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Afrika und die Krise

14. September 2010

Die Pleite von Lehman Brothers und der darauf folgende Bankenzusammenbruch in den USA vor zwei Jahren schwappten bis nach Nigeria. Nicht nur der Ölpreis brach ein. Nigeria kämpft zudem mit einer eigenen Finanzkrise.

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Symbolbild Finanzkrise in Afrika (Copyright: AP/DW Fotomontage)
Auch an Afrika ging die Krise nicht spurlos vorrüberBild: AP/DW Fotomontage

Die Metropole Lagos am der Küste des atlantischen Ozeans ist das wirtschaftliche Herz Nigerias, für manche sogar des ganzen Kontinentes. Nicht nur die Bevölkerung wächst rasant und hat mittlerweile die 10-Millionen-Marke geknackt. Auch immer mehr internationale Unternehmen haben sich hier niedergelassen. Die Skyline des Geschäftsviertels ist immer weiter gewachsen. Mittlerweile ist die Nigerianische Börse in Lagos nach Johannesburg die zweitgrößte Afrikas. "In den guten, alten Tagen war die Börse immer voller Leben. Die Leute haben gelacht und geredet.", sagt der Börsenmakler Emanuel Okoh und denkt an die Zeit vor 2008. "Aber jetzt ist die Börse fast immer halb leer. Für uns Börsenmakler ist das eine deprimierende Zeit."

Verkehrsstau auf dem Ikorodu Highway in Lagos (Foto: picturealliance/dpa)
Lagos boomt: Zumindest, was den Verkehr betrifftBild: picture-alliance / dpa

Nigerianische Börse kurz vor der Pleite

Zwischen 2008 und 2009 hat die nigerianische Börse 70 Prozent ihres Wertes verloren. Schuld daran sind gleich zwei Finanzkrisen: eine lokale und die globale. Viele Nigerianer hatten gehofft, dass der Bankencrash in Amerika vor zwei Jahren an Afrika vorbei ziehen würde. Schließlich ist das nigerianische Finanzsystem kaum an das amerikanische gekoppelt. Aber es kam anders. Börsenmakler Okoh berichtet, dass im Jahr 2008 20 bis 30 Prozent der Kapitalzuflüsse aus dem Ausland kamen. "Ein großer Teil des Geldes wurde im selben Jahr wieder abgezogen.", sagt Okoh und sieht auch in der globalen Krise einen Grund für die lokale Krise.

"Wie lange funktioniert das?"

Blick auf Lagos (foto: dpa)
Lagos: Megacity und FinanzzentrumBild: picture alliance/dpa

Die Hauptursache für die lokale Finanzkrise war jedoch ein altbekanntes Schema: Banken vergaben Kredite, ohne die Kreditwürdigkeit vernünftig zu prüfen. Davon profitierten korrupte Politiker und Banker. Sie füllten sich die Taschen, indem sie mit geliehenem Geld spekulierten oder es einfach nicht zurückzahlten. "Das war allen egal.", sagt Jaiye Doherty vom Deutsch-Nigerianischen Unternehmensverband in Lagos. "Denn wenn einer sein Geld abgezogen hat, hat der nächste wieder etwas reingesteckt." In der Börse war die Gewinnspanne so groß wie nirgendwo sonst. Die Leute kauften Aktien und verdienten in kurzer Zeit den fünffachen Wert. "Die Frage war: Wie lange funktioniert das?" Solange, bis die Blase platzte: Als mehrere Kunden auf einmal ihr Geld vom Markt nahmen und den Banken dadurch die Einnahmen ausgingen.

Dickes Rettungspaket für Entwicklungsland

Fotomontage eines Hochhausgebäudes einer fiktiven Bad Bank. (DW-Gafik)
Gibt's jetzt auch in Nigeria: eine Bad BankBild: cc-by-nc Yago1.com/DW

Die Regierung sprang ein und gründete eine sogenannte "Bad Bank". Für zehn Milliarden Dollar soll sie die faulen Kredite aufkaufen, um so die gefährdeten Banken und ihre Kunden zu retten. Zuvor rettete die Regierung bereits einige Banken mit insgesamt vier Milliarden Dollar vor der Pleite. Schon in Europa und den USA waren staatliche Rettungspakete umstritten, im Entwicklungsland Nigeria ist es noch brisanter. Sollte ein Land, in dem jeder Vierte nicht lesen kann, Milliarden in den Finanzmarkt stecken? Die meisten Experten sind nach wie vor dafür, denn Nigerias Finanzsektor hat das Potential, die Entwicklung im Land rasant anzukurbeln. Außerdem haben sich die Haupteinkünfte der Regierung stabilisiert. Der Preis für einen Barrel Öl hat sich mittlerweile bei rund 80 Dollar eingependelt, nachdem er vor zwei Jahren von 150 auf 40 Dollar gefallen war.

Kampf gegen Korruption und Missmanagement

Doch wenn die Regierung hilft, fordert sie auch Einfluss. Damit ist die Zeit unregulierter Finanzmärkte in Nigeria vorbei. Wer früher bewusst von der mangelnden Regulierung profitierte, wird nun zur Rechenschaft gezogen. So wurde die Direktorin der Nigerianischen Börse im August entlassen und mehrere Bankenchefs warten auf ihre Gerichtsprozesse. Der Kampf gegen Korruption und Missmanagement könnte die wichtigste Lehre aus den Krisen werden.

Autor: Adrian Kriesch

Redaktion: Henrik Böhme