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Erfolgreiche Unternehmer

Monika Lohmüller21. August 2012

Von den 100 größten Firmen in Deutschland befinden sich 51 in Familienhand. Ihre Unternehmen wachsen schneller als andere und gehören zu den erfolgreichsten des Landes. Für viele war 2011 ein Rekordjahr.

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Der Schriftzug mit dem Logo der Drogeriekette Rossmann und Aldi (Foto: dpa)
Bildcombo Rossmann AldiBild: picture-alliance/ZB

Sie heißen Schaeffler/Continental, Knorr-Bremse, Boehringer Ingelheim, Rossmann oder Aldi. Sie haben eines gemeinsam: Sie werden von Familien geführt. Von den 100 größten Unternehmen Deutschlands befinden sich inzwischen 51 in der Hand von Unternehmerfamilien. Ihr Umsatz wuchs 2011 schneller als der anderer Firmen. Das geht aus einer Analyse hervor, die das Stuttgarter Institut für Familienunternehmen (IFF) erstellt hat.

Die Unternehmen arbeiten überdurchschnittlich erfolgreich – auch wenn spektakuläre Pleiten wie die der Drogeriemarktkette Schlecker das Bild trüben. Von den rund 2058 Milliarden Euro Umsatz der 100 größten Firmen erwirtschafteten familiengeführte 915 Milliarden Euro.

Professor Mark Binz, Rechtsanwalt Binz & Partner in Stuttgart
Professor Mark BinzBild: Binz

"Die deutschen Familienunternehmen waren schon immer stark", sagt Professor Mark Binz, Vorsitzender des Kuratoriums des IFF und Seniorpartner der Stuttgarter Anwaltskanzlei Binz & Partner. "Keine andere große Wirtschaftsnation der Welt hat einen so hohen Anteil an Familienunternehmen unter den führenden Unternehmen des Landes."

Eine starke Position

Nicht immer hatten familiengeführte Firmen in den vergangenen Jahrzehnten eine so starke Position. 2005 ermittelte die Intes Akademie für Familieunternehmen in Bonn bei einer ähnlichen Analyse eine Quote von einem Drittel Familienunternehmen unter den Top 100. Die Unternehmensberatung Progenium im bayerischen Marquartstein errechnete kürzlich, dass im Jahr 1980 unter den führenden 50 deutschen Unternehmen 15 von einer Einzelperson oder einem Familienclan dominiert wurden.

Hieß es früher landläufig, dass große Familienunternehmen nach und nach von börsennotierten Publikumsgesellschaften zurückgedrängt würden, zeigt die IFF-Analyse genau das Gegenteil. "Noch nie", so Professor Binz zur DW, "gab es so viele Familienunternehmen unter den Top 100 Adressen in Deutschland wie 2011."

Für viele Firmen war 2011 ein Rekordjahr

Knapp die Hälfte der 51 Familienunternehmen konnte im vergangenen Jahr ihren Umsatz zweistellig steigern. Für viele war 2011 ein Rekordjahr. Als Wachstums-Champions ragen beispielsweise die Drogeriemarktkette Rossmann oder auch das Handelsunternehmen Alfred Toepfer heraus.

Für eine dynamische Entwicklung insgesamt sorgte auch Volkswagen. Der Autobauer, bei dem die Familien Piech und Porsche das Steuer übernommen haben und der nach gängiger Definition somit als Familienunternehmen gilt, steigerte den Umsatz 2011 um 26 Prozent auf 159 Milliarden Euro. Die Automobilindustrie insgesamt gehört zu den Branchen, in denen Familienunternehmen sich in den vergangenen Jahren besonders wachstumsstark und krisenresistent gezeigt haben.

Symbolbild Porsche und VW
Bei Europas größtem Autobauer sitzen Familien am SteuerBild: dapd

Lediglich drei Unternehmen verloren im vergangenen Jahr an Umsatz: Metro, mit dem Großaktionär Haniel, eine internationale Unternehmensgruppe in Familienhand, und Phoenix Pharmahandel. Viele Familienunternehmen haben sich über Jahre hinweg herausragend entwickelt. Dazu gehöre, so Mark Binz, beispielsweise der Edelmetall-Konzern Heraeus. Machte das Unternehmen 2007 rund zwölf Milliarden Euro Umsatz, waren es im vergangenen Jahr schon 26 Milliarden Euro. Oder auch der Ölhändler Marquard & Bahs wuchs im selben Zeitraum von elf auf 17,3 Milliarden Euro Umsatz.

Familienunternehmer denken in Generationen

Hinter den Erfolgsgeschichten stecken nicht selten herausragende Unternehmerpersönlichkeiten. Hinzu komme, sagt Professor Binz, dass Familienunternehmer in Generationen und nicht in Quartalen denken. Das wirke sich zwangsläufig auf die langfristige Strategie aus: "Sie sind auch schneller in der Entscheidungsfindung, da sie sich nicht in konzerntypischer Manier absichern oder rechtfertigen müssen."

Trotzdem seien familiengeführte Firmen risikobewusster als angestellte Manager: "Da es ihr eigenes Geld ist, das sie im Falle einer unternehmerischen Fehlentscheidung verlieren." Und: Gute Familienunternehmer behandelten ihre Mitarbeiter wie eine große Familie und erzeugten damit ein "Wir-Gefühl", das durch gegenseitige Loyalität und Vertrauen gekennzeichnet sei: "So haben in der letzten Krise viele Familienunternehmen sich aus sozialer Verantwortung heraus beim Personalabbau stark zurückgehalten und eher auf flexible Instrumente wie Kurz- oder Teilzeitarbeit gesetzt", sagt Binz.

Der Kunde steht im Mittelpunkt

Nach der Analyse des Stuttgarter Instituts IFF steht bei Familienunternehmen der Kunde weit stärker im Mittelpunkt als bei den großen Publikumsgesellschaften. Diese hätten, so Mark Binz, in erster Linie ihre Aktionäre im Blick. Auch bei der Vorstandsvergütung gebe es Unterschiede. Binz nannte ein Beispiel, wie diese in einem familiengeführten Unternehmen gehandhabt wird: Die Höhe der Vergütung bei der Optikerkette Fielmann richte sich nicht allein nach Umsatz und Gewinn, sondern bei Testkäufen werde die Kundenzufriedenheit bewertet. Diese Resultate flössen in die Vergütung mit ein.

Optikerladen Fielmann (dpa)
Kundenzufriedenheit - ein Maßstab für die VorstandsvergütungBild: picture-alliance/dpa

Binz warnt gleichwohl davor, dass starke Familienunternehmen keine Selbstläufer seien. Wegen Insolvenz fällt künftig nicht nur Schlecker aus der Liste der Erfolgreichen heraus. Große Pleiten legten auch das Handelsunternehmen Arcandor und Deutschlands größtes Bauunternehmen Walterbau hin. Und Übernahmen sind auch möglich, wie beim Maschinenbauer Putzmeister durch chinesische Investoren.