellschaftliche Fortschritt machte sich in maghrebinischen Staaten, insbesondere in Tunesien bemerkbar. Diese Errungenschaft drohen aber verloren zu gehen durch die Rückständigkeit einiger Theokraten.

Rückschritte nach den Revolutionen

Beispielsweise haben mehrere Abgeordnete der Salafisten in Tunesien sogar verlangt, dass die neue Verfassung ihnen das Halten von Sklavinnen erlaubt.

Sind das erste Anzeichen einer neuen Diktatur? Müssen die Frauen ihre hart erkämpften Rechte wieder aufgeben? Denn die Früchte der Revolution ernten offenbar die Theokraten, die als Gegner der Frauenrechte gelten. "Die religiöse Diktatur ist grausamer als jede politische Diktatur“, warnt Hayet Al Rais, die die Lage in Tunesien beschreibt: "Als die Partei al-Nahdha, die die Mehrheit im Parlament besitzt, jetzt den Vorentwurf für die Verfassung in Tunesien der Volksversammlung vorlegte, ließ dies nichts Gutes ahnen. Sie verlangte die Abschaffung der Gleichberechtigung. Frauen sollten künftig nur als Ergänzung der Männer fungieren."

Ähnliche Verläufe zeichnen sich in Libyen ab. Denn Theokraten begannen auch dort, Gesetze zu Frauenrechten zu widerrufen. Fatima Mahmoud kritisiert diese Haltung der Theokraten in Libyen aufs Schärfste: "Die Abschaffung der Frauenrechte ist zurzeit in Libyen das A und O. Dieses manifestiert sich in der Rede des Ratsübergangspräsidenten (Mustafa Abdul Dschalil) nach der Befreiung von Tripolis." Er habe der von Männern dominierten Gesellschaft versprochen, die Polygamie wieder zu erlauben.