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Fiestas in Madrid

Hans-Günter Kellner14. August 2008

Der August in Madrid ist unerbittlich heiß. Bei 40 Grad im Schatten flieht die eine Hälfte der Bewohner an die Mittelmeer-Strände. Die andere Hälfte feiert – wie Fokus-Europa-Korrespondent Hans-Günter Kellner in Madrid.

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de Alcala in Madrid (22.05.2007/AP)
Der August in Madrid ist mit 40 Grad im Schatten heißBild: AP

Fiestas in Lavapiés! Seit Jahren mache ich das, wovon allen Urlaubern abgeraten wird: Im August bleibe ich in Madrid. Denn jetzt reihen sich im vielleicht typischsten aller Stadtteile die Feste von gleich drei Schutzheiligen aneinander: San Cayetano, San Lorenz und La Paloma. Am Sonntag ist Schluss.

Feiern mit Stil

Osborne-Stier auf einem Hügel (12.10.2006/dpa)
Im August feiern die Spanier drei Feste zu Ehren von SchutzheiligenBild: picture-alliance/ dpa

Ich liebe dieses dörfliche und relaxte Ambiente, in dem am Mittag den Heiligen gehuldigt und am Abend gefeiert wird. Viele machen sich für diese Tage besonders fein. Die Männer ziehen sich zur schwarzen Hose ein weißes Hemd und eine schwarz-weiß karierte Weste an und setzen sich eine ebenso karierte Schirmmütze auf.

Frauen kleiden sich mit festlichen und bunten langen Kleidern, hängen sich ein großes feines Tuch über die Arme, das man Mantón aus Manila nennt. Sie binden sich ein weißes Kopftuch um und stecken sich eine Rose obenauf. Wer etwas auf sich hält, putzt sich vor der Fiesta fein raus.

Tanz der Eisenbahner als Nationaltanz

Frauen in Folklore-Tracht auf einem Pferdewagen
Bei den Festen setzen die Madrider auf TraditionenBild: picture-alliance/dpa

Auf der Bühne spielen die Musiker dann Chotis – so etwas wie den Madrider Nationaltanz. Der Chotis hat eine ganz besondere Geschichte, die mir mal ein Bekannter in einer Kneipe erzählt hat: Die ersten Eisenbahnstrecken legten in Spanien britische Unternehmen. Die Arbeiter stammten aus Schottland. Aus dem englischen Adjektiv "scottish" machten die Madrider "chotis", benannten so den Tanz der Eisenbahnarbeiter und tanzten gleich mit.

Ob die Geschichte stimmt oder nicht – anderen Theorien zufolge handelt es sich eher um eine böhmische Polka – sie ist doch charakteristisch. In dieser großen Stadt, deren Bewohner von überall her kommen, aus Andalusien oder der Extremadura, aus Marokko, Ecuador oder eben Deutschland - hat selbst der typischste aller Tänze einen Migrationshintergrund.

Es gibt übrigens kaum einen Tanz, bei dem sich der Mann weniger bewegt. Er steht in der Mitte und dreht sich nur um seine eigene Achse, während die Frau um ihn herum tanzt.

Tanzen liegt nicht jedem

Die Sieger Sergei Diemke und Katerina Timofeeva, Deutschland, tanzen waehrend der Weltmeisterschaft der Professionals in den lateinamerikanischen Taenzen in Gera (5. Mai 2007/AP)
Feuriger Tanz - der PasodobleBild: AP

Meine Hüften spricht der dramatische Pasodoble mehr an. Ich erinnere mich gut, wie ich vor vielen Jahren bei den Fiestas meinen ersten Pasodoble mit einer Freundin tanzte. Da betrat ein wirklich altes Paar die Tanzfläche. Er stützte sich sogar auf einen Stock. Doch sobald die Musik ertönte, hing er sich den Stock an den Unterarm.

Die beiden tanzten voller Eleganz und Musikalität, so gut wie sonst niemand im Rund. "Die tanzen schon ihr ganzes Leben lang", sagte meine Partnerin und machte mir Mut. Doch ich fühlte mich linkisch und unmusikalisch. Trotzdem: Getanzt wird auch jetzt wieder in diesem Sommer zu den Fiestas in Lavapiés!