Frankreich verabschiedet Völkermordgesetz
23. Januar 2012Ungeachtet der massiven Drohungen aus der Türkei hat der französische Senat ein neues Völkermordgesetz auf den Weg gebracht. Das Gesetz sieht für das Leugnen eines in Frankreich gesetzlich anerkannten Völkermordes eine Gefängnisstrafe von einem Jahr und Geldstrafen von bis zu 45.000 Euro vor.
Bislang stand in Frankreich nur das Leugnen des Holocausts unter Strafe. Jetzt zählt auch das Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich zwischen 1915 und 1917 dazu, das in Frankreich seit 2001 als Völkermord anerkannt ist.
Der bereits im Dezember von der Nationalversammlung in Paris gebilligte Gesetzestext passierte den Senat ohne Änderung. 127 Senatoren stimmten dafür, 86 dagegen. Das Gesetz gilt damit als vom Parlament angenommen und muss jetzt nur noch von Präsident Nicolas Sarkozy unterschrieben werden. Während der Abstimmung demonstrierten vor dem Senatsgebäude Befürworter und Gegner des Gesetzes. In Frankreich leben rund 500.000 Menschen armenischer Abstammung. Treibende Kraft für das Gesetz war die konservative Regierungspartei UMP von Sarkozy.
Türkei ist verärgert
Die Türkei hatte vor der Verabschiedung der Vorlage Frankreich mit verschärften Sanktionen und einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gedroht. Der türkische Justizminister Sadullah Ergin sprach unmittelbar nach der Entscheidung im Senat von einer "Respektlosigkeit" gegenüber seinem Land.
Die Regierung in Ankara räumt zwar ein, dass zur Zeit des Osmanischen Reichs, des Rechtsvorläufers der Türkei, hunderttausende Armenier getötet wurden. Sie seien aber nicht Opfer einer staatlich angeordneten Ausrottung geworden. Fachleute schätzen, dass seinerzeit etwa 1,5 Millionen christliche Armenier gezielt getötet worden waren.
Ankara legt Wirtschaftsbeziehungen auf Eis
Im Dezember hatte die türkische Regierung bereits aus Protest gegen die Verabschiedung des Gesetzestextes durch die Nationalversammlung ihren Botschafter aus Paris vorübergehend abgezogen. Außerdem wurden die militärischen und wirtschaftlichen Kontakte zum NATO-Partner eingefroren. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan kritisierte, das Gesetz richte sich gegen sein Land und basiere auf einer Politik des Rassismus, der Diskriminierung und der Fremdenfeindlichkeit.
Autorin: Susanne Eickenfonder (afp, dpa, dapd, rtr)
Redaktion: Hans Ziegler