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Koalitionskrach um Geld und Flüchtlinge

27. Februar 2016

Zwei Wochen vor den Wahlen in drei Bundesländern ist in der großen Koalition ein heftiger Streit über die Haushaltspolitik und die Flüchtlingshilfe entbrannt. Dabei sind die Kontrahenten in der Wortwahl nicht zimperlich.

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Finanzminister Schäuble (l.) und Wirtschaftsminister Gabriel diskutieren auf der Regierungsbank im Bundestag (Foto: dpa)
Bild: picture alliance/dpa/W. Kumm

Finanzminister Wolfgang Schäuble (Artikelbild links, mit Gabriel auf der Regierungsbank im Bundestag) hat dem SPD-Vorsitzenden, Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, eine "erbarmungswürdige Politik" in der Flüchtlingskrise vorgeworfen.

Mit Blick auf das von Gabriel geforderte Sozialpaket für die deutsche Bevölkerung parallel zur Flüchtlingshilfe, sagte der CDU-Politiker am Rande des Treffens der Finanzminister der G20-Staaten in Shanghai: "Wenn wir Flüchtlingen - Menschen, die in bitterer Not sind - nur noch helfen dürfen, wenn wir anderen, die nicht in so bitterer Not sind, das gleiche geben oder mehr, dann ist das erbarmungswürdig."

Gabriel warnt vor Benachteiligungen

Gabriel hatte kürzlich ein "neues Solidarprojekt" mit Kita-Plätzen, mehr Geld für den sozialen Wohnungsbau und einer Aufstockung kleiner Renten sowie eine Abkehr vom Sparkurs in der Haushaltspolitik gefordert. Er wolle verhindern, dass sich die einheimische Bevölkerung angesichts der Milliardenausgaben für Flüchtlinge benachteiligt fühle, erklärte Gabriel zur Begründung. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte diesen Vorstoß umgehend zurückgewiesen.

Gleichwohl legte Gabriel in der Zeitung "Bild am Sonntag" nach und gab Merkels CDU indirekt eine Mitschuld am Aufstieg der rechtspopulistischen AfD. Die CDU müsse sich "fragen lassen, ob sie der sozialen Spaltung der Gesellschaft tatenlos zusehen will", sagte der SPD-Vorsitzende der Zeitung. "Der Eindruck, wir würden unsere eigenen Bürger vergessen, darf sich nicht festsetzen", so Gabriel weiter.

Kritik am Koalitionspartner

Auch die Städte und Gemeinden dürften nicht allein gelassen werden, betonte der SPD-Chef. "Wenn die alles Geld für die Flüchtlingsintegration brauchen und die sozialen und kulturellen Angebote für die anderen Bürger deshalb gekürzt werden müssen, ist das sozialer Sprengstoff", warnte der Vizekanzler und fuhr fort: "Wenn der CDU in dieser Situation der Überschuss an Steuern im Haushalt wichtiger ist als der gesellschaftliche Zusammenhalt, dann macht sie sich mitschuldig an der Radikalisierung im Land."

Wohnungsbau in Dresden (Foto: dpa)
Wohnungsbau in DresdenBild: picture-alliance/dpa/A.Burgi

Schäuble will Schulden vermeiden

Die Antwort kam wieder aus Shanghai vom Bundesfinanzminister: "Dieses Gerede, dass ich jetzt in allen Bereichen der Politik mehr Geld ausgeben muss, als in der Finanzplanung vorgesehen ist, damit nicht wegen der Flüchtlinge der Rechtsradikalismus steigt - das ist nun wirklich erbarmungswürdig." Die Bewältigung dieser außergewöhnlichen Flüchtlingsbewegung habe oberste Priorität. Dem müsse alles andere untergeordnet werden - "wenn möglich ohne neue Schulden", betonte Schäuble. Vielleicht sei das nicht jedem Sozialdemokraten kurz vor Landtagswahlen verständlich zu machen.

SPD-Generalsekretärin Katarina Barley drohte derweil mit einer Blockade des Bundeshaushalts 2017 durch die Sozialdemokraten. "Um die vielen Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in Gesellschaft und Arbeitsmarkt einbinden zu können, brauchen wir künftig zwischen drei und fünf Milliarden Euro jährlich", sagte die Bundestagsabgeordnete der "Rheinischen Post" aus Düsseldorf.

"Ohne diese zusätzlichen Investitionen wird die SPD dem Bundeshaushalt 2017 nicht zustimmen. Darauf werden wir in den laufenden Haushaltverhandlungen pochen", kündigte Barley an. Das Geld werde benötigt für Einstiegsprogramme in den Arbeitsmarkt, für Sprachkurse, aber auch für den Wohnungsbau sowie für Schulen und Kitas.

wl/SC (dpa, afp)