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Klischee voll bestätigt

3. November 2010

Eine Untersuchung von Biopsychologen der Universität Bochum bestätigt: Frauen können tatsächlich schlechter einparken als Männer. Selbst mit zunehmender Erfahrung am Lenkrad unterschätzen Frauen ihre Fähigkeiten.

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Junge Frau beim Einparken (Foto: dpa)
"Pass ich da rein?" - Viele Frauen haben beim Einparken ProblemeBild: picture-alliance/chromorange

Kaum ein Vorurteil ist weiter verbreitet als das der mangelnden weiblichen Fahrkünste. So liefert die Suchmaschine Google zum Thema "Frauen" und "Einparken" über 90.000 Einträge. Grund genug für die Biopsychologin Claudia Wolf von der Ruhr-Universität Bochum, dieses Klischee endlich einmal auf den Prüfstand der Wissenschaft zu stellen. Claudia Wolf wollte wissen, "ob wirklich etwas dran ist an diesem Vorurteil." Und es ist, wie die Testergebnisse zeigten, einiges dran. Auch die Wissenschaft kann nicht jedes Vorurteil widerlegen.

Was läuft im Gehirn ab?

Psychologin Claudia Wolf (Foto: Ruhruniversität Bochum)
Psychologin Claudia WolfBild: Ruhruniversität Bochum

Für Psychologin Wolf ging es bei ihren Untersuchungen aber um mehr als nur um die Überprüfung des Klischees. Sie wollte wissen, "welche Gehirnmechanismen beim Einparken eine Rolle spielen. Also, was das Gehirn tut, während man einparkt." Genauer gesagt: Was spielt sich dabei in männlichen und weiblichen Gehirnen ab. Heraus kam, dass beim Einparken, unabhängig vom Geschlecht, zwei Faktoren eine zentrale Rolle spielen: "Zum einen sind das die räumlichen Fähigkeiten", so Claudia Wolf, "zum anderen aber auch die Selbsteinschätzung. Es hängt davon ab, ob man glaubt, ein guter oder schlechter Parker zu sein."

Und da beginnt der Unterschied zwischen Frauen und Männern am Steuer eines Autos beim Einparken. Das Psychologenteam ließ 17 Fahranfänger und 48 erfahrene Autofahrer, wohl verteilt auf beide Geschlechter, unterschiedliche Parkmanöver durchführen. Zum Einsatz kam dabei ein Fahrzeugtyp der Mittelklasse, hinter dessen Steuer zuvor noch keiner der Teilnehmer gesessen hatte. Aus einem für die Untersuchung, so Claudia Wolf, ganz einfachen Grund. "Für uns war das wichtig, dass wir die Vergleichbarkeit der Daten sichern konnten. Und das konnten wir nur, wenn wir die Autofahrer in einem Fahrzeug einparken lassen, mit dem sie keine Vorerfahrung haben."

Außerdem hatte man den weiblichen Testparkern vorsorglich bewusst verschwiegen, dass auch das Vorurteil gegenüber femininen Fahrkünsten auf dem Prüfstand stand. Denn sonst hätten sich die teilnehmenden Frauen zusätzlich verunsichert und die männlichen Testfahrer womöglich sogar ermutigt gefühlt.

Männer rotieren mental besser

Forscher misst Abstand zu Autoreifen mit Maßband (Foto: Ruhruniversität Bochum)
Zentimetergenau wurde der Abstand bestimmtBild: Ruhruniversität Bochum

Aber ob die Parklücke nun vorwärts, rückwärts oder seitlich von links oder rechts angesteuert werden sollte, im Endergebnis hatten stets die Männer die Nase vorn. Sie bugsierten das Fahrzeug wesentlich schneller und auch zielgenauer in die Lücken. Zeitlich lagen die Männer um fast eine Minute vorn und bei der Genauigkeit um satte drei Prozent. Männer, konstatiert Psychologin Wolf nüchtern, können am Lenkrad mental offenbar besser rotieren. Nicht nur in der Theorie beim sogenannten mentalen Rotationstest. Dabei geht es, so Claudia Wolf, "um die Aufgabe, dreidimensionale Figuren miteinander zu vergleichen und herauszufinden, welche der Figuren identisch sind und welche Spiegelbilder sind."

Umgemünzt auf die Praxis im Straßenverkehr heißt das: "Beim Einparken ist es wichtig, dass man sich seine Umgebung vor dem inneren Auge vorstellt. Also man muss wissen, wo sich die parkenden Autos befinden, wo sich der Bordstein befindet. Und gerade dann, wenn man das Gaspedal betätigt, dann verändert sich diese Position der Objekte."

Mut zum Blechschaden

Frau beim Einparken im Rückspiegel (Foto: Ruhruniversität Bochum)
Mangelndes Selbstvertrauen behindertBild: Ruhruniversität Bochum

Nach Auswertung der Daten beginnt für Claudia Wolf das weibliche Einpark-Dilemma bereits frühzeitig mit der erlebten Schwäche bei der mentalen Rotation. "Wenn sie als Fahranfänger weniger gute räumliche Fähigkeiten haben, parken sie schlechter ein", sagt sie. "Die Folge ist, dass sie diese Schwächen bemerken und weniger selbstbewusst zu Werke gehen. Folglich sinkt auch die zukünftige Leistung."

Trotz zunehmender Erfahrung schätzen Autofahrerinnen ihr Können weniger selbstbewusst ein als die von ihren Fahrkünsten überzeugten Männer. Vor allem bei komplexen motorischen Aufgaben wie dem Einparken. Denn da in den Köpfen der Frauen sowieso das eingeimpfte Vorurteil herum geistert, sie seien zum Einparken nicht geeignet, trauen sie sich auch nicht viel zu. Abhilfe schaffen, glaubt Claudia Wolf, könne eine Flucht nach vorn. In den Glauben an die eigenen Fähigkeiten. Und die sieht so aus: Frauen müssten eine Parklücke als Herausforderung und nicht als Bedrohung betrachten. Inwieweit Frauen diesem Ratschlag folgen und das Risiko eines Blechschadens eingehen, das steht angesichts der Reparaturpreise in deutschen Autowerkstätten allerdings auf einem anderen Blatt.

Autor: Klaus Deuse
Redaktion: Andreas Ziemons