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Frankreich verbittet sich Spardiktat

29. Mai 2013

Mit sehr scharfen Worten hat Frankreichs Präsident Hollande wirtschaftspolitische Empfehlungen der EU-Kommision zurückgewiesen. Hollande warf Brüssel Kompetenzüberschreitung vor.

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Frankreichs Präsident Hollande (Foto: AFP/ Getty Images)
Bild: AFP/Getty Images

Francois Hollande hat Tacheles geredet. "Die EU-Kommission hat uns nicht zu diktieren, was wir zu tun haben", sagte der Präsident am Rande eines Besuchs im südfranzösischen Rodez. "Sie kann nur sagen, dass Frankreich seine Staatsfinanzen sanieren muss", fügte er hinzu. Es sei "einzig" an Frankreich, "den richtigen Weg" zu finden.

Zuvor hatte die EU-Kommission die Regierung in Paris aufgefordert, Wirtschaft und Rentensystem im Land zu reformieren. "Frankreich hat in den vergangenen zehn, vielleicht sogar auch 20 Jahren an Wettbewerbsfähigkeit verloren", konstatierte Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Brüssel.

Zwei Jahre Aufschub

Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone kämpft mit einer Rekordarbeitslosigkeit, einer wirtschaftlichen Flaute und Haushaltsproblemen. Die EU-Kommission will Frankreich deshalb zwei Jahre Aufschub bis 2015 zum Erreichen der EU-Defizitgrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts einräumen. Barroso machte deutlich, dass sich der sozialistische Präsident nicht auf dieser zeitlichen Streckung ausruhen dürfe: "Unsere Botschaft an Frankreich ist in der Tat ziemlich fordernd."

So bekam Hollande im Gegenzug zur verlängerten Frist von der EU-Kommission den Auftrag, noch bis zum Jahresende eine Reform des Rentensystems in Angriff zu nehmen, um die defizitäre staatliche Pensionskasse bis spätestens 2020 finanziell auszugleichen. In den kommenden 18 Monaten soll Frankreich zur Steigerung seiner Wettbewerbsfähigkeit Arbeitskosten reduzieren, die Exportstärke seiner Unternehmen fördern, gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit angehen, den Dienstleistungssektor öffnen und das Steuersystem vereinfachen.

Mehr Zeit zum Sparen für Euro-Krisenländer

Auch andere Länder bekommen mehr Zeit

Frankreich ist nicht das einzige Land, das mehr Zeit zum Sparen bekommen soll. Auch für Spanien, Polen sowie das mit enormen Problemen auf dem Bankensektor kämpfende Slowenien soll die Frist um zwei Jahre aufgeschoben werden, den Niederlanden und Portugal will Barroso ein weiteres Jahr einräumen. Das unter einer massiven Schuldenlast leidende Italien will die EU-Kommission aus dem Kreis der Defizitsünder entlassen, ebenso wie Ungarn, Rumänien, Litauen und Lettland.

Zuletzt war besonders im Süden Europas die Forderung immer lauter geworden, die vielerorts am Boden liegende Wirtschaft nicht durch einen zu strikten Sparkurs vollkommen abzuwürgen. Die EU-Staaten müssen den Vorschlägen der Kommission noch zustimmen.

Merkel bei Hollande

An diesem Donnerstag wird Kanzlerin Angela Merkel in Paris erwartet, wo sie mit Hollande über die Zukunft der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion beraten will. Im Hinblick auf den EU-Gipfel Ende Juni geht es auch um die kürzlich verabschiedete deutsch-französische Initiative zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa. Zuletzt hatte es immer wieder Berichte über tiefe Differenzen zwischen Berlin und Paris über den richtigen Umgang mit der Eurokrise gegeben.

se/gmf (afp, dpa, rtr)