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Frauenquote scheitert im Bundestag

Heiner Kiesel18. April 2013

Per Gesetz wollte die Opposition im deutschen Parlament erreichen, dass mehr Frauen in Aufsichträte kommen. Das wollen eigentlich auch viele Frauen aus der Union, doch der Druck auf sie war zu stark.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (beide CDU) in Bundestag (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die Parteistrategen in der Regierungskoalition haben sich durchgesetzt. Der Gesetzesvorschlag der Opposition für eine verbindliche Frauenquote in deutschen Aufsichtsräten ist vom Bundestag abgelehnt worden. Noch am Anfang der Woche hat es so ausgesehen, als hätte es eine genügend große Zahl von Abweichlerinnen und Abweichlern in der Union gegeben, um eine 40-Prozent-Quote ab 2023 fest zu schreiben.

320 Stimmen lehnten den von Rot-Grün eingebrachten Antrag ab, 277 Abgeordnete sprachen sich dafür aus. Es gab eine Enthaltung, 21 Abgeordnete nahmen nicht an der Abstimmung im Bundestag teil. Insgesamt verfügt die Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP über 330 Stimmen. "Manchmal muss man des Gegenteil dessen tun, was man eigentlich will, um sein Ziel zu erreichen", sagte die CDU-Abgeordnete Rita Pawelski, die noch vor wenigen Tagen eine Befürworterin des gescheiterten Gesetzes war.

Heftiger Schlagabtausch

Der Abstimmung war ein heftiger Schlagabtausch zwischen Koalition und Opposition vorausgegangen. Für die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen griff die Abgeordnete Katrin Göring-Eckard Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (im Artikelbild rechts) heftig an. "Sie sind umgefallen", warf sie der Unionspolitikerin vor.

In Ministerin von der Leyen hatte die Opposition erhebliche Hoffnungen für das Gelingen ihres Gesetzesvorhabens gesetzt. Sie galt als Frontfrau der möglichen Abweichler in der Union. Aber nach einem Kompromissvorschlag des CDU-Präsidiums schwenkte sie auf die Parteilinie ein. Demnach soll eine Frauenquote von 30 Prozent ab 2020 ins Wahlprogramm der CDU geschrieben werden.

Union und FDP stimmen gegen Frauenquote

Die Debatte verfolgte von der Leyen von der Regierungsbank in sehr gerader Sitzhaltung und unbewegter Mine. Sie hatte auf eine Rede verzichtet. Teile der Union sind ihretwegen verstimmt, weil sie der Parteiführung das Bekenntnis zu einer künftigen Frauenquote abgerungen hat.

Überzeugungsarbeit innerhalb der Union

"Wir wollen deutlich machen, dass wir das wollen", rief Unions-Fraktionsführer Volker Kauder vor allem seinen Parteifreunden zu. Kauder spach ohne Manuskript - er hatte das Thema in den vergangenen Tagen immer wieder intensiv mit möglichen Abweichlern in seiner Partei verhandelt. Seine Aufgabe war es, sie davon zu überzeugen, dass es der sicherere Weg sei, auf eine mögliche Unterstützung durch die eigene Partei zu bauen, statt auf eine unsichere Mehrheit mit der Opposition. "Heute ist ein guter Tag für die Frauen in unserem Land", betonte Kauder. Man lasse nun der Wirtschaft bis 2020 Zeit, und dann werde es ernst, versprach er.

"Wenn wir nichts tun, dann dauert es bis zur Mitte des Jahrhunderts, bis wir 40 Prozent haben", ermahnte SPD-Fraktionsführer Frank-Walter Steinmeier die Abgeordneten der Union. Die von SPD und Grünen regierten Länder hatten über den Bundesrat ein Kompromissmodell  zur schrittweisen Erhöhung der Frauenquote auf 40 Prozent bis 2023 in das Parlament eingebracht. Steinmeier bezeichnete das Projekt freiwilliger Selbstverpflichtungen – ein Projekt der Familienministerin Kristina Schröder – als "Flexiquotenquatsch der Frauenministerin". Diese wiederum warf Steinmeiers SPD und den Grünen vor, nichts für die Frauen in der Berufswelt getan zu haben, als sie an der Regierung waren. Schröders Redebeiträge wurden durch wiederholtes Johlen aus den Rängen der Opposition begleitet. "Was sie hier inszenieren, ist scheinheilig und falsch", sagte die Familienministerin und nannte die Kritik an ihrer Person "dreist".

Frauenquote vielleicht im Herbst

Union und Regierung ist durch das disziplinierte Abstimmungsverhalten ihrer Abgeordneten viel Ärger erspart geblieben. Bundeskanzlerin Angela Merkel wechselte entspannt und lachend Worte mit Familienministerin Schröder, nachdem diese wieder Platz genommen hatte.

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (Foto: Reuters)
Bundesfamilienministerin Kristina Schröder mag lieber freiwillige "Flexi-Quoten"Bild: Reuters

Eine Frauenquote steht im Widerspruch zu einem Parteitagsbeschluss der CDU, wie auch zum Koalitionsvertrag mit der FDP. Das wäre im anstehenden Bundestagswahlkampf belastend gewesen. Jetzt hoffen die Quoten-Befürworter in der Union darauf, dass nach einem für sie erfolgreichen Urnengang im Herbst ein neues Gesetzesvorhaben zur Frauenquote in deutschen Aufsichtsräten führt. Der Wunschpartner in der erhofften neuen Regierung, die FDP, lehnt das Vorhaben jedoch schon jetzt ab. "Statt eines Gesetzes bekommen Sie ein Stück Papier", warnte der Linken-Politiker Gregor Gysi erfolglos vor der dann erfolgten Ablehnung des Gesetzes.