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"Filme öffnen Fenster und Türen"

Christine Gruler23. Juni 2002

Zu Blinden von der Farbe predigen – so könnte das Motto lauten, das sich Nicola Galliner auf die Fahnen geschrieben hat. DW-WORLD hat sich mit der Organisatorin des Berlin Jewish Film Festivals unterhalten.

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Das Berlin Jewish Film Festival zeigte mehr als Klezmer auf Familienfeiern

Am Donnerstag (20. Juni 2002) ging das Festival zu Ende, das im Berliner Kino Arsenal vom 9. Juni an, Einblicke in jüdisches Leben gewährte. "Volles Kino, wunderbares Publikum", das ist die Bilanz von Nicola Galliner, Leiterin des Festivals.

Die Vielfalt jüdischen Lebens zeigen

Das Berliner Jewish Film Festival ist eines von vielen jüdischen Festivals. Doch während in den USA und in Israel vor allem Juden im Publikum sitzen, verhält es sich in Berlin umgekehrt. Neben Nicola Galliner richtet sich einzig ihr Kollege in Stockholm an ein überwiegend nicht-jüdisches Publikum.

"Die jüdische Welt in Deutschland ist recht klein," sagt Galliner, die auch die Berliner Jüdische Volkshochschule leitet. "Die wenigsten Leute lernen Juden überhaupt kennen." Als Chance des Festivals, das sie 1996 mit aus der Taufe hob, erkennt sie: Es kann die Vielfalt jüdischen Lebens zeigen.

Den Blick erweitern

Die Filmtage sind Nicola Galliners Lieblingskind, denn "Filme öffnen Fenster und Türen zu Lebenswelten, die man sonst nicht erleben würde."

Die diesjährigen 19 Beiträge stammen aus 8 Ländern und sind keinem Thema untergeordnet. Sie bewegen sich zwischen "Women, crime and passions" - wie Galliner das Festival ursprünglich überschreiben wollte. Im Grunde genommen stünde die Leidenschaft im Vordergrund, sagt sie.

Die Wahl des Eröffnungsfilms war in diesem Jahr nicht schwer gefallen: "Desperado Square", ein Film des israelischen Regisseurs Benny Toratis, thematisiert die Suche nach einem geeigneten (Wieder)Eröffnungsfilm und bot gleichzeitig, was Galliner sich für den Anfang wünschte: "Etwas fürs Herz in schweren Zeiten".

Die erste Hälfte des Festivals kam eher leichtfüßig daher. Vom erfolgreichsten israelischen Krimi der letzten Jahre über ein "Casting", das der französische Regisseur Emmanuel Finkiel zusammenschnitt, bis hin zu einem Portät der beiden Lesben-Omis "Ruthi & Connie" konnten viele Einblicke in das breite Spektrum jüdischen Lebens gewonnen werden.

Komplexität gegen Schwarz/Weiß

"Ein jüdisches Filmfestival ist nicht ein Festival über den Nahost-Konflikt," betont Nicola Galliner. Thematisch war der Ausnahmezustand in Nahost dann aber trotzdem Gegenstand der zweiten, eher politischen Hälfte dieser Filmtage. Mit drei Filmen bezog das Festival mutig Position:

Avi Mograbis diesjähriger Berlinale-Beitrag "August" thematisiert die Angst, die Gewalt und die Wut im heutigen Israel. Er schildert die schizophrene Situation Mogragbis: "Ich sympathisiere mit dem Anliegen der Palästinenser, andererseits bin ich potenziell das nächste Opfer eines Terroranschlags. Wie soll ich damit leben?" Nicola Galliner möchte diese Haltung gerne auch als politische Aussage dieses Festivals gelten lassen.

"Drei Kugeln und ein totes Kind" heißt eine Dokumentation von Esther Schapira über die Fakten hinter dem Bild eines tödlich getroffenen palästinensischen Jungen in den Armen seines Vaters.

Ausblick für eine Lösung

Die israelische Produktion "Two States of Mind" schließlich ist die Verfilmung einer authentischen Geschichte zweier junger Frauen – Israelin und Palästinenserin – die als "Peace-Team" gemeinsam in einem Auto an einer Ralley durch die Sahara teilnahmen. Um diese emotionale Tour de Force durchzustehen, mussten die beiden zusammenhalten. "Der Film macht’s im Kleinen, was passieren muss," sagt Nicola Galliner, "man darf die Hoffnung nicht aufgeben."