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Fertiggerichte schaden dem Gehirn

Fred Schwaller
15. Dezember 2022

Zwei Donuts oder eine halbe Tiefkühlpizza haben 400 bis 500 Kilokalorien. Konsumieren wir täglich diese Menge an Fastfood, lassen unsere kognitiven Fähigkeiten nach, so das Ergebnis einer Studie.

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Burger und Pommes
Wir konsumieren noch immer viel zu viel ungesundes FastfoodBild: Dominic Lipinski/empics picture alliance

In Brasilien wurde kürzlich eine Studie zu sogenannten ultraverarbeiteten Lebensmitteln durchgeführt. 10.775 Männer und Frauen nahmen daran teil. Ein Ergebnis war, dass die Abnahme der kognitiven Fähigkeiten bei diesen Personen um 28 Prozent höher lag als bei Menschen, die vergleichsweise weitaus weniger dieser Produkte aßen.

Zu den ultraverarbeiteten Lebensmitteln, sogenannten UPS (Ultraproceeded Foods), zählen unter anderem Softdrinks, Snacks und verpackte Backwaren, Cerealien mit einem hohen Zuckeranteil, aber auch Fertigprodukte, die meist nur noch erhitzt werden müssen.

In Brasilien hat die Zahl der Menschen mit Adipositas in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Bei brasilianischen Erwachsenen ab 20 Jahren stieg die Zahl zwischen 2003 und 2019 von 12,2 Prozent auf 26,8 Prozent. 

Frau im Supermarkt vor prall gefülltem Regal mit Süßigkeiten
In Supermärkten ist das Angebot allein an Süßigkeiten fast unüberschaubar Bild: Li Ying/Xinhua/picture alliance

Besonders deutlich sind die Defizite, die offenbar durch ultraverarbeitete Lebensmittel entstehen können, in den USA und dem Vereinigten Königreich. Dort beträgt der Anteil an diesen Produkten mehr als 50 Prozent der gesamten Nahrungsmittelaufnahme. Allein das ist schon Grund genug für die Studie, die Anfang Dezember in  JAMA Neurology erschienen ist, auf besorgniserregende gesundheitliche Folgen hinzuweisen.

Ernährung ist wichtig für unsere kognitive Gesundheit

Doch einige Experten, die sich mit der Studie beschäftigt haben, sind der Meinung, dass die gesundheitlichen Folgen darin nicht eindeutig bewiesen werden. "Diese Studie zeigt lediglich einen Zusammenhang zwischen dem Verzehr von ultraverarbeiteten Lebensmitteln und dem kognitiven Leistungsabfall", so der Ernährungswissenschaftler Duane Mellor von der britischen Aston University, der nicht an der Studie beteiligt war. "Das Problem ist, dass es sich um reine Beobachtungsdaten handelt, sodass nur eine Assoziation und keine Kausalität nachgewiesen werden kann."

Über die negativen Auswirkungen von ultraverarbeiteten Lebensmitteln und die wissenschaftlichen Hintergründe sei bereits vieles bekannt, sagt Mellor. Es sei jedoch schwer zu sagen, ob diese Lebensmittel nun schlechter seien als eine Ernährung mit hohem Fett-, Salz- und Zuckergehalt. 

Am Abbau der kognitiven Leistungsfähigkeit sind viele Faktoren beteiligt. So könnte es sein, so Mellor, dass Menschen, deren Ernährung zu einem großen Teil aus ultraverarbeiteten Lebensmitteln besteht, eben weniger gesunde Lebensmittel wie Gemüse, Obst, Nüsse, Samen und Hülsenfrüchte zu sich nehmen. Dann ist die Ernährung eindeutig nicht ausgewogen. 

Typische Ernährungsmythen aufgeklärt

Eine Verschlechterung der kognitiven Fähigkeiten, wozu unter anderem Aufmerksamkeit, Erinnerung, Lernen, Kreativität, Vorstellungskraft oder auch der Wille gehören, kann aber auch auf viele andere Faktoren zurückzuführen sein. Dazu gehören etwa zu wenig Bewegung, Rauchen, Alkohol, Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen.

Falsche Ernährung ist die Ursache für viele Gesundheitsprobleme

Abgesehen von den unterschiedlichen Auffassungen zu einzelnen Studien sind sich Medizin- und Ernährungsexperten wie Mellor dennoch einig, dass die Ernährung zwei der größten Risikofaktoren für die Gesundheit der Menschen weltweit darstellt. So gibt es eindeutige Belege dafür, dass Fettleibigkeit heute ein größeres globales Problem ist als der Welthunger.

Lebensmittel mit hohem Fett-, Zucker- und Salzgehalt - ob ultrahochverarbeitet oder nicht - werden in Verbindung mit Fettleibigkeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und einer erhöhten Gesamtsterblichkeit in Verbindung gebracht.

Ein vor kurzem erschienener Bericht des Global Panel on Agriculture and Food Systems Nutrition, einer unabhängigen Expertengruppe für Ernährung, hat gezeigt, dass Menschen in Entwicklungsländer, in denen der Verkauf und damit der Konsum von verarbeiteten Lebensmitteln besonders schnell wächst, in den kommenden Jahren besonders gefährdet sind.

Über 90 Prozent der Kinder in Afrika und Asien leiden an Unter- und Mangelernährung. Laut Unicef Jahresbericht 2019 leben dort gleichzeitig aber auch fast drei Viertel der übergewichtigen Kinder weltweit.

Gesunde Ernährung ist oft einfach

Studien zeigen, dass gesunde Ernährungsweisen wie die mediterrane Ernährung dazu beitragen, den kognitiven Abbau einzudämmen und das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduzieren. Bei der mediterranen Ernährung werden vor allem frische Lebensmittel verzehrt, und weniger Lebensmittel, die einen hohen Anteil an verarbeiteten Fetten, Zucker und Salz haben.

"Versuchen Sie, eine einfache und abwechslungsreiche Ernährung zu sich zu nehmen, die auf Gemüse, Nüssen, Hülsenfrüchten, Samen und Obst mit Vollkornprodukten basiert, und nur geringe Mengen an Milchprodukten und Fleisch zu essen", rät Mellor. Schließlich sei es nie zu spät, mit einer gesunden Ernährung zu beginnen.

Adaptiert aus dem Englischen von Gudrun Heise