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Flagge zeigen ist zu wenig

Meike Scholz11. Dezember 2006

In der sudanesischen Provinz Darfur geht das Morden weiter. Auch Berlin diskutiert über Hilfsmöglichkeiten. Ein Kommentar von Meike Scholz.

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"Deutschland hilft, wir sind verantwortungsvoll." So hört es sich an, wenn Verteidigungsminister Franz Josef Jung daran denkt, deutsche Soldaten nach Darfur zu schicken, um dort Frieden zu schaffen – nach vier Jahren Krieg, über 200.000 Toten und mehr als zwei Millionen Vertriebenen. Ein Krieg, in dem Rebellen und Milizen marodierend durchs Land ziehen, Frauen und Mädchen vergewaltigen und über Grenzen hinweg auch die Nachbarländer des Sudans unsicher machen.

Da hat der Verteidigungsminister also Recht und niemand dürfte ihm widersprechen. "Wir wollen doch kein zweites Ruanda", "Stoppt den Völkermord in Darfur" - das hört man ständig. Aber deutsche Soldaten in eine Mission schicken, die noch kein Mandat hat? Es gibt natürlich Überlegungen. Der scheidende UN-Generalsekretär Annan hat gerade wieder einen Vorschlag gemacht und der heißt "Hybrid-Truppe"'. Die Afrikanische Union, die seit geraumer Zeit schon versucht in Darfur für Sicherheit zu sorgen, soll internationale Unterstützung bekommen. Mehr Geld und mehr Soldaten, von denen nicht unbedingt alle Afrikaner sind.

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Meike ScholzBild: dw-tv

Immerhin hat Präsident Al Baschir das vorgeschlagene Konstrukt in seine Überlegungen aufgenommen, wenn auch Zähne knirschend. Aber eigentlich will er gar keine UN-Soldaten in Darfur sehen. Er bezeichnet sie als Aggressoren. Einige seiner Minister gehen noch weiter, sie sprechen Morddrohungen aus. Was also will eine internationale Truppe in Darfur bewirken und was sollen dort deutsche Soldaten tun? Sie gelten als sehr professionell, als unparteiisch, als Vermittler. Trotzdem, eine gute Truppe braucht mehr, sie braucht die richtigen Voraussetzungen – zum Beispiel einen Waffenstillstand. Hier aber liegt das größte Problem. Die Rebellen kämpfen an unterschiedlichen Fronten, die Milizen bekommen immer noch ausreichend Unterstützung aus Karthoum. Es geht schließlich um Ressourcen, um Land, um Wasser und vielleicht auch um Öl.

Präsident Al Baschir hat deshalb Angst, irgendwann alleine in der Wüste zu sitzen. Den ressourcen-reichen Südsudan hat er vielleicht schon verloren, zumindest haben die Menschen dort die Option, in ein paar Jahren für ihre Unabhängigkeit zu stimmen. Doch was kommt dann? Darfur vielleicht, der Osten? Auch dort gibt es Widerstand gegen das Zentralregime in Karthoum. Eine vertrackte Lage also für die Vereinten Nationen. Einerseits stellt Al Baschir auf stur, andererseits können sie ihm nicht drohen. Das Regime in Karthoum hat einen großen Fürsprecher, das Sicherheitsratmitglied China. Peking fördert Öl im Sudan und daran soll sich auch künftig nichts ändern.

Der Fall Darfur zeigt, dass die Vereinten Nationen nur eine miserable Lösung bieten. Wenn Menschenleben gerettet werden sollen, dann müssen unkonventionelle Wege beschritten werden, dann müssen neue Partnerschaften entstehen, die über den Sicherheitsrat hinausgehen. Deutsche Soldaten können das aber nicht leisten. Sie brauchen ein deutliches Mandat und einen politischen Willen. Beides gibt es nicht im Sudan. Mehr als Flagge zeigen wäre deshalb nicht drin. Und das ist für einen Einsatz wie diesen einfach zu wenig.