1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Forscher: Coronavirus schwer einzudämmen

17. Mai 2020

Vier Monate nach den ersten Corona-Fällen in Deutschland hat eine Studie die Infektionsketten der ersten Patientengruppe detailliert analysiert. Die Ergebnisse belegen, warum es so schwer ist, die Pandemie einzudämmen.

https://p.dw.com/p/3cLh0
Symbolbild Virologe
Coronavirus-Infizierte sind bereits vor den ersten Symptomen hoch infektiösBild: picture-alliance/Geisler/C. Hardt

Die in der Fachzeitschrift "The Lancet Infectious Diseases" veröffentlichte Studie bestätigt, dass SARS-CoV-2- Infizierte bereits vor den ersten Symptomen oder kurz danach höchst ansteckend sein können. Dies bedeute für Gesundheitsmaßnahmen eine riesige Herausforderung, folgern die Wissenschaftler. Zudem sei die Inkubationszeit, die durchschnittlich 4,0 Tage betrug, oft sehr kurz gewesen. "Eine globale Eindämmung von COVID-19 könnte schwer zu erreichen sein", betonen die Autoren der Studie.

Detaillierte Untersuchung der Webasto-Infektionen

Die Forscher um Merle Böhme vom bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Udo Buchholz vom Robert Koch-Institut sowie Victor Corman von der Berliner Charité untersuchten die bundesweit ersten Corona-Fälle, die in Zusammenhang mit dem Autozulieferer Webasto bei München standen. Eine chinesische Kollegin hatte den Erreger bei einer Dienstreise eingeschleppt.

Deutschland Coronavirus Webasto Hauptquartier
Beim Autozulieferers Webasto gab in Deutschland Ende Januar die ersten Coronavirus-InfektionenBild: Reuters/N. Woschek

In mindestens einem der insgesamt 16 untersuchten Fälle habe ein Infizierter das Coronavirus weitergegeben, bevor er Symptome hatte, berichtet die Studie. Möglicherweise traf dies sogar für fünf weitere Fälle zu. In mindestens vier Fällen steckte ein Infizierter andere Menschen an jenem Tag an, an dem die Symptome gerade begannen. Fünf weitere Fälle könnten in diesen Zeitraum fallen, schreiben die Autoren.

"Kontaktverfolgungs-Apps dringend benötigt"

Forscher von der Uniklinik Köln stützen in einem "Lancet"-Kommentar die Schlussfolgerungen der Studie: "Das passt zu anderen Resultaten, die die Häufigkeit präsymptomatischer Übertragungen auf bis zur Hälfte aller Infektionen schätzen. Das ist eines der gravierendsten Hindernisse für eine Kontrolle der Pandemie." Im Falle einer größeren Ausbreitung reiche die traditionelle Verfolgung von Kontakten nicht mehr aus. Daher werden neue Technologien wie Kontaktverfolgungs-Apps dringend benötigt, um die Pandemie effektiv zu kontrollieren", betonen die Kölner Experten.

Die Corona-App

Das unterstreicht auch Annelies Wilder-Smith von der London School of Hygiene & Tropical Medicine (LSHTM) in einem Kommentar: Die Studie unterstreiche die Bedeutung der Verfolgung von Übertragungsketten durch Contact Tracing und Quarantäne von Kontakten. "Alle Länder, die eine rigorose Kontaktverfolgung eingeführt haben, waren am effektivsten darin, die Zahl der Neuinfizierten klein zu halten. Südkorea, Taiwan, Hongkong, Thailand, Vietnam und Singapur sind eindeutige Beispiele für Länder, die nicht an Ressourcen und Technologie sparen, um eine rigorose Ermittlung von Kontaktpersonen durchzuführen. Alle waren erfolgreich."

ww/sti (dpa, The Lancet  Infectious Diseases)