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"Der Vatikan ist wirklich schwierig"

27. Mai 2010

Einmal um die ganze Welt: Fans in jedem Land der Erde haben sonst nur Superstars wie Michael Jackson oder Shakira. Eine Band aus der belgischen Provinz zieht da jetzt unkonventionell nach. Nur zwei Länder fehlen noch.

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Sie haben große Pläne: die belgische Band Palomine
Bild: razziphoto

Was haben sie nicht alles versucht: Tausende von Emails, Einträge bei Facebook, Myspace und Internet-Reisecommunities, persönliche Kontakte, Bitten und sogar eigene Reisen. Trotzdem: Der Vatikan scheint für die belgische Band Palomine unbezwingbar.

Noch zwei Länder bis zum CD-Regal: 'Attention Alpha' erscheint erst wenn alle Videos da sind.
Noch zwei Länder bis zum CD-Regal: 'Attention Alpha' erscheint erst wenn alle Videos da sind.Bild: Levi Lenaerts

Dabei wollen sie die ganze Welt erobern; alle 194 Länder, die von den Vereinten Nationen anerkannt sind. Ihr Plan klingt dabei fast wie eine Drohung: "Wir veröffentlichen unsere zweite CD "Attention Alpha" erst, wenn wir ein Fanvideo aus jedem Land der Welt haben", erklärt Levi Lenaerts, Bassist der Band. Ein ehrgeiziges Projekt, denn die Filme sollen in der jeweiligen Landessprache sein, gedreht von Einheimischen. "Es gab Zeiten, da haben wir gedacht: Lassen wir das, es ist zu schwierig. Aber wir haben immer weiter gemacht und jetzt sind wir fast am Ziel."

Make music, not war

"The world is listening", die Welt hört zu - so nennen sie den Stimmenfang. Allerdings geht es Palomine dabei nicht um musikalische Weltherrschaft. Im Gegenteil. "Wir haben gesehen, dass viele Leute in anderen Ländern unter Krieg oder Diskriminierung leiden. Aber Musik verbindet. Menschen auf der ganzen Welt lieben Musik - genau wie wir und deshalb wollen wir die Welt mit Musik vereinen", sagt Lenaerts.

Er und seine vier Bandkollegen machen Indiepop und klingen dabei wie eine Mischung aus Kings of Leon und Coldplay. Ihre erste CD kam 2007 raus. Auf die zweite warten die Musiker inzwischen schon ungeduldig. Denn eigentlich sollte das Projekt nach sechs Monaten abgeschlossen sein, die CD im Laden stehen und die Werbetour weiter gehen. Doch sie konnten erst 192 Länder abhaken. Besonders widerspenstig: Nordkorea und der Vatikan.

"In Nordkorea haben wir jede Menge Leute kontaktiert, haben vielleicht 5000 Emails oder so rausgeschickt", sagt Lenaerts. Jetzt sieht es so als, als hätte die Band bald ihr Video von dort. Fehlt noch: die Stadt des Papstes.

Eine kulturelle Weltreise

"Der Vatikan ist wirklich schwierig, weil dort nur etwa 800 Leute leben. Priester, ein paar Arbeiter und das war's." Auf der Jagd nach dem Video flog die Band schließlich selbst nach Rom. Aber selbst die Schweizer Garde durfte nicht helfen. Kein Film, kein Interview. Und jetzt? Ein tanzender Priester, der sich als Palomine-Fan outet?

Youtube-Videos aus aller Welt für das Projekt "The world is listening"
Bild: Palomine

Ob es geklappt hat, zeigt sich erst bei der CD-Veröffentlichung im Juni. Dann wird auch das offizielle Video von "Never be the same" vorgestellt - ein Best-of der Fanvideos. Und die sind mitunter richtig hübsch anzusehen: Kapverdische Strände, ägyptische Pyramiden… Die Filme sorgen für Fernweh - und liefern einen Einblick in andere Kulturen: June von den Salomonen spielt mit traditionellen Skulpturen, der Schweizer Marcel zeigt Käse und Schokolade und Simon macht auf seiner Dachterrasse Werbung für Chile: "Wir sind bekannt für den Export von Wein, Kupfer, Lachs, Früchten und so weiter. Wir haben Seen und Flüsse, Strände, Berge und Vulkane." Hinter ihm dröhnt der Verkehr der Hauptstadt vorbei.

Palo-Wer? Zuhause sind sie fast unbekannt

Dank "The world is listening" kennen Taam aus Kiribati, Rita aus Malaysia, Yolanda aus Angola und viele andere die belgische Band. Doch in ihrem Heimatland Belgien spielen die Musiker kaum eine Rolle. Hier treten sie vor allem auf lokalen Festivals oder in kleineren Bars wie dem "Bada Bing" im Küstenort Oostende auf. Drei Minuten sind es bis zum Strand, die Luft ist leicht verraucht, die Bühne so groß wie der Rest des Lokals.

Ralf Demandt, Nico Camps, Simon Lenaerts, David Janssen und Levi Lenaerts
Gestärkt in die letzte Etappe: die belgische Band PalomineBild: razziphoto

Nur knapp zwanzig Leute sind zum Konzert gekommen. Die tanzen und wippen dafür umso mehr mit. Sänger David Janssen bestellt zwischen zwei Liedern noch schnell eine Runde Bier für die Band und erfüllt im Anschluss einen Musikwunsch des Publikums. Für Palomine geht es vor allem um eines: "Es geht darum, Spaß zu haben. In dieses Projekt haben wir sehr viel Mühe und Arbeit gesteckt und es gab Zeiten, in denen wir nicht genug geschlafen haben. Trotzdem ist es vor allem ein Hobby", sagt Lenaerts.

Zwar haben sie einen Vertrag mit einem kleinen Label, aber von der Musik leben, müssen die fünf Mittdreißiger nicht. Sie haben richtige Jobs, als Lehrer, Grafikdesigner oder Arzt. Und das reicht ihnen: "Wir sind nur eine kleine Band in einem kleinen Land und wir versuchen, etwas Spaß zu haben." Aber um einmal alle Länder weltweit zu erobern, versuchen sie trotzdem alles.

Autorin: Monika Griebeler
Redaktion: Gero Rueter