Unter autoritären Regimen wird viel zensiert. Auch die ägyptische Regierung bildet dabei keine Ausnahme. Vor Ort sehen sich westliche Firmen vor die Entscheidung gestellt: mitmachen oder schließen.
Was die ägyptische Regierung im Januar 2011 gemacht hat, ist nicht wirklich neu. Eine strenge Internetzensur gibt es auch in China, Iran oder Nordkorea. Doch in Ägypten hat die Regierung das Internet vollständig gesperrt und auch alle Telefonnetze ausgeschaltet. So wollte man die Proteste der Bürger gegen den Präsidenten stoppen.
Doch nicht nur die Demonstranten, sondern auch die Industrie und der Handel sind abhängig von Internet und Telefon. Als die Netze wegen der wirtschaftlichen Verluste nach fünf Tagen wieder eingeschaltet wurden, mussten die Telefonanbieter regierungsfreundliche Kurzmitteilungen an die Bürger verschicken: "Jugend Ägyptens, hütet euch vor Gerüchten und hört die Stimme der Vernunft."
Dass die Firmen zu den Mitteilungen gezwungen wurden, behauptet zumindest der Konzern Vodafone. Menschenrechtsorganisationen kritisieren aber seit Langem, dass sich westliche Firmen häufig aus Profitgier der Zensur beugen oder private Nutzerdaten an die Behörden weitergeben. Auf diese Weise werden die undemokratischen Regierungen von demokratischen Unternehmen unterstützt.
Die Global Network Initiative kennt das Problem von westlichen Firmen, die in Ländern mit autoritären Regimen arbeiten. Die Organisation kämpft gegen Zensur im Internet und für die Meinungsfreiheit. Sie fordert Richtlinien, die helfen, dass sich Firmen nicht länger dem Willen einer undemokratischen Regierung beugen müssen. Doch bringt das wirklich etwas? Vodafone hat ganz klar gesagt, wer die Macht hat: "Wir möchten klarstellen, dass die Behörden in Ägypten die technischen Möglichkeiten zur Schließung unseres Netzes haben."
Glossar
autoritäre Regime, das – hier: eine Regierung, die nicht demokratisch ist und die Bürger unterdrückt
Zwang, der – der Druck, etwas tun zu müssen, was man nicht will?
Profit, der – der Gewinn
jemanden/etwas zensieren – hier jemanden/etwas kontrollieren
etwas sperren – etwas zumachen; etwas schließen
Telefonnetz, das – das System, das Telefone miteinander verbindet
Demonstrant/in, der/die – jemand, der gegen etwas protestiert
wirtschaftliche Verlust, der – der Verlust von Geld bei einem Geschäft oder Handel
regierungsfreundlich – die Regierung unterstützend
Kurzmitteilung, die – eine kurze Textnachricht, die mit dem Mobiltelefon gesendet wird
jemanden zu etwas zwingen – jemanden durch Drohung oder Gewalt dazu bringen,
etwas zu akzeptieren
Menschenrechtsorganisation, die – ein Verein, der sich um die Rechte der Menschen kümmert
Profitgier, die – der starke Wille, viel Geld zu verdienen
sich jemandem/etwas beugen – jemandem gehorchen; jemandem nachgeben
Nutzerdaten, die – persönliche Informationen über die Kunden einer Firma
Unternehmen, das – die Firma; der Betrieb
Meinungsfreiheit, die – das Recht, zu sagen, was man denkt
Richtlinie, die – die Regel, wie etwas zu tun ist
etwas klarstellen – etwas deutlich machen
Fragen zum Text
1. Was hat die ägyptische Regierung Anfang 2011 gegen die Proteste im Land gemacht?
a) Sie hat alle Telefone und Computer im Land eingesammelt.
b) Sie hat westliche Firmen aus dem Land geschickt.
c) Sie hat das Internet und die Telefonnetze ausgeschaltet.
2. In Ägypten protestieren … gegen das autoritäre Regime.
a) die Bürger des Landes
b) die Präsidenten der arabischen Länder
c) die westlichen Behörden
3. Die Global Network Initiative kämpft für …
a) weltweite Vernetzung.
b) Zensur im Internet.
c) das Recht auf freie Meinung.
4. Eine Regierung, die keine freie Meinung erlaubt, ist …
a) autoritär.
b) zensiert.
c) regierungsfreundlich.
5. Einige westliche Firmen müssen sich der Regierung Ägyptens …
a) zwingen.
b) beugen.
c) klarstellen.
Arbeitsauftrag
Stellen Sie sich vor, Sie reden mit einem autoritären Präsidenten. Mit welchen Argumenten würden Sie ihm erklären, warum Meinungsfreiheit wichtig ist? Sammeln Sie Argumente und diskutieren Sie im Kurs.
Autoren: Jutta Wasserrab/Matthias Mayr
Redaktion: Shirin Kasraeian