1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kulturtrip für Ethnologen

Anna Brockdorff 20. Dezember 2012

Südafrika, Mali, Kenia - viele deutsche Ethnologie-Studenten forschen während ihres Studiums im Ausland. Damit das nicht zum Kulturschock wird, bereiten die Dozenten die Studierenden vor und helfen bei Projekten.

https://p.dw.com/p/174OM
Affenbrotbaum © ileiry - Fotolia.com
Bild: ileiry/Fotolia

Tom Simmert hat es geschafft: Er hat Hobby und Ethnologie-Studium miteinander verbunden. Er hat damit sogar ein Stipendium für einen Forschungsaufenthalt in Afrika bekommen und schreibt jetzt auch seine Magisterarbeit über House-Musik in Südafrika. Der 24-Jährige ist überrascht von der Vielfalt der House-Musik dort. Drei Monate lang ist er in die südafrikanischen Musikszene eingetaucht, hat Musiker getroffen, selbst aufgelegt und Interviews geführt. Er denkt mit Begeisterung an die Zeit in Südafrika zurück.

Aber natürlich hat er auch Rückschläge erlebt. "Ich habe oft das erfahren, was vor Ort mit dem Begriff 'African Time' gerechtfertigt wird. Also: Man verabredet sich zu Gesprächen - und dann ist es zwei Stunden später, und es klappt irgendwie nicht. Das ist schon frustrierend."

 Kulturschock bei der Rückkehr nach Deutschland

Letztlich ist Tom Simmert froh, wie sich alles ergeben hat. Statt vieler verschiedener Interviews in und rund um Johannisburg hat er sich schließlich auf ein Township in der Nähe der Stadt konzentriert. "Das hat bei mir einen ungemein starken Eindruck hinterlassen, was für eine spezielle und reiche Musikkultur es in diesem Township gibt."

Natürlich sei es für ihn ungewohnt gewesen, als einziger Weißer durch das Township zu spazieren und immer und überall sofort aufzufallen. Als Kulturschock im Ausland habe er das aber nicht empfunden. Im Gegenteil: "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass der Kulturschock größer ist, wenn man wieder nach Hause kommt." Das liege wohl daran, dass er sich in Südafrika schleichend, ohne es selbst zu merken, daran gewöhnt habe, Probleme oder Herausforderungen auf eine andere Art zu lösen. "Wenn man dann zurück kommt, ist alles wie vorher, aber man nimmt es anders wahr."

Passanten im Township (Foto: Kerstin Poppendieck)
Tom hatte keine Berührungsängste im TownshipBild: DW

Ethnologen sind gefragt

Die Fähigkeiten, sich auf Neues einzulassen, eine neue Perspektive einzunehmen, das schätzen auch viele Unternehmen an den Ethnologen. Daher seien Ethnologen in ganz verschiedenen Bereichen gefragt, sagt Ethnologie-Dozentin Ute Röschenthaler. "Das können Werbeagenturen, große Firmen oder sogar die Bundeswehr sein." Die Bundeswehr stellt Ethnologen zum Beispiel als Berater ein. "Ethnologen haben diese flexible und analytische Sichtweise. Damit können sie Vorgänge in einem Unternehmen erklären, die anderen nie auffallen würden", sagt Röschenthaler.

Gerade deshalb sei ein gewisser Kulturschock im Ausland auch eine ganz wichtige Erfahrung. "Aber natürlich sprechen wir auch in den Seminaren und Vorlesungen über Methoden, wie man vorgeht, wenn man in einer fremden Gesellschaft ist. Und was passiert, wenn die erlernten Verhaltensweisen nicht funktionieren, wenn man in tausend Fettnäpfchen tritt." Dadurch seien die Studierenden meist gut vorbereitet. Und wer damit nicht zurecht komme, springe meist schon vorher ab, bevor es überhaupt in die Feldforschung und ins Ausland gehe, so die Erfahrung von Ute Röschenthaler.

Eigene Schwerpunkt setzen

Seit Mitte der 1920er Jahre gibt es das Ethnologie-Institut an der Uni Franfurt. Leo Frobenius bekam damals die erste Professur und setzte damit gleich einen Afrika-Schwerpunkt. Erst später kam dann die Afrikanistik dazu. Inzwischen bietet die Ethnologie viele verschiedene Bereiche und Schwerpunkte, zum Beispiel die verschiedenen Regionen oder auch Themengebiete wie Musik, Museumsobjekte und Sprachen.

Student Tom Simmert mit einem Objekt aus dem südlichen Afrika (Foto: Anna Brockdorff)
Tom Simmert untersucht ein Objekt aus SüdafrikaBild: Anna Brockdorff

Dieses breite Angebot birgt auch die Gefahr, sich im Studium zu verlieren und zu verzetteln. "Darum empfehle ich allen Studenten in den niedrigeren Semestern, sich frühzeitig einen Schwerpunkt zu suchen", sagt der Student Tom Simmert. Er selbst hat sich schon in den ersten Semestern vor allem auf Musik in Afrika konzentriert. Und wenn er seine Magisterarbeit fertig hat, möchte er auf diesem Gebiet weiter forschen - am liebsten mit einer Promotion.